Nein zum Krieg gegen Syrien!

Kund­ge­bung zum Anti­kriegs­tag – Nein zum Krieg gegen Syrien!

Demonstranten mit Fahnen und Transparenten.

Anläss­lich des Inter­na­tio­na­len Anti­kriegs­ta­ges und ange­sichts des dro­hen­den mili­tä­ri­schen Angriffs der USA auf Syrien fand am 31. August 2013 vor dem Köl­ner Dom eine Kund­ge­bung statt, zu der ver­schie­dene Initia­ti­ven aus der Frie­dens­be­we­gung kurz­fris­tig ein­ge­la­den hatten.

Unter den Red­nern und Red­ne­rin­nen waren neben Klaus Stein, der für die VVN-BdA sprach, Elvira Höge­mann (Köl­ner Frie­dens­fo­rum) und der Bun­des­tags­ab­ge­ord­ne­ten der Links­par­tei Sevim Dagde­len auch Ver­tre­ter der «Ärzte gegen den Atom­krieg» und des «Darm­städ­ter Signals» (Zusam­men­schluß kri­ti­scher Ange­hö­ri­ger der Bun­des­wehr). In den Reden wurde an die lange Abfolge von Krie­gen seit dem frü­hen 20. Jahr­hun­dert erin­nert, an deren Anfang in der Regel immer eine Lüge als Anlass für den ers­ten Schuss stand. Das Säbel­ras­seln der USA gegen Syrien folgt den alt­be­kann­ten Dreh­bü­chern. Jetzt kommt es dar­auf an, auf den Stra­ßen ein unmiß­ver­ständ­li­ches Zei­chen zu setz­ten: «Nein zum Krieg gegen Syrien – Stopp aller Waf­fen­ex­porte in Kri­sen­ge­biete!». Viele Mit­glie­der der DKP und der SDAJ waren unter den Teil­neh­mern die­ser Kundgebung.

http://www.zivilklausel.uni-koeln.de/

Rede gegen den Syrienkrieg

Liebe Freunde,

als am 1. August 1914 die deut­schen Sol­da­ten in den Krieg gegen Frank­reich zogen, glaub­ten sie, Weih­nach­ten wie­der zuhause zu sein. Dass es ein Welt­krieg wurde, hat sich erst spä­ter herausgestellt.

Am Abend des 31. August 1939 wurde SS-Sturm­bann­füh­rer Alfred Nau­jo­cks mit fünf wei­te­ren SS-Leu­ten zum Sen­der Glei­witz geschickt. Sie dran­gen ver­klei­det, pol­ni­sche Frei­schär­ler dar­stel­lend, gegen 20.00 Uhr in das Gebäude ein und über­wäl­tig­ten vier Mit­ar­bei­ter. Dann rie­fen sie in deut­scher und pol­ni­scher Spra­che ins Mikro­phon „Ach­tung! Ach­tung! Hier ist Glei­witz. Der Sen­der befin­det sich in pol­ni­scher Hand … Die Stunde der Frei­heit ist gekom­men! Hoch lebe Polen!“ Sie hin­ter­lie­ßen eine prä­pa­rierte Lei­che und ver­schwan­den nach weni­gen Minuten.

An sel­ben Abend (heute vor 74 Jah­ren) um 22.30 Uhr berich­tete der Reichs­rund­funk über den Über­fall. Am nächs­ten Tag stand es in der gesam­ten deut­schen Presse. Hit­ler hielt eine Rund­funk­rede: „Nach­dem schon neu­lich in einer ein­zi­gen Nacht Grenz­zwi­schen­fälle waren, sind es heute Nacht 14 gewe­sen, dar­un­ter drei ganz schwere. … Polen hat heute Nacht zum ers­ten Mal auf unse­rem eige­nen Ter­ri­to­rium auch mit bereits regu­lä­ren Sol­da­ten geschos­sen. Seit 5 Uhr 45 wird zurückgeschossen.“

Die pol­ni­sche Armee kapi­tu­lierte am 6. Okto­ber. Noch ahnte nie­mand, dass wir schon mit­ten im nächs­ten Welt­krieg waren.

