Über Zio­nis­mus, die UNO und Palästina

Von der Geschichte der Ama­le­ki­ter bis zur UN-Völkermordkonvention

Über Zio­nis­mus, die UNO und Palästina

Der Zio­nis­mus
Als Zio­nis­mus wird die Ideo­lo­gie und die Bewe­gung für einen jüdi­schen Natio­nal­staat in Paläs­tina bezeich­net. Er hat einige Väter. Einer davon, Moses Hess (1812−1875), war kurz­zei­tig Mit­glied des Bun­des der Kom­mu­nis­ten (August 1847 bis Anfang 1848), ebenso kurz­zei­tig Freund von Marx und Engels. Hess glaubte dann mit Wil­lich und Schap­per das Feh­len objek­ti­ver Bedin­gun­gen durch sub­jek­ti­ven Eifer wett­ma­chen zu kön­nen, geriet wie­derum zeit­wei­lig zum Bona­par­tis­ten, dann zum Anhän­ger von Lass­al­les All­ge­mei­nem Deut­schen Arbei­ter­ver­ein (ADAV). Er war Köl­ner Bevoll­mäch­ti­ger des ADAV (Mai bis Novem­ber 1863) und von 1864 bis 1867 Mit­ar­bei­ter des Organs «Der Social-Demo­krat». Die­ser «ehr­li­che Con­fu­sio­na­rius» (Jenny Marx) war es, der den Zio­nis­mus als ers­ter zu Papier gebracht hat. Seine Schrift heißt «Rom und Jeru­sa­lem» und ist 1862 in Leip­zig erschienen.

Hess schreibt im Vor­wort:
«Auch Jeru­sa­lems ver­waiste Kin­der wer­den Theil neh­men dür­fen an der gros­sen Völ­ker­pa­lin­ge­ne­sis (= Wie­der­erste­hen der Völ­ker), an der Auf­er­ste­hung aus dem tod­ten­ähn­li­chen Win­ter­schlaf des Mit­tel­al­ters mit sei­nen bösen Träu­men. Der Völ­ker­früh­ling hat mit der fran­zö­si­schen Bevo­lu­tion begon­nen; das Jahr 1789 war das Früh­lings­äquin­oxium (= Tag- und Nacht­glei­che) der Geschichts­völ­ker. Die Auf­er­ste­hung der Tod­ten hat nichts Befrem­den­des mehr zu einer Zeit, in wel­cher Grie­chen­land und Rom wie­der erwa­chen, Polen von Neuem auf­ath­met, Ungarn zum letz­ten Kampfe rüs­tet, und eine gleich­zei­tige Erhe­bung aller jener unter­drück­ten Racen (= Ras­sen) sich vor­be­rei­tet, die, abwech­selnd von asia­ti­scher Bar­ba­rei und euro­päi­scher Civi­li­sa­tion, von stu­pi­dem Fana­tis­mus und raf­fi­nirter Berech­nung miss­han­delt, miss­braucht und aus­ge­so­gen, dem bar­ba­ri­schen und civi­li­sir­ten Hoch­mu­the der herr­schen­den Racen im Namen eines hohen Rechts das Herr­scher­recht strei­tig machen. Zu den todt­ge­glaub­ten Völ­kern, wel­che im Bewusst­sein ihrer geschicht­li­chen Auf­gabe ihre Natio­na­li­täts­rechte gel­tend machen dür­fen, gehört unstrei­tig auch das jüdi­sche Volk.»

