Zur Bilanz der Ampelregierung

Unver­schämte Geheim­nis­tue­rei bei den Koali­ti­ons­ver­hand­lun­gen war gegen die Mehr­heit der Bevöl­ke­rung gerichtet

Halb­zeit
Der Bun­des­tag wurde am 26. Sep­tem­ber 2021 gewählt, seit dem 8. Dezem­ber 2021 regiert eine Koali­ti­ons­re­gie­rung von SPD, Grü­nen und FDP unter Bun­des­kanz­ler Olaf Scholz.
Auf­fäl­li­ges Merk­mal die­ser Wahl war die Auf­lö­sung tra­dier­ter Par­tei­b­in­dun­gen. Der herr­schen­den Poli­tik schlug schon vor zwei Jah­ren wach­sen­des Miss­trauen ent­ge­gen. Das drückte sich zunächst in Form von Unsi­cher­heit der Pro­gno­sen, sodann in Stim­men­ver­luste für SPD und CDU aus. Die Grü­nen konn­ten noch vom schwin­den­den Ruf als Kli­ma­par­tei zeh­ren. Aber die Zustim­mung sank bald im Zuge stei­gen­der Ener­gie­preise und sollte noch wei­ter sin­ken.
Am 1. Sep­tem­ber 2023 ver­öf­fent­lichte das Sta­tis­ti­sche Bun­des­amt die Ergeb­nisse einer Umfrage über die Zufrie­den­heit mit der Arbeit der Bundesregierung.

Die Mehr­heit von rund 79 Pro­zent der Befrag­ten des ARD-Deutsch­land­Trends gab Ende August 2023 an, weni­ger zufrie­den (44%) oder gar nicht zufrie­den (35%) mit der Arbeit der Bun­des­re­gie­rung zu sein. Rund 19 Pro­zent waren mit der poli­ti­schen Leis­tung der Bun­des­re­gie­rung um Kanz­ler Olaf Scholz zufrie­den, keine befragte Per­son war mit der Arbeit der Bun­des­re­gie­rung sehr zufrie­den.
Ein zwei­tes Merk­mal der Bun­des­tags­wahl war die unver­schämte Geheim­nis­tue­rei über die Bera­tungs­ge­gen­stände der Koali­ti­ons­ver­hand­lun­gen. Sie allein deu­tete dar­auf hin, dass die Poli­tik der Ampel gegen die Mehr­heit der Bevöl­ke­rung gerich­tet sein würde. Und so kam es. Im Wahl­kampf, aber auch bei der öffent­li­chen Ein­schät­zung sei­ner Ergeb­nisse fiel die mediale Ver­mei­dung strit­ti­ger, vor allem sozia­ler Gesichts­punkte auf. Im Kern ging es den Koali­tio­nä­ren um die Siche­rung von Mono­pol­pro­fi­ten in der anhal­ten­den, um nicht zu sagen: nach­hal­ti­gen, Über­pro­duk­ti­ons­krise. Und darum, diese Absicht in einem Koali­ti­ons­ver­trag hin­ter der dürf­ti­gen Fas­sade sozia­ler Dem­ago­gie zu ver­ber­gen. Das Ergeb­nis erschien am 25. Novem­ber 2021 und bekam den schmü­cken­den Titel: «Mehr Fort­schritt wagen. Bünd­nis für Frei­heit, Gerech­tig­keit und Nach­hal­tig­keit.» Auf der Kreis­vor­stands­sit­zung am 12. Okto­ber sag­ten wir: «Wir wer­den es mit star­ken Preis­er­hö­hun­gen bei Haus­halts­en­er­gie, Ben­zin, Lebens­mit­teln zu tun bekom­men. Die Mie­ten wer­den wei­ter stei­gen. Wie über­haupt die Infla­tion. Nötig sind Mas­sen­ak­tio­nen und gewerk­schaft­li­cher Druck, damit die Löhne der Preis­ent­wick­lung stand­hal­ten. Es sind erheb­li­che Lohn­zu­wächse nötig, um die Infla­tion zu kom­pen­sie­ren.»

Woh­nen
Die Ampel­prosa des Koali­ti­ons­ver­trags ver­spricht:
«Woh­nen ist ein Grund­be­dürf­nis und so viel­fäl­tig wie die Men­schen. Wir wer­den das Bauen und Woh­nen der Zukunft bezahl­bar, kli­ma­neu­tral, nach­hal­tig, bar­rie­re­arm, inno­va­tiv und mit leben­di­gen öffent­li­chen Räu­men gestal­ten. Dabei haben wir die Viel­falt