Kriege sind unpo­pu­lär, des­we­gen begin­nen sie in der Regel mit Täu­schungs­ma­nö­vern. Im August 1964 wurde angeb­lich ein Kriegs­schiff der USA vor der Küste der Demo­kra­ti­schen Repu­blik Viet­nam, wie sich der nörd­li­che, der sozia­lis­ti­sche Teil des Lan­des nannte, von viet­na­me­si­schen Schnell­boo­ten ange­grif­fen. Das war der Ton­kin-Zwi­schen­fall. Er diente als Vor­wand für den Krieg der USA gegen das Land. Er kos­tete drei Mil­lio­nen Viet­na­me­sen das Leben, vie­len davon durch das Gift Agent Orange. Es han­delt sich dabei um die gif­tigste Vari­ante von Dioxin. Im Jahre 2002 lit­ten nach Schät­zun­gen des Roten Kreu­zes etwa eine Mil­lion Viet­na­me­sen an gesund­heit­li­chen Schä­den durch Spät­fol­gen von Agent Orange, dar­un­ter 100.000 Kin­der mit ange­bo­re­nen Fehl­bil­dun­gen. Geschä­digte US-Sol­da­ten wur­den finan­zi­ell ent­schä­digt, viet­na­me­si­sche Opfer nicht. Eine ent­spre­chende Sam­mel­klage in den USA wurde 2005 abge­wie­sen, da der Ein­satz von Agent Orange „keine che­mi­sche Kriegs­füh­rung“ und des­halb kein Ver­stoß gegen inter­na­tio­na­les Recht gewe­sen sei.

Bekannt­lich haben die USA den Krieg ver­lo­ren. Die Ame­ri­ka­ner muß­ten 1975, einige flucht­ar­tig, das Land verlassen.

Am 2. August 1990 besetz­ten ira­ki­sche Trup­pen Kuwait. Noch am sel­ben Tag ver­ab­schie­dete der UN-Sicher­heits­rat eine Reso­lu­tion, die den Rück­zug verlangte.

Die USA dräng­ten auf Krieg. Aber es gab Vor­be­halte. Sie schwan­den, nach­dem am 10. Okto­ber ein 15-jäh­ri­ges Mäd­chen namens Nay­i­rah im Kon­gress auf­trat. Sie sei als Hel­fe­rin in einer kuwai­ti­schen Kli­nik Zeu­gin gewor­den, wie ira­ki­sche Sol­da­ten Babys aus ihren Brut­käs­ten genom­men und „sie auf dem kal­ten Fuß­bo­den ster­ben gelas­sen“ hät­ten. Sie und ein ande­rer Zeuge, „Mr. Issah Ibra­him, der Chir­urg“ tra­ten auch vor dem Sicher­heits­rat auf. Bush sen., der dama­lige US-Prä­si­dent, kam in zahl­rei­chen Reden auf den Vor­fall zu spre­chen. 312 Babys hät­ten auf diese Weise den Tod gefun­den. Amnesty Inter­na­tio­nal bestä­tigte das am 19. Dezem­ber 1990. Die New York Times deckte spä­ter auf, dass es sich bei Nay­i­rah in Wirk­lich­keit um die Toch­ter des kuwai­ti­schen Bot­schaf­ters han­delte und bei dem Chir­ur­gen um einen Kie­fer­or­tho­pä­den, der in den USA prak­ti­zierte. Die Geschichte war von der Wer­be­agen­tur Hill and Knowl­ton erdacht worden.

Der Krieg gegen den Irak begann am 17. Januar und endete am 5. März 1991. 200 000 ira­ki­sche Sol­da­ten ver­lo­ren ihr Leben. (Das ist – zuge­ge­ben – die dra­ma­tischste Schät­zung.) Auf der Gegen­seite gab es 237 Tote. Nur zu ahnen sind die lang­fris­ti­gen Schä­den durch 320 Ton­nen Geschosse aus abge­rei­cher­tem Uran.