Als Theo­dor Herzl 1896 sein Werk «Der Juden­staat» ver­fasste, war ihm das Werk von Moses Hess unbe­kannt. Nach des­sen Lek­türe begeis­terte Herzl sich, es habe «seit Spi­noza das Juden­tum kei­nen grö­ße­ren Geist her­vor­ge­bracht hat als die­sen ver­ges­se­nen ver­blass­ten Moses Hess!» Er hätte seine eigene Schrift nicht ver­fasst, wenn ihm «Rom und Jeru­sa­lem» zuvor bekannt gewe­sen wäre. Das ist ein Kom­pli­ment an Hess, tat­säch­lich aber ist es unbe­streit­bar Herzl, der den Zio­nis­mus als Bewe­gung anführt. Der erste Zio­nis­ti­sche Welt­kon­gress fin­det 1897 in Basel statt, grün­det die Zio­nis­ti­sche Welt­or­ga­ni­sa­tion und wählt Herzl zu ihrem Prä­si­den­ten.
Zunächst sol­len zum Zwe­cke des Grund­stücks­er­werbs Geld­quel­len erschlos­sen wer­den. 1899 wird der Jewish Colo­nial Trust (JCT) in Lon­don gegrün­det. Der JCT soll das Haupt­in­stru­ment zur Durch­set­zung der jüdi­schen Ansied­lung im grö­ße­ren Maß­stab im dama­li­gen Paläs­tina wer­den. Die Toch­ter­firma Anglo-Pal­es­tine Bank kann erst ab 1902 diese Auf­ga­ben erfül­len. Die Wer­bung von Sied­lern läuft schlep­pend an. Bis 1914 beschränkt sich die Ansied­lung in Paläs­tina auf 40.000 Men­schen.
Auch der radi­kale Zio­nist Jabo­tin­sky (er for­derte die «Eiserne Mauer aus jüdi­schen Bajo­net­ten») wür­digte Hess in sei­nem Werk «Die Jüdi­sche Legion» als eine der his­to­ri­schen Per­sön­lich­kei­ten, denen der Zio­nis­mus die Bal­four-Dekla­ra­tion zu ver­dan­ken habe: «Die Bal­four-Dekla­ra­tion ver­dan­ken wir sowohl Herzl als auch Roth­schild, sowohl Pins­ker als auch Moses Hess».

Nicht zufäl­lig orga­ni­siert sich der Zio­nis­mus in einer Zeit des anschwel­len­den Anti­se­mi­tis­mus. Häu­fig wird in dem Zusam­men­hang von der Affäre Drey­fus gespro­chen. Nach­dem der Artil­le­rie-Haupt­manns Alfred Drey­fus 1894 durch ein Kriegs­ge­richt in Paris wegen angeb­li­chen Lan­des­ver­rats ver­ur­teilt wor­den ist, muss der Schrift­stel­ler Émile Zola aus dem Land flie­hen, um einer Haft­strafe zu ent­ge­hen. Er hat 1898 mit sei­nem Arti­kel «J’accuse…!» den Skan­dal ange­pran­gert, dass vor dem Hin­ter­grund des Anti­se­mi­tis­mus der eigent­lich Schul­dige frei­ge­spro­chen wor­den ist. Die Öffent­lich­keit Frank­reichs und seine Intel­lek­tu­el­len sind sei­ner­zeit in zwei hef­tig ver­fein­dete Hälf­ten geteilt. Ende des 19. Jahr­hun­derts häu­fen sich die Juden­po­grome in Gali­zien, über­haupt im rus­si­schen und im Habs­bur­ger Reich. In Ber­lin fuhr­werkt der fana­ti­sche Anti­se­mit Adolf Stö­cker mit sei­ner Kreuz­zei­tung durch die poli­ti­sche Szene. Prinz Wil­helm, ab 1888 Kai­ser Wil­helm II, hört auf ihn.

Die bri­ti­sche Regie­rung akzep­tiert am 2. Novem­ber 1917 durch die Bal­four-Dekla­ra­tion die Schaf­fung poli­ti­scher, admi­nis­tra­ti­ver und wirt­schaft­li­cher Bedin­gun­gen für die Errich­tung einer natio­na­len Heim­stätte des jüdi­schen Vol­kes in Paläs­tina. «Sie wird alle Anstren­gun­gen unter­neh­men, um die Errei­chung die­ses Ziels zu erleich­tern.»
1920 wird das Völ­ker­bunds­man­dat nach dem Zusam­men­bruch des Osma­ni­schen Rei­ches an Groß­bri­tan­nien über­tra­gen und 1922 rati­fi­ziert. Das Ziel der jüdi­schen Heim­stätte fin­det Auf­nahme im Frie­dens­ver­trag der Alli­ier­ten mit der Türkei.

