Bayer-CO-Pipe­line stoppen!

Erklä­rung DKP Rhein­­land-Wes­t­­fa­len und Ruhr-Westfalen

Bayer CO-Pipeline ohne Sicherheit.

Die CO-Gift­gas-Pipe­­line von Bayer auf freiem Feld in Düssel­dorf – ohne Si­cher­heits­zaun, ohne Schutz­rohre für Daten­kabel, ohne Mem­bran­schlauch zur »Er­schnüf­felung« von ent­wei­chen­dem Koh­len­mon­oxid, ohne »Geo-Grid-Matte« zum Schutz vor Be­schä­di­gun­gen, ohne Tras­sen­warn­band mit Not­­ruf-Te­­le­­fon­num­­mer von Bayer.

Für die Konzern­pro­fite wer­den Arbeits­plätze ver­nich­tet, die Be­völ­kerung in töd­liche Gefahr gebracht, die Ver­fas­sung gebro­chen und Sicher­heit dereguliert

Im Rah­men einer Bera­tung befass­ten sich Ver­trete­rInnen der DKP-Bezirke Rhein­­land-Wes­t­­fa­len und Ruhr-Wes­t­­fa­len mit der seit Früh­jahr 2007 im Bau be­find­li­chen Bayer-Koh­­len­­mon­­oxid-Lei­tung (CO-Gas) und mit dem mas­sen­haf­ten Wi­der­stand dage­gen. In einer ab­schlie­ßen­den Er­klä­rung stell­ten die Teil­nehmerInnen fest:

Seit 2004 betreibt der Bayer-Kon­zern Pläne, vom Werk Dor­ma­gen zum Werk Kre­feld eine 67 Kilo­me­ter lange Lei­tung für Koh­len­mon­oxid (CO) zu bauen. Dafür wur­den im Jahr 2006 zwei Gesetze im Land­tag von NRW ver­ab­schie­det, die auch Ent­eig­nun­gen von Grund und Boden für diese Pipe­line ermög­li­chen. In den Geset­zen ist eine Option der Ver­län­ge­rung der Gift­gas­lei­tung bis weit ins Ruhr­ge­biet und ins süd­li­che Rhein­land vor­ge­se­hen. Im Früh­jahr 2007 hat die Bayer-Toch­ter Bayer MATE­RIAL SCI­ENCE (heute CUR­RENTA) mit dem Bau der Röhre begonnen.

Der Bayer-Kon­zern, und mit ihm die Lan­des­re­gie­rung und die Indus­trie-Gewerk­schaft Bau/Chemie/Energie (IG BCE), begrün­den die Gift­gas­lei­tung mit der »Not­wen­dig­keit zur Siche­rung des Che­mie-Stand­or­tes NRW«. Bayer behaup­tet, ohne diese Lei­tung wäre das Werk Kre­feld nicht zu hal­ten, die meh­re­ren Tau­send Arbeits­plätze dort seien ohne Pipe­line in Gefahr

Im Gegen­satz zu die­ser Argu­men­ta­tion ver­wei­sen wir auf die jahr­hun­der­te­lange Erfah­rung der Arbei­ter­be­we­gung, nach der es stets die Gier nach Gewinn und Pro­fit war und ist, die Arbeits­plätze ver­nich­tet. Das Ent­ge­gen­kom­men von Beschäf­tig­ten, Gewerk­schaf­ten, Kom­mu­nen und Regie­rung zur »Siche­rung von Pro­duk­ti­ons­stand­or­ten« hat noch nie ver­hin­dert, dass Arbeits­plätze zu Guns­ten der Stei­ge­rung der Gewinne und Pro­fite ver­nich­tet wur­den. Im übri­gen geht das auch nicht, denn das betriebs­wirt­schaft­li­che Grund­ge­setz, das maxi­ma­len Gewinn vor­schreibt, lässt sich von Zuge­ständ­nis­sen nicht aushebeln.

Zudem ist es so, dass die beste Siche­rung von Stand­or­ten und Arbeits­plät­zen die Gewähr­leis­tung von tech­ni­scher und öko­lo­gi­scher Sicher­heit dar­stellt. Die Erfah­run­gen der ca. 200-jäh­ri­gen Geschichte che­mi­scher Pro­duk­tion zei­gen, dass ins­be­son­dere die­je­ni­gen Stand­orte sta­bil betrie­ben wer­den, die ihre Tech­no­lo­gie und ihre Pro­dukte nicht nur an Markt und Pro­fit, son­dern ebenso an öko­lo­gi­schen Erfor­der­nis­sen aus­ge­rich­tet haben. Es ging nie­mals darum, dass Pro­duk­tion auf­grund öko­lo­gi­scher Defi­zite still­ge­legt wird, son­dern dass sie ent­spre­chend der erkann­ten Umwelt­ge­fah­ren, die im übri­gen zumeist zuerst die Beschäf­tig­ten tref­fen, nach- oder umge­rüs­tet wird. Wird die Sicher­heit von Beschäf­tig­ten, Anwoh­nern und Umwelt glei­cher­ma­ßen und stets dem aktu­el­len Stand der Erkennt­nisse und der tech­ni­schen Mög­lich­kei­ten ent­spre­chend gewähr­leis­tet, zei­gen sich die Werke als wett­be­werbs­über­le­gen und damit sowohl als lang­fris­tig pro­fi­ta­bel als auch als sichere Erwerbs­grund­lage für die Beschäf­tig­ten bzw. siche­rer Stand­ort für die Region.

