Ist die Bil­dungs­ka­ta­stro­phe gewollt, bil­li­gend in Kauf genom­men oder Zufall?

Demo zur «Bil­dungs­wende jetzt!»

Bil­dungs­pla­nung ist eigent­lich kin­der­leicht. Sechs Jahre dau­ert es, bis Kin­der in die Schule kom­men. Schnell sind die Kin­der durch­ge­zählt und regis­triert und ihre Summe durch die gän­gige Leh­rer/­Schü­ler-Rela­tion divi­diert. Jeden­falls bleibt genug Zeit, in der fäl­li­gen Menge Grund­schu­len zu bauen, sie aus­zu­stat­ten sowie Leh­rer (zur Sicher­heit etwas mehr) aus­zu­bil­den und ein­zu­stel­len. Für wei­ter­füh­rende Schu­len beträgt die Pla­nungs­frist sogar 10 Jahre.

Aber offen­bar fällt es ebenso leicht, die Fris­ten zu ver­säu­men, zumal unsere Regie­run­gen das Geld lie­ber für andere Dinge aus­ge­ben: für Pan­zer und Rake­ten, für die Rui­nie­rung Russ­lands, für Kanz­leien, die Gesetze for­mu­lie­ren, für sau­teure LNG-Ter­mi­nals (LNG = Flüs­sig­erd­gas, eng­lisch: lique­fied natu­ral gas) oder fall­weise Ban­ken­ret­tun­gen. Oder auch schon mal für bil­dungs­po­li­ti­sche Fehl­be­ra­tun­gen durch Ber­tels­mann. Wenn sich die Ver­säum­nisse Jahr um Jahr sta­peln, bekom­men wir, was wir jetzt bekla­gen, eine Bildungskatastrophe.

Merk­male? Pro Jahr ver­las­sen 50.000 junge Leute die Schule ohne Abschluss. Schlechte Lern­be­din­gun­gen erzeu­gen schlechte Leis­tun­gen. Schü­le­rin­nen und Schü­ler lesen, schrei­ben und rech­nen immer schlech­ter, wie der jüngste Bil­dungs­trend des IQB (Insti­tut zur Qua­li­täts­ent­wick­lung im Bil­dungs­we­sen) zeigt. Der Bil­dungs­er­folg hängt maß­geb­lich von der sozia­len Her­kunft ab. Trotz­den wer­den im Jahr 2025 min­des­tens 25.000 Leh­rer feh­len, 10 Jahre spä­ter schon 160.000. Es man­gelt an 384.000 Kitaplätzen.

Die Gewerk­schaft Erzie­hung und Wis­sen­schaft (GEW) stellt fest, dass 300.000 Erzie­he­rin­nen und Erzie­her feh­len. Zusam­men mit wei­te­ren Gewerk­schaf­ten, Eltern- und Schü­ler­or­ga­ni­sa­tio­nen for­dert sie eine Aus­bil­dungs­of­fen­sive für Leh­re­rin­nen und Leh­rer und Erzie­he­rin­nen und Erzie­her. 100 Mil­li­ar­den Euro soll die Poli­tik als «Son­der­ver­mö­gen Bil­dung» aus­wei­sen und auf Dauer 10 Pro­zent des Brut­to­in­lands­pro­dukts in Bil­dung investieren.

Die­ser For­de­rung haben am 23. Sep­tem­ber in 29 Städ­tem ins­ge­samt etwa 25.000 Men­schen Aus­druck ver­lie­hen. In Ber­lin demons­trier­ten 7000 Men­schen. In Köln über­wan­den 3000 die kleine Stre­cke vom Neu­markt zum Heu­markt und hör­ten dort ab 15.00 Uhr:

Ayla Çelik, die GEW NRW-Lan­des­vor­sit­zende («Man­gel an Fach­kräf­ten, an Räu­men und ent­spre­chen­den Res­sour­cen belas­tet die Beschäf­tig­ten, min­dert die Zukunfts­chan­cen der Kin­der»),

Maike Fin­nern, die GEW-Bun­des­vor­sit­zende (for­dert min­des­tens 100 Mil­li­ar­den Euro als Anschub­fi­nan­zie­rung für ein Bün­del bil­dungs­po­li­ti­scher Maß­nah­men),

Anke Unger, stell­ver­tre­tende Vor­sit­zende des DGB NRW («Bil­dungs­sys­tem geht auf dem Zahn­fleisch». Sie for­dert mehr Geld für Kitas, Schu­len und Hoch­schu­len) und

Tjark Sauer (ver.di NRW). Er rech­net vor: Jeder Bil­dungs-Euro schafft einen Mehr­wert von vier Euro.

Olaf Witt­rock, Spre­cher der Köl­ner Initia­tive «Die Abge­lehn­ten» hat Grund, beson­ders wütend zu sein:
«In Köln als größ­ter Stadt in NRW kann man die Fol­gen der jah­re­lan­gen Ver­säum­nisse in der Bil­dungs­po­li­tik wie im Brenn­glas beob­ach­ten. Bil­dungs­krise ist ja nicht abs­trakt, son­dern trifft uns alle ganz kon­kret. Es gibt viel zu wenige Kita- und Schul­plätze, so dass die Platz­ver­gabe zum Glücks­spiel ver­kom­men. Die Stadt lässt Schul­ge­bäude ver­rot­ten. Mehr als 100 Schu­len im Regie­rungs­be­zirk sind inzwi­schen ohne Lei­tung, weil sich offen­bar nie­mand mehr fin­det, der den Job noch machen will. Die Ver­wal­tung ist zer­strit­ten, die Poli­tik uneins, die Eltern zie­hen weg – und die Stadt­spitze sieht taten­los zu. So spitzt sich die Lage hier von Jahr zu Jahr zu. Bil­dung ist in Köln längst kein Stand­ort­fak­tor mehr, son­dern ein Stand­ort­ri­siko. Das muss sich sofort ändern.»


Ist die Bil­dungs­ka­ta­stro­phe gewollt, bil­li­gend in Kauf genom­men oder Zufall?


 Demo zur «Bil­dungs­wende jetzt!» am 23.09.2023 (wei­tere Fotos)