Die Ein­woh­ne­rin­nen und Ein­woh­ner von Paläs­tina wer­den nicht gefragt.

Aneig­nung
Das erste Ziel der Zio­nis­ten ist: Befrei­ung des Bodens! Zwi­schen den ara­bi­schen Groß­grund­be­sit­zern und den zio­nis­ti­schen Gesell­schaf­ten flo­riert das Geschäft (siehe Jakob Gold­berg, Der Nah­ost-Kon­flikt, Ffm 1972, S. 97). Bei Boden­käu­fen stel­len die Zio­nis­ten die Bedin­gung, dass ihnen das Land «frei» von allen dar­auf leben­den Fel­la­chen über­ge­ben wird. Ist der Gut­be­sit­zer selbst nicht im Stande, den Boden zu «befreien», dann besor­gen das die Zio­nis­ten mit Hilfe ihrer Orga­ni­sa­tio­nen und der Man­dats­re­gie­rung. Der Boden wird dem Päch­ter für 49 Jahre in Erb­pacht gege­ben. Nur Juden dür­fen Erb­päch­ter sein. Der Zustrom von jüdi­schen Sied­lern hält sich zunächst noch in Gren­zen. 1917 besit­zen jüdi­sche Bewoh­ner etwa 400 qkm, 1930 sind es 1000 qkm. Die Flä­chen wer­den vor­wie­gend von ara­bi­schen Groß­grund­be­sit­zern erwor­ben. Ein Bei­spiel für die Ver­trei­bung der ansäs­si­gen ara­bi­schen Bau­ern beschreibt der israe­li­sche Genosse Hans Lebrecht in sei­nem Buch «Die Paläs­ti­nen­ser», Ffm 1982, S. 92 ff. Es geht um den Ort Al Fulah in der Jes­re­el­ebene süd­lich von Naza­reth. Dort hatte der ara­bi­sche Ban­kier Sur­suk aus Bei­rut 1600 Hektar dörf­li­chen Bodens an die Ame­ri­can Zion Com­mon­wealth Ltd. ver­kauft. Die Bewoh­ner sol­len diese Flä­chen, die sie seit Jahr­hun­der­ten bewoh­nen und bear­bei­ten, räu­men. Als Kom­pen­sa­tion ist ein Betrag in Höhe eines Monats­lohns vor­ge­se­hen. Das akzep­tiert nur ein klei­ner Teil der Bau­ern. Sie ver­las­sen den Ort. Die Mehr­heit indes­sen setzt sich gegen ihre Ver­trei­bung erbit­tert zur Wehr. Die Kolo­nis­ten holen sich dar­auf­hin städ­ti­sche Ver­stär­kung. Es kom­men Schlä­ger­kom­mon­dos aus den Rei­hen des Sport­ver­ei­ni­gung «Hap­oel», die dem Gewerk­schafts­ver­band His­trad­ruth ange­glie­dert ist. Diese zio­nis­ti­schen Arbei­ter­sport­ler gehen zusam­men mit bri­ti­scher Poli­zei, ver­stärkt um Pan­zer­fahr­zeuge, gegen die ara­bi­schen Ein­woh­ner, aber auch gegen Kom­mu­nis­ten und andere fort­schritt­li­che Juden vor, die sich mit den Ver­trei­bungs­op­fern soli­da­ri­sie­ren. Es gibt Tote und Ver­letzte. Am Ende wei­chen die Bewoh­ner der Gewalt. Aber erst­mals infor­miert die Presse welt­weit über die zio­nis­ti­schen Prak­ti­ken. Das geschieht 1924, vor 100 Jah­ren.
Gän­gig ist auch eine Methode, die Arne Jör­gen­sen («Israel intern», Ber­lin 1984, S. 198 ff.) Okku­pa­ti­ons­ge­nos­sen­schaf­ten nennt – für Jakob Gold­berg sind es «Besitz­ergrei­fungs­kom­mu­nen» (a.a.O., S. 58). Hier­bei stützt sich die Besied­lungs­stra­te­gie neben der Poli­tik und Öko­no­mie auch auf das Mili­tär. Es geht darum, neue Kib­bu­zim zu bil­den. Die Stand­orte wer­den so aus­ge­wählt, dass mit jeder neuen Sied­lung die «poli­ti­sche Prä­senz in allen Tei­len des Lan­des» erwei­tert wird (Zitat Yigal Allon, über viele Jahre einer der füh­ren­den israe­li­schen Mili­tärs). Die Sied­lungs­blocks die­nen zugleich als mili­tä­ri­sche Außen­pos­ten mit den dazu­ge­hö­ri­gen bewaff­ne­ten Ein­hei­ten. Berüch­tigt ist die Irgun Zwai Leumi. Diese para­mi­li­tä­ri­sche Orga­ni­sa­tion besteht von 1931 bis 1948. Sie ver­übt ter­ro­ris­ti­sche Anschläge gegen die ara­bi­sche Bevöl­ke­rung.
Deir Yasin war ein paläs­ti­nen­si­sches Dorf im Nord­wes­ten Jeru­sa­lems. Heute ist es Teil der ortho­do­xen Sied­lung Givʿat Scha’ul. Das paläs­ti­nen­si­sche Dorf hatte zuvor etwa 600 Ein­woh­ner. Es wird am 9. April 1948 von Irgun Zwai Leumi ange­grif­fen und ein­ge­nom­men. Das Kom­mando führt der spä­tere israe­li­sche Pre­mier­mi­nis­ter und Frie­dens­no­bel­preis­trä­ger Men­achem Begin. Dem Mas­sa­ker von Deir Yasin fal­len über 100 Paläs­ti­nen­ser zum Opfer.
Im Zeit­raum von 1924 bis 1931 kom­men 82.000 jüdi­sche Ein­wan­de­rer nach Paläs­tina. Als Reak­tion auf die faschis­ti­schen Juden­ver­fol­gun­gen steigt die Zahl der Ein­wan­de­run­gen dann aber sprung­haft an; von 30.000 Juden im Jahre 1933 auf 42.000 im Jahre 1934 und auf 62.000 im Jahre 1935 (das ist das Jahr der Nürn­ber­ger Gesetze).
Als die Bri­ten den Zustrom von Ein­wan­de­rern beschrän­ken, wer­den sie eben­falls zu Anschlags­zie­len der Irgun. Bekannt ist der Bom­ben­an­schlag auf das King David Hotel 1946 mit über 90 Opfern.

