Poli­zei­kes­sel vom 07.01.2017 an der Köl­ner Apos­teln­kir­che war rechtswidrig

Auch Ver­samm­lungs­auf­lö­sung
war rechts­wid­rig

 Polizei auf Pferden versperrt Rollstuhlfahrer den Weg.

Das Ver­wal­tungs­ge­richt Köln hat am 16. Mai 2019 fest­ge­stellt, dass die Ein­kes­se­lung von Demonstrant*innen am 07.01.2017 in der Apos­teln­straße in Köln rechts­wid­rig war. Ebenso für rechts­wid­rig erklärt wurde das Erstel­len, Spei­chern und Ver­öf­fent­li­chen von Bil­dern der Demonstrationsteilnehmer*innen durch das sog. Social Media Team der Poli­zei. Damit hatte die Klage eines Betrof­fe­nen, der stell­ver­tre­tend für über 200 andere mit­ge­klagt hatte, in vol­lem Umfang Erfolg.

Anlass des dama­li­gen Poli­zei­ein­sat­zes war ein Auf­marsch der rechts­extre­men Grup­pie­rung Pro NRW gegen den viele Köl­ner Bürger*innen demons­trier­ten. In der Apos­teln­straße nahe Neu­markt waren damals spon­tan um die 100 Men­schen zusam­men­ge­kom­men, um ihre Mei­nung kund zu tun, wenn der rechte Auf­marsch dort vor­bei­kom­men sollte. Die­ser kam dann aber gar nicht durch diese Straße, son­dern wurde über einen ande­ren Weg an den Gegendemonstrant*innen vor­bei geführt. Statt­des­sen hatte die Poli­zei ab ca. 15 Uhr damit begon­nen, alle in dem Bereich anwe­sen­den Per­so­nen erst lose zu umstel­len, um sie schließ­lich kom­plett ein­zu­kes­seln. Dabei trieb sie auch unbe­tei­ligte Passant*innen und Gäste aus Cafés und Restau­rants in die­sem Kes­sel zusam­men, sodass schließ­lich über 220 Men­schen über Stun­den fest­ge­hal­ten wur­den. Die Poli­zei nahm ihre Daten auf und lei­tete straf­recht­li­che Ermitt­lungs­ver­fah­ren ein, weil die Betrof­fe­nen angeb­lich die rechte Demo grob in ihrer Durch­füh­rung gestört habe. Teil­weise wur­den Men­schen so bei Tem­pe­ra­tu­ren um den Gefrier­punkt bis 19 Uhr von der Poli­zei festgehalten.

Das Gericht stellte nun fest, dass eine Straf­tat gemäß § 21 Ver­samm­lungs­ge­setz nicht vor­lag und auch nicht unmit­tel­bar bevor­stand. Schließ­lich sei die rechte Ver­samm­lung ja nicht mal in die Nähe der Gegendemonstrant*innen gekom­men, son­dern ein­ver­nehm­lich schon vor­her eine andere Stre­cke gegan­gen. Straf­pro­zes­suale Maß­nah­men waren also nicht gerecht­fer­tigt und somit auch nicht das Fest­hal­ten des Ange­klag­ten ab 15.15 Uhr im Rah­men des besag­ten Kes­sels. Auch die Auf­lö­sung der Spon­tan­ver­samm­lung vor Ort um 16.00 Uhr hatte keine Rechts­grund­lage, da die bereits seit fast einer Stunde ein­ge­kes­sel­ten Gegendemonstrant*innen kein unfried­li­ches Ver­hal­ten zeig­ten. Somit war die Ver­samm­lungs­auf­lö­sung auch rechtswidrig.

Personen in einer Warteschlange, die ihre Personalien registrieren lassen mussten.

Schließ­lich wurde auch fest­ge­stellt, dass die Poli­zei für Bild­auf­nah­men von Ver­samm­lun­gen grund­sätz­lich eine gesetz­li­che Ermäch­ti­gung braucht, auch wenn die Beamt*innen als Social Media Team gekenn­zeich­net die Bil­der «nur» für Zwe­cke der Öffent­lich­keits­ar­beit ver­wen­den wol­len. Im kon­kre­ten Fall hatte die Poli­zei Bil­der von den Versammlungsteilnehmer*innen an der Apos­teln­straße gemacht und bei Twit­ter ver­öf­fent­licht. Die Poli­zei kann sich nicht als eine Art Presse beson­dere Rechte her­aus­neh­men; sie bleibt immer Ver­tre­te­rin des Staa­tes und ist an die durch die Grund­rechte gesetz­ten Schran­ken gebunden.

Ent­schä­di­gung einfordern

Die Poli­zei hat über 200 Men­schen bei eisi­ger Kälte mit Blitz­eis rechts­wid­rig über meh­rere Stun­den hin­weg fest­ge­hal­ten und poli­zei­li­chen Zwangs­maß­nah­men unter­wor­fen. Des­halb wer­den wir nun mit den Betrof­fe­nen prü­fen, ob sie eine Ent­schä­di­gung für die Ver­let­zung ihrer Grund­rechte vom Staat ein­for­dern können.

Wir wer­den dazu in nächs­ter Zeit ein Tref­fen von Köln gegen Rechts mit allen Betrof­fe­nen und einem Anwalt machen. Den genauen Ter­min wer­den wir noch bekanntgeben.

18. Mai 2019. Köln gegen Rechts
Foto 1: Klaus Mül­ler
Foto 2: Klaus Stein