Wald­spa­zier­gang in Hambach

Waldspaziergänger im Regen, hinten Polizei.


Ham­bach, der Wald, die Braun­kohle, das Klima, die Poli­tik,
das Füh­rungs­per­so­nal, die Poli­zei, das öffent­li­che Interesse

Heiße Scho­ko­lade
und Befehls­not­stand

Wald­spa­zier­gang am Sonn­tag, 23.9.2018 im Ham­ba­cher Forst

Ein Sonn­tag in Ham­bach im Sep­tem­ber. Wie­der mehr Men­schen. Trotz inten­si­vem Regen, Kälte und Ver­bo­ten. Gute Stim­mung und Zuver­sicht: «Das kön­nen die doch nun wirk­lich nicht mehr brin­gen.» «Erst den wirk­lich tol­len Wald abhol­zen um dann das ohne­hin über­fäl­lige Ende der Braun­koh­le­ver­stro­mung aus­zu­ru­fen?» Aber dem NRW-Minis­ter­prä­si­den­ten Laschet, sei­nem Innen­mi­nis­ter und RWE traut hier jeder jeden Blöd­sinn zu. «Die haben ein­fach nicht begrif­fen, was die Uhr geschla­gen hat. Die haben kei­nen Plan für die Zukunft. Die tun so, als gäbe es den Kli­ma­wan­del und die dro­hen­den Kata­stro­phen nicht. Die sind unbe­re­chen­bar. Die kön­nen nur Auto und noch mehr Auto. Denen feh­len Ver­stand und jeg­li­cher Begriff von Ver­ant­wor­tung. Die neh­men den Umwelt­schüt­zern die Klet­ter­ge­schirre weg und behaup­ten dann, dass sie die Blo­ckade wegen feh­len­der Sicher­heit der Umwelt­schüt­zer in deren eige­nem Inter­esse gewalt­sam been­den müss­ten. Die hal­ten alle Men­schen für blöd.»

Heiße Scho­ko­lade mit viel Rum und ein hei­ßes Bad

Das war meine Vision, die mich nach fünf Stun­den in Ham­bach bei Ker­pen (Bahn­sta­tion Buir) im strö­men­den Regen im Wald und auf den Fel­dern auf dem Nach­hau­se­weg beglei­tet hat. Und Dank­bar­keit gegen­über denen, die auch bei die­sen wid­ri­gen Bedin­gun­gen der Bela­ge­rung durch die Poli­zei stand­ge­hal­ten haben: Die Umwelt- und Kli­ma­ak­ti­vis­ten im Wald und die vie­len tau­send ‹Wald­spa­zier­gän­ger›, die es an die­sem Sonn­tag trotz des nas­sen und kal­ten Wet­ters nicht zuhause auf dem Sofa gehal­ten hat. Deut­li­ches öffent­li­ches Inter­esse und Prä­senz vor Ort sind die wich­tigs­ten Ele­mente in die­ser Phase des gesell­schaft­li­chen Kamp­fes um Klima- und Umwelt­schutz und um eine lebens­werte Zukunft für die Mensch­heit. Wer heute hier war, hat das begrif­fen. Vom mun­te­ren Punk bis zum erns­ten Hoch­schul­leh­rer, vom mit­ge­schlepp­ten Klein­kind bis zum gebrech­li­chen alten Men­schen, vom Anarcho bis zum gläu­bi­gen Christ. Erst recht die Men­schen, die als ganze Fami­lien mit zwei Gene­ra­tio­nen und in Ein­zel­fäl­len sogar mit drei Gene­ra­tio­nen am Ort des Gesche­hens waren.

Polizei mit Helm und Schild, hinten Panzerfahrzeug.

Die Poli­zei

Ver­gli­chen mit den mar­tia­li­schen Insze­nie­run­gen der vori­gen Wochen war das Erschei­nungs­bild eher mit­leid­erre­gend. Bei lau­fen­den Moto­ren saßen die Miss­brauchs­op­fer einer irra­tio­na­len Poli­tik hin­ter beschla­ge­nen Schei­ben in ihren Autos. Jeden­falls der grö­ßere Teil der Streit­macht. Ver­su­che, die große Masse der Umwelt­schüt­zer am Betre­ten des Wal­des zu hin­dern, waren man­gels Erfolgs­aus­sicht und um die Laune der Truppe nicht über­mä­ßig zu stra­pa­zie­ren offen­bar auf­ge­ge­ben wor­den. Akti­vi­tä­ten der Kol­le­gen bestan­den eher in den Bemü­hun­gen, eigene Autos, die im Schlamm fest­ge­fah­ren waren, wie­der flott zu schie­ben. Nur sehr ver­ein­zelt beschäf­tig­ten sich kleine Grüpp­chen damit, Baum­stämme bei­seite zu schie­ben, die von den Umwelt­schüt­zern als sym­bo­li­sche Bar­ri­ka­den und als deut­li­che Zei­chen auf die Wege geschleppt wor­den waren. Vie­len betei­lig­ten, jun­gen Miss­brauchs­op­fern in Kampf­mon­tur war die Unwil­lig­keit und der gefühlte ‹Befehls­not­stand› trotz ihrer Ver­mum­mung an Ges­tik und Mimik deut­lich anzu­mer­ken. Zumal sie über die Tage immer wie­der von den kri­ti­schen Bür­gern mit höchst plau­si­blen Argu­men­ten in Sachen Umwelt und Klima bom­bar­diert wur­den. (Bom­bar­die­rung <==> Öko-Terroristen)