Staats­grün­dung durch die UNO
Am 29. Novem­ber 1947, vor 75 Jah­ren, ver­ab­schie­det die UN-Gene­ral­ver­samm­lung die Tei­lungs­re­so­lu­tion 181 (II) mit 33 gegen 13 Stim­men bei zehn Ent­hal­tun­gen. Ein hal­bes Jahr spä­ter ver­zich­tet Groß­bri­tan­nien auf sein Man­dat über Paläs­tina.
Infol­ge­des­sen ent­ste­hen zwei Monate nach Abschluss des Abzugs der bri­ti­schen Streit­kräfte, in jedem Fall spä­tes­tens ab 1. Okto­ber 1948 laut Völ­ker­recht­ler Nor­man Paech (Nach­denk­sei­ten, 28. Novem­ber 2023) in Paläs­tina ein unab­hän­gi­ger ara­bi­scher Staat und ein unab­hän­gi­ger jüdi­scher Staat sowie das vor­ge­se­hene inter­na­tio­nale Son­der­re­gime für die Stadt Jeru­sa­lem. Die Gren­zen des ara­bi­schen Staa­tes, des jüdi­schen Staa­tes und der Stadt Jeru­sa­lem sind in den Tei­len II und III der Tei­lungs­re­so­lu­tion fest­ge­legt.
Das Stim­men­ver­hält­nis indes ver­weist auf die vor­an­ge­gan­ge­nen kon­tro­ver­sen Dis­kus­sio­nen in der UNO. So kommt das Sub­ko­mi­tee 2 des «UN Spe­cial Com­mit­tee on Pal­es­tine», wel­ches mit der Aus­ar­bei­tung einer Reso­lu­tion beauf­tragt ist, in einem aus­führ­li­chen Gut­ach­ten zu dem Ergeb­nis, dass die Ver­ein­ten Natio­nen nicht die Macht haben, einen neuen Staat zu schaf­fen. Solch eine Ent­schei­dung könne nur durch den freien Wil­len des Vol­kes des in Frage ste­hen­den Lan­des selbst getrof­fen wer­den. Diese Bedin­gung sei im Falle des Mehr­heits­vor­schla­ges nicht erfüllt. Denn, so Paech, die Errich­tung eines jüdi­schen Staa­tes miss­achte die Wün­sche und Inter­es­sen der Ara­ber. Die Mehr­heit der Gene­ral­ver­samm­lung stimmt den­noch für die Tei­lung (dar­un­ter die USA sowie die UdSSR), die den Land­be­sitz der jüdi­schen Sied­ler auf über 56 Pro­zent des paläs­ti­nen­si­schen Ter­ri­to­ri­ums ver­zehn­fa­chen wird. Alle ara­bi­schen Staa­ten stim­men gegen die Reso­lu­tion. Sie haben gute Gründe, denn sie ken­nen die Kolo­ni­sa­ti­ons­pläne der zio­nis­ti­schen Bewe­gung und ahnen, dass die Reso­lu­tion die Situa­tion nicht beru­hi­gen, son­dern die Span­nun­gen zwi­schen den jüdi­schen Sied­lern und der paläs­ti­nen­si­schen Bevöl­ke­rung noch ver­stär­ken und zu einer der gewalt­sams­ten Pha­sen in der Geschichte des Lan­des füh­ren wird.
Noch bevor Ben Gurion die israe­li­sche Staats­grün­dung pro­kla­miert, wer­den etwa 250.000 Paläs­ti­nen­ser vertrieben.