Das Land wurde in der Folge mit Sank­tio­nen belegt. In der Fern­seh­show „60 Minu­ten“ am 12. Mai 1996 fragte Les­ley Stahl die US-Außen­mi­nis­te­rin Made­leine Alb­right: „Wir haben gehört, dass des­we­gen eine halbe Mil­lion Kin­der gestor­ben sind. Ich meine, das sind mehr Kin­der, als in Hiro­shima umka­men. Und – sagen Sie, ist es den Preis wert?“ Alb­right: „Ich glaube, das ist eine sehr schwere Ent­schei­dung, aber der Preis – wir glau­ben, es ist den Preis wert.“

Als am 5. Februar 2003 der US-Außen­mi­nis­ter Colin Powell die Lüge von den Mas­sen­ver­nich­tungs­waf­fen im Irak vor der Welt­presse aus­brei­tete, hatte er vor­her mit blauem UNO-Tuch die Tapis­se­rie nach dem berühm­ten Guer­nica-Gemälde von Pablo Picasso ver­hän­gen las­sen. Der Krieg begann am 20. März 2003. Offi­zi­ell wurde die Beset­zung des Lan­des 2012 been­det. Die Koali­tion der Wil­li­gen ver­schoss im Laufe des Krie­ges 1000 bis 2000 Ton­nen pan­zer­bre­chende Uran­mu­ni­tion. In der Folge stie­gen die Zah­len von Leuk­ämie­kran­ken, ande­ren Krebs­ar­ten und Miss­bil­dun­gen dras­tisch. Die Zahl der zivi­len Opfer wird mit mehr als 100 000 ange­ge­ben, ein Mit­ar­bei­ter der John-Hop­kins-Uni­ver­si­tät, der in einer Stu­die auf die Zahl von 650 000 zivi­len Toten kommt, wurde von der Uni­ver­si­tät gemaßregelt.

Ein Gefecht von jugo­sla­wi­schen Poli­zei­kräf­ten gegen die UCK am 15. und 16. Januar 1999 im Kosovo wurde zum Mas­sa­ker von Račak umge­deu­tet und diente der NATO als Vor­wand für die Luft­an­griffe gegen Jugo­sla­wien vom 24. März bis zum 10. Juni 1999. Etwa 5000 Men­schen ver­lo­ren durch NATO-Bom­ben das Leben. Auch im Jugo­sla­wi­en­krieg wurde abge­rei­cher­tes Uran verwendet.

Gegen Libyen flo­gen ab dem 19. März 2011 die USA, Groß­bri­tan­nien und Frank­reich Luft­an­griffe. Sie stütz­ten sich auf eine UNO-Reso­lu­tion zum Schutz von Zivi­lis­ten dort. Der Krieg dau­erte bis zum 23. Okto­ber. Über Opfer­zah­len wird sel­ten gere­det, es waren aber meh­rere 10 000, dar­un­ter Ghad­dafi. Um ihn ging es und um die Ölquel­len im Lande.

In der Krise sucht Kapi­tal ver­geb­lich nach Ver­wer­tungs­mög­lich­kei­ten. Die kapi­ta­lis­mus­ver­träg­lichste Form der Kapi­tal­ver­nich­tung ist der Krieg. Die Krise drängt infol­ge­des­sen zum Krieg. Die mas­sen­hafte Ver­nich­tung von Men­schen erscheint als unver­meid­li­cher Kol­la­te­ral­scha­den des Systemerhalts.

Der erste Welt­krieg kos­tete 12 Mil­lio­nen Men­schen das Leben, der zweite 65 Millionen.

Es ist daran zu erin­nern, dass die glo­ba­len mili­tä­ri­schen Ver­nich­tungs­ka­pa­zi­tä­ten hin­rei­chen, die gesamte Mensch­heit aus­zu­rot­ten, sollte es zu einem drit­ten kommen.

Also: Hände weg von Syrien!

Klaus Stein, für die VVN-BdA Köln
31. August 2013