Die Dro­hung des Bayer-Kon­zerns mit der Schlie­ßung des Kre­fel­der Wer­kes im Fall einer Ver­hin­de­rung der Pipe­line-Pläne erweist sich so ein­mal mehr als Erpres­sungs­ver­such. Nach­weis­lich war es der Bayer-Kon­zern­chef Stren­ger, der Ende der 80er Jahre die »Stand­ort-Logik« regel­recht erfun­den hat. Damals wurde gedroht, dass Arbeits­plätze im gro­ßen Stil ins Aus­land ver­la­gert wür­den, wenn nicht dies oder jenes geschähe. Stets erwies sich, dass trotz allen Ent­ge­gen­kom­mens an Bayer und andere Kon­zerne die Arbeits­plätze den­noch ver­la­gert wur­den – oder eben auch nicht. Die Ent­schei­dung für oder gegen die Ver­nich­tung von Arbeits­plät­zen hing und hängt stets von ganz ande­ren kon­zern­in­ter­nen Erwä­gun­gen rund um die Stei­ge­rung der Pro­fite ab. Das jüngste Bei­spiel in unse­rer Region ist NOKIA.

Im Fall der CO-Pipe­line ist es sogar so, dass mit ihrem Bau direkt und unmit­tel­bar Arbeits­plätze im Bayer-Werk Kre­feld ver­nich­tet wer­den. Bis­her wurde aus Sicher­heits­grün­den das hoch­gif­tige Koh­len­mon­oxid vor Ort in den Wer­ken her­ge­stellt wird. So auch in Kre­feld. Diese Arbeits­plätze fal­len weg, kommt das CO aus der Pipeline.

Tat­sa­che ist also: Nicht der Weg­fall der Pipe­line ver­nich­tet Arbeits­plätze, son­dern die Errich­tung. Würde die CO-Pro­duk­tion in Kre­feld moder­ni­siert, wür­den nicht nur die CO-Arbeits­plätze dort erhal­ten, son­dern auch der gesamte Stand­ort gesi­chert. Aber es ist ein­fach pro­fi­ta­bler, das gefähr­li­che Koh­len­mon­oxid zen­tral zu pro­du­zie­ren und über Pipe­lines zuzuleiten.

Doch es wer­den nicht nur Arbeits­plätze ver­nich­tet. Die töd­li­che CO-Pipe­line bringt zudem Hun­dert­tau­sende in Gefahr, weil sie durch dicht­be­sie­delte Wohn­ge­biete ver­legt wird. Poli­zei, Feu­er­weh­ren, Kata­stro­phen­schutz und medi­zi­ni­sche Fach­leute stel­len fest, dass bei die­ser Pipe­line die Sicher­heit der Bevöl­ke­rung nicht zu gewähr­leis­ten ist. Das Risiko durch Flug­zeug­ab­stürze, Anschläge, Erd­be­ben etc. ist nicht zu hand­ha­ben. Und selbst das eigent­li­che Betriebs­ri­siko ist enorm, wie die Kata­stro­phe mit einer von Bayer errich­te­ten Pipe­line im März 2008 auf Köln/Dormagener Gebiet in aller Dra­ma­tik zeigte. Vor die­sem Hin­ter­grund wird die in einer Bayer-Bro­schüre zusam­men­ge­fasste Sicher­heits­pro­pa­ganda im Volks­mund als »Mär­chen­buch« charakterisiert.