Trup­pen des Feu­dal­re­gimes Trans­jor­da­nien mar­schie­ren im Mai 1948 in das von der UNO vor­ge­se­hene Ter­ri­to­rium des ara­bi­schen Staa­tes in Paläs­tina ein. Der Krieg beginnt. Laut Jakob Gold­berg (a.a.O., S. 11) spie­gelt der offene Kriegs­aus­bruch zwi­schen Israel auf der einen Seite und Ägyp­ten, Irak, Liba­non, Saudi-Ara­bien, Syrien und Trans­jor­da­nien auf der ande­ren die Kon­kur­renz von GB und USA wider. Zunächst ist es ein Gue­ril­la­krieg.
Der Krieg endet mit dem Sieg Isra­els am 20. Juli 1949. Das israe­li­sche Ter­ri­to­rium ist in der Folge um ein Drit­tel ver­grö­ßert. Der Gaza-Strei­fen kommt unter ägyp­ti­sche Ver­wal­tung. Das öst­li­che Paläs­tina geht als West­jor­dan­land an Jor­da­nien. Jeru­sa­lem wird zwi­schen Israel (West­je­ru­sa­lem) und Jor­da­nien (Ost­je­ru­sa­lem) auf­ge­teilt. Wei­tere 550.000 Paläs­ti­nen­ser wer­den zu Flücht­lin­gen. 280.000 kom­men in das Gebiet west­lich des Jor­dans, 190.000 nach Gaza, 100.000 in den Liba­non, 75.000 nach Syrien, 70.000 nach Jor­da­nien. Die eth­ni­sche Säu­be­rung Paläs­ti­nas hat begon­nen. 1948 leb­ten in den Gebie­ten des heu­ti­gen Israel – ohne West­bank und Gaza­strei­fen – rund 700.000 Paläs­ti­nen­ser und Paläs­ti­nen­se­rin­nen, nach dem Ende des Krie­ges 1949 sind es noch 156.000.
Von einem ara­bi­schen Staat in Paläs­tina gemäß UNO-Tei­lungs­plan ist nicht mehr die Rede.