Es gibt nichts Gutes – außer man tut es

Ohne die Beset­zung des Wal­des hät­ten RWE und Lan­des-Laschet und Co ganz sicher schon Fak­ten geschaf­fen, damit die Braun­koh­le­ver­bren­nung aus der Grube von Ham­bach in den nächs­ten 20 Jah­ren wei­ter­lau­fen kann. Nur durch die Zeit, die durch den tap­fe­ren Wider­stand gegen den Wahn­sinn her­aus­ge­schun­den wurde, wer­den nun lang­sam auch die­je­ni­gen mun­ter, die tief in sich dif­fuse Zwei­fel am Kli­ma­ge­sche­hen hegen. «Wenn Recht zu Unrecht wird, wird Wider­stand zu Pflicht!» Das galt nicht nur für den Wider­stand gegen Staat und Par­tei 1933 ff. son­dern das gilt auch heute im Zusam­men­hang mit dem Kli­ma­wahn­sinn. Mit Kri­mi­na­li­sie­rung, Ord­nungs­recht, Platz­ver­wei­sen, In-Gewahr­sam-Nahme, gebeug­tem oder miss­brauch­tem (Bau-) Recht und Dem­ago­gie übler Sorte wird ver­sucht, die Men­schen daran zu hin­dern, sich wirk­sam für den so drin­gend erfor­der­li­chen Kli­ma­schutz ein­zu­set­zen. Aktu­ell keimt bei vie­len Men­schen die Hoff­nung, dass die Mensch­heit zum Umsteu­ern fähig sei. Diese Hoff­nung ist anste­ckend. Und die­ses Hoff­nung wird hof­fent­lich bei sehr viel mehr Men­schen dazu füh­ren, sich nun in Bewe­gung zu set­zen und die Bemü­hun­gen um Umwelt und Klima kon­kret zu unter­stüt­zen. Wer auf Auf­rufe von Par­teien, Kir­chen oder sons­ti­gen tra­di­tio­nel­len zivil­ge­sell­schaft­li­chen Orga­ni­sa­tio­nen war­tet, wird wahr­schein­lich zu spät wach und aktiv.

JETZT

  • Kri­ti­sche Prä­senz in Ham­bach so oft und so viel wie eben möglich!
  • Teil­nahme an den Sonn­tags­spa­zier­gän­gen und an den geplan­ten Großveranstaltungen!
  • Briefe, Mails, öffent­li­ches Zur-Rede-Stel­len an /von Men­schen, die poli­tisch Ein­fluss haben!
  • Geld- und Lebens­mit­tel für die Besetzer!
  • Will­kür­ak­tio­nen und Zwangs­maß­nah­men dokumentieren!
  • Dem­ago­gie von lis­ti­gen Poli­ti­kern und trot­te­li­ger Ener­gie­wirt­schaft nicht demü­tig hinnehmen!
  • Decar­bo­ni­sie­rung durch De-Invest for­dern und unterstützen!
  • öffent­lich Stel­lung neh­men, wenn gegen Umbau der Ener­gie-Infra­st­uk­tur und gegen ange­mes­sene Ener­gie­kos­ten pole­mi­siert wird!
  • dezen­trale, lokale Info­stände und Aktio­nen, Trans­pa­rente malen
  • …es gibt so viele Mög­lich­kei­ten, sich zu engagieren.

Jetzt ist der Zeitpunkt

Und falls es mal etwas jen­seits der Kom­fort­zone lau­fen sollte, hel­fen Soli­da­ri­tät und Gemein­schafts­ge­fühlt, not­falls in Ver­bin­dung mit hei­ßer Scho­ko­lade … nach geta­ner Aktion.

 

Mon­tag, 24.9.2018
Text und Fotos: Wolf­gang Utsch
für Ener­gie­wen­de­gruppe MK


Wei­tere Fotos vom Wald­spa­zier­gang in Hambach