Die Pipe­line stellt aber auch den Ein­stieg in die Dere­gu­lie­rung der Sicher­heit in der (che­mi­schen) Groß­pro­duk­tion über­haupt dar. Durfte Koh­len­mon­oxid bis­her nicht ein­mal gela­gert wer­den und unter­lag höchs­ten Sicher­heits­vor­schrif­ten, die von gut geschul­ten Beschäf­tig­ten und best­aus­ge­rüs­te­ten Spe­zi­al­kräf­ten der Werks­feu­er­weh­ren über­wacht wur­den, wird das töd­li­che CO nun mit­tels der Pipe­line aus dem Werks­ge­lände her­aus in unzu­gäng­li­ches Gelände in Wald und Flur und dicht­be­sie­delte Wohn­ge­biete gelei­tet und die Pipe­line nun doch als Lager im gro­ßen Stil benutzt. Ele­gant aller­dings ent­zieht sich der Kon­zern der Ver­ant­wor­tung, denn im Kata­stro­phen­fall sind jetzt die staat­li­chen und kom­mu­na­len Sicher­heits­kräfte zustän­dig. Und sollte die Pipe­line erfolg­reich in Betrieb gehen, wer­den mit Sicher­heit wei­tere Gefahr­stoffe aus den Wer­ken her­aus­ge­nom­men und in Pipe­lines verlagert.

Kommt hinzu, dass für den »Todes­strei­fen« (CDU-Bür­ger­meis­ter Dünch­heim aus Mon­heim) Ent­eig­nun­gen von Grund­stü­cken gesetz­lich zuge­las­sen wur­den. Damit stellt der Bau der Pipe­line einen Ver­fas­sungs­bruch dar, denn Ent­eig­nun­gen sind nach unser Lan­des­ver­fas­sung nur für die Siche­rung des Gemein­wohls zuläs­sig. Die Siche­rung von Kon­zern­pro­fi­ten und Aktio­närs­di­vi­den­den stellt kein Gemein­wohl dar. Auch nicht, wenn Bayer auf den »volks­wirt­schaft­li­chen Nut­zen« ver­weist. Dies ist nur das alte Mär­chen, dass jeg­li­che Pro­fit­ma­xi­mie­rung der All­ge­mein­heit nutzt. Das Gegen­teil ist der Fall, einige wenige Aktio­nä­rIn­nen eig­nen sich die Pro­fite an, die All­ge­mein­heit hat den Scha­den zu tra­gen. Der Haus­halt der »rei­chen Bun­des­re­pu­blik« speist sich immer weni­ger aus Pro­fit-Steu­ern, son­dern aus den Steu­ern der abhän­gig Beschäf­tig­ten. Obwohl die Pro­fite mas­siv gestie­gen und die Löhne real gesun­ken sind.

Personengruppe vor zerstörter Mahnwache.

Die Co-Pipe­line muss gestoppt wer­den. Sie ver­nich­tet Arbeits­plätze, sichert den Che­mie-Stand­ort NRW in kei­ner Weise, stellt einen Ver­fas­sungs­bruch dar, bringt Hun­dert­tau­sende in töd­li­che Gefahr und bedeu­tet den Ein­stieg in die grund­sätz­li­che Dere­gu­lie­rung der Sicher­heit der Produktion.

Vor die­sem Hin­ter­grund ist es groß­ar­tig, dass durch das beharr­li­che Wir­ken sehr vie­ler Men­schen eine ebenso sach­kun­dige wie mas­sen­hafte Wider­stands­be­we­gung gegen das hoch­ge­fähr­li­che Pilot-Pro­jekt einer vom Bayer-Kon­zern in Kom­pli­zen­schaft mit Poli­tik und Medien geplan­ten Koh­len­mon­oxid-Lei­tung mit töd­li­chen Gefah­ren ins Leben geru­fen wurde. Zumal alle gesetz­li­chen, poli­ti­schen, media­len und sons­ti­gen Vor­ar­bei­ten für die Gift­gas­röhre bereits abge­schlos­sen waren, die Bau­trupps der Bayer-Toch­ter Bayer MATE­RIAL SCI­ENCE (heute CUR­RENTA) bereits anrück­ten und es eigent­lich kei­ner­lei Mög­lich­kei­ten mehr gab, den Bau der Pipe­line zu verhindern.

Ebenso groß­ar­tig ist es, dass die­ser seit lan­gem in Nord­rhein-West­fa­len nicht mehr gekannte mas­sen­hafte Wider­stand die Pläne des Bayer-Kon­zerns und sei­ner Kom­pli­zen in Poli­tik, Gesell­schaft und Medien durch­kreuzt hat. Immer­hin sollte nach den öffent­lich ver­kün­de­ten Vor­stel­lun­gen des Che­mie-Gigan­ten aus Lever­ku­sen die Gift­gas­lei­tung bereits im Dezem­ber 2007 in Betrieb gehen. Statt­des­sen konnte sie wegen des hart­nä­cki­gen Wider­stan­des bis heute noch nicht ein­mal zur Gänze ver­legt werden.