Suez­krieg 1956 und Sechs-Tage-Krieg Juni 1967
Am 26. Juli 1956 wird von Ägyp­ten der Suez­ka­nal natio­na­li­siert. Die Folge ist ein Krieg gegen das Land, Wiki­pe­dia spricht von einem «inter­na­tio­na­len Kon­flikt», den Groß­bri­tan­nien, Frank­reich und Israel mit Ägyp­ten haben. Er dau­ert vom 29. Okto­ber 1956 bis März 1957. Israel bie­tet den pro­vo­ka­ti­ven Anlass Anfang Okto­ber und kann Ägyp­ten aus dem Gaza­strei­fen ent­fer­nen.
Zu den tie­fe­ren Grün­den des Sechs-Tage-Krie­ges 1967 gehö­ren die für den Impe­ria­lis­mus mitt­ler­weile unsi­che­ren Eigen­tum­ver­hält­nisse bezüg­lich der Ölquel­len im Irak und in Syrien.

Am 5. Juni 1967 greift Israel Ägyp­ten, Jor­da­nien und Syrien an. Der UN-Sicher­heits­rat for­dert am 6. Juni ein­stim­mig die Feu­er­ein­stel­lung. Am 10. Juni stellt Israel die Kampf­hand­lun­gen ein. Im Ergeb­nis sei­ner Aggres­sion hat Israel ara­bi­sche Gebiete erobert, die etwa drei­mal so groß sind wie sein eige­nes Staats­ge­biet. Für die Ara­ber bringt das ernste Ver­luste. Ägyp­ten ver­liert die Sinai­halb­in­sel. Syrien büßt die Golan­hö­hen ein. Am schwers­ten wird Jor­da­nien getrof­fen, das seine frucht­bars­ten Gebiete ver­zich­ten muss. Von den Ara­bern, die in den erober­ten Gebie­ten leben, gera­ten über eine Mil­lion unter israe­li­sche Herr­schaft. Andere wer­den mit ter­ro­ris­ti­schen Mit­teln ver­trie­ben. Bis Sep­tem­ber 1967 sind geht das 350.000 Men­schen so.
Am 22. Novem­ber 1967 nimmt der UN-Sicher­heits­rat die Reso­lu­tion Nr. 242 an. Sie stellt zunächst mal «die Unzu­läss­gig­keit von Gebiets­er­werb durch Krieg» aus­drück­lich fest und for­dert, dass sich die israe­li­schen Streit­kräfte aus den wäh­rend des Krie­ges besetz­ten ara­bi­schen Ter­ri­to­rien zurück­zie­hen. Wei­ter ver­langt sie, die Sou­ve­rä­ni­tät, ter­ri­to­riale Inte­gri­tät und poli­ti­sche Unab­hän­gig­keit in die­ser Region zu gewährleisten.

UNO-Beschlüsse der letz­ten Monate
Die UNO-Voll­ver­samm­lung hat am 27. Okto­ber 2023 jeg­li­che Gewalt gegen israe­li­sche und paläs­ti­nen­si­sche Zivi­lis­ten ver­ur­teilt. Sie for­dert die sofor­tige und bedin­gungs­lose Frei­las­sung aller Zivi­lis­ten, die «ille­gal fest­ge­hal­ten» wer­den, und ver­langt unge­hin­der­ten Zugang für huma­ni­täre Hilfe in den Gaza­strei­fen. Außer­dem ruft sie zu einer «sofor­ti­gen dau­er­haf­ten und nach­hal­ti­gen huma­ni­tä­ren Waf­fen­ruhe» auf. Der Beschluss knüpft an eine lange Reihe von Beschlüs­sen an, die seit 1967 Frie­dens­re­ge­lun­gen und zwei Staa­ten in Paläs­tina vor­se­hen.
120 Län­der stim­men für diese Reso­lu­tion, dar­un­ter die ara­bi­schen Staa­ten und viele Län­der des glo­ba­len Südens. Zu den 14 Nein-Stim­men zählt die der USA. Isra­els Stän­di­ger Ver­tre­ter, Gilad Edan, hatte schon zu Beginn der Gene­ral­ver­samm­lung tags zuvor hef­tige Kri­tik an der UNO geübt. Die Orga­ni­sa­tion sei kor­rum­piert und es sei unglaub­lich, dass ein sol­cher Reso­lu­ti­ons­ent­wurf über­haupt ein­ge­bracht wer­den dürfe. Jeder habe gese­hen, dass die Ver­ein­ten Natio­nen «keine Unze Legi­ti­mi­tät oder Rele­vanz» mehr hätten.

Der UN-Sicher­heits­rat for­dert am 15. Novem­ber 2023 »drin­gende und aus­ge­dehnte huma­ni­täre Unter­bre­chun­gen« des Krie­ges in Gaza. »Für eine ange­mes­sene Anzahl von Tagen« müss­ten »huma­ni­täre Kor­ri­dore im gan­zen Gaza­strei­fen« ein­ge­rich­tet wer­den, um Hilfs­gü­ter zu ver­tei­len und kranke und ver­letzte Per­so­nen eva­ku­ie­ren zu kön­nen. Nach inter­na­tio­na­lem Recht ist die Reso­lu­tion für alle 193 UN-Mit­glied­staa­ten bin­dend. Der stell­ver­tre­tende israe­li­sche UN-Bot­schaf­ter Brett Jona­than Mil­ler weist sie indes als »unrea­lis­tisch« zurück.

Am Diens­tag, 12. Dezem­ber 2023, ver­langt die UN-Voll­ver­samm­lung per Reso­lu­tion noch ein­mal den sofor­ti­gen huma­ni­tä­ren Waf­fen­still­stand im Gaza­strei­fen. Der von Ägyp­ten ein­ge­brachte Antrag erreicht die not­wen­dige Zwei­drit­tel­mehr­heit. 152 Län­der stimm­ten dafür, zehn dage­gen. 23 Län­der ent­hiel­ten sich.