Es ist groß­ar­tig, dass und wie der Wider­stand es geschafft hat, die Kon­zern-Ver­ant­wort­li­chen aus der Fas­sung zu brin­gen und mit zivi­lem Unge­hor­sam und Bür­ger­wi­der­stand zu kon­fron­tie­ren, die poli­ti­sche Land­schaft quer durch alle Lager ent­lang der Trasse bis hoch in die Lan­des­po­li­tik in Unruhe zu ver­set­zen, die Kar­ten für die Co-Lei­tung neu zu mischen und die Inbe­trieb­nahme der töd­li­chen Röhre vor­erst gericht­lich zu unterbinden.

Mit all­dem konnte der Bayer-Kon­zern zwar bis­her nicht gestoppt wer­den, er und seine poli­ti­schen Kom­pli­zen in der Lan­des­re­gie­rung und der Bezirks­po­li­tik hal­ten nach wie vor an dem Pro­jekt fest; aber es konn­ten aus­ge­spro­chen güns­tige Vor­aus­set­zun­gen geschaf­fen wer­den, das hoch­ge­fähr­li­che Pro­jekt end­gül­tig zu Fall zu bringen.

Denn sie muss zu Fall gebracht wer­den, die Bayer-Pipe­line! Ohne Wenn und Aber!

Diese Auf­fas­sung ver­tre­ten wir Kom­mu­nis­tIn­nen und Kom­mu­nis­ten der DKP mit aller Ent­schlos­sen­heit. Nicht weil wir tech­nik­feind­lich oder unkun­dig wären, son­dern weil wir nach gründ­li­cher und sach­kun­di­ger Prü­fung zu dem Schluss kom­men, dass diese CO-Lei­tung weder für die Beleg­schaft noch für die Bevöl­ke­rung von Nut­zen ist. Nicht weil wir Arbeits­plätze in Gefahr brin­gen, son­dern weil wir diese sichern wol­len. Die Bayer-Pipe­line dient ein­zig und aus­schließ­lich dem Konzernprofit.

Wir rufen alle an der Gesund­heit und dem Wohl­erge­hen der Bayer-Beschäf­tig­ten und der Bür­ge­rIn­nen unse­res Bun­des­lan­des auf, sich an den Pro­tes­ten zu betei­li­gen. Wir rufen alle an Sicher­heit von Pro­duk­tion und Pro­duk­ten inter­es­sier­ten Men­schen auf, sich gegen diese hoch­ge­fähr­li­che und untrag­bar risi­ko­rei­che Gift­gas­lei­tung zur Wehr zu set­zen. Aus­drück­lich for­dern wir die Kol­le­gin­nen und Kol­le­gen der IG BCE auf, sich an die Seite der berech­tig­ten Inter­es­sen der Beleg­schaf­ten und der Bevöl­ke­rung zu stel­len. Den Bayer-Beleg­schaf­ten sagen wir, dass sie sich ins eigene Fleisch schnei­den, wenn sie der Kon­zern-Pro­pa­ganda glau­ben und sich gegen die Pro­teste auf­het­zen las­sen. Wie dar­ge­legt wird mit die­ser Lei­tung kein ein­zi­ger Arbeits­platz gesi­chert. Es gera­ten viel­mehr Arbeits­plätze durch die Schlie­ßung der Kre­fel­der CO-Pro­duk­tion direkt in Gefahr.

Wir Kom­mu­nis­tin­nen und Kom­mu­nis­ten unter­stüt­zen die Pro­teste und den Wider­stand gegen die­ses men­schen­ver­ach­tende, von gren­zen­lo­ser Pro­fit­gier der Aktio­nä­rIn­nen und des Manage­ments des Bayer-Kon­zerns­in­itia­ti­ven vor Ort auf gleich­be­rech­tig­ter und soli­da­ri­scher Basis. Wir stär­ken den Wider­stand durch eigen­stän­dige Initia­ti­ven und Aktio­nen. Kom­mu­nis­ti­sche Man­dats­trä­ger wer­den in den Par­la­men­ten stets im Sinne des Wider­stands und in Koope­ra­tion mit den Bür­ger­initia­ti­ven han­deln. gezeich­nete Pro­jekt mit aller Kraft. Wir unter­stüt­zen die Bürger

Unsere For­de­run­gen lauten:

  • Sofor­ti­ger Stopp der Bayer-CO-Pipeline!
  • Keine Betriebs­ge­neh­mi­gung für die Gift­gas- und andere Gefahrstoffleitungen!
  • Keine gefähr­li­che Groß­pro­duk­tion in dicht­be­sie­del­ten Wohngebieten!
  • Kein Ver­fas­sungs­bruch durch Ent­eig­nun­gen für Konzernprofite!
  • Offen­le­gung der Pro­duk­ti­ons­ri­si­ken che­mi­scher Großproduktion!
  • Erhalt aller Arbeits­plätze bei Bayer!

Lever­ku­sen, den 21. Mai 2008