Am 29. Dezem­ber 2023 hat Süd­afrika Klage wegen Völ­ker­mords beim Inter­na­tio­na­len Gerichts­hof (IGH) in Den Haag ein­ge­reicht. Israel soll seine Angriffe in Gaza ein­stel­len. Sie hät­ten einen völ­ker­mör­de­ri­schen Cha­rak­ter. Süd­afrika beruft sich in der Kla­ge­schrift auf die als Reak­tion auf den Holo­caust von der UN-Gene­ral­ver­samm­lung beschlos­sene Völ­ker­mord­kon­ven­tion.
Am Don­ners­tag, 11. Januar 2024, hat das süd­afri­ka­ni­sche Juris­ten­team sei­nen Vor­wurf gegen Israel vor dem Inter­na­tio­na­len Gerichts­hof (IGH) in Den Haag vor­ge­tra­gen. Jacob Rei­mann schreibt in der «jun­gen Welt»: Süd­afri­kas Jus­tiz­mi­nis­ter Ronald Lamola stellte zunächst fest, dass »die Gewalt und die Zer­stö­rung in Paläs­tina und Israel« nicht erst am 7. Okto­ber 2023 begon­nen hat. Viel­mehr hät­ten die Paläs­ti­nen­ser »sys­te­ma­ti­sche Unter­drü­ckung und Gewalt« seit 76 Jah­ren erfah­ren. In aller Schärfe ver­ur­teilte er die »Gräu­el­ta­ten« der Hamas und ande­rer Grup­pen vom 7. Okto­ber, doch wür­den diese in kei­nem Fall eine Recht­fer­ti­gung lie­fern, die Völ­ker­mord­kon­ven­tion zu ver­let­zen; Isra­els Reak­tion auf den Angriff habe »diese Linie über­schrit­ten«.
Im Haupt­teil legte die Juris­tin Adila Has­sim Details der Anklage dar. Mit Stich­tag 9. Januar waren dem­nach 23.210 Paläs­ti­nen­se­rin­nen und Paläs­ti­nen­ser getö­tet wor­den, 70 Pro­zent davon Frauen und Kin­der. 7.000 Per­so­nen wer­den ver­misst und seien ver­mut­lich eben­falls tot. Dar­über hin­aus seien knapp 60.000 wei­tere ver­letzt oder ver­stüm­melt wor­den. Has­sim nannte Fälle sys­te­ma­ti­scher Fol­ter an Paläs­ti­nen­sern und beschrieb den Ein­satz von Hun­ger als Kriegs­waffe: »Isra­els Kam­pa­gne hat die Men­schen in Gaza an den Rand einer Hun­gers­not gebracht.« Mit Ver­weis auf Zah­len des Welt­ernäh­rungs­pro­gramms mahnte Has­sim: »Von allen Men­schen in der Welt, die der­zeit unter kata­stro­pha­lem Hun­ger lei­den, befin­den sich mehr als 80 Pro­zent in Gaza.« Die Juris­tin nannte wei­ter die zahl­rei­chen Angriffe auf die von Israel als »sicher« erklär­ten Flucht­kor­ri­dore; es gebe »kei­nen siche­ren Ort in Gaza«.
Has­sim zitierte die UN-Son­der­be­richt­erstat­te­rin zu Gewalt gegen Frauen, Rad­hika Coo­ma­ras­wamy, die Ende Novem­ber 2023 gewarnt hatte, die »repro­duk­tive Gewalt« gegen paläs­ti­nen­si­sche Frauen, Neu­ge­bo­rene und Kin­der könnte im Sinne des Arti­kels 2d der Völ­ker­mord­kon­ven­tion dar­auf abziel­ten, Gebur­ten zu ver­hin­dern. Die Anwäl­tin Blinne Ní Ghrá­laigh nannte die Zahl von durch­schnitt­lich mehr als 117 Kin­dern, die jeden Tag getö­tet wer­den, und die Zahl von täg­lich über zehn Kin­dern, denen nach israe­li­schen Angrif­fen ein oder beide Beine ampu­tiert wer­den muss­ten. Bei zahl­rei­chen Frauen wür­den Kai­ser­schnitte ohne Betäu­bung durch­ge­führt. Das UN-Kin­der­hilfs­werk UNICEF spre­che in Gaza von einem »Krieg gegen Kin­der«, so Ní Ghrá­laigh.
Der Jurist Tem­beka Ngcu­kai­tobi führte Indi­zien für Isra­els »geno­zi­dale Absich­ten« an, wie sie sich ins­be­son­dere in einer Viel­zahl von Zita­ten hoch­ran­gi­ger israe­li­scher Poli­ti­ker und Mili­tärs äußer­ten. So nannte Ngcu­kai­tobi den mehr­fach von Minis­ter­prä­si­dent Ben­ja­min Netan­jahu geäu­ßer­ten Ver­weis auf die geno­zi­dale bibli­sche Geschichte der Ama­le­ki­ter. Im Den Haa­ger Gerichts­saal wurde ein Video abge­spielt, in dem eine grö­ßere Gruppe israe­li­scher Sol­da­ten diese auf­greift und sin­gend und tan­zend die Zer­stö­rung Gazas beju­belt; es gebe »keine unbe­tei­lig­ten Zivi­lis­ten« in Gaza, wird dort gegrölt.

Klaus, MV der DKP Innen­stadt, 22. Januar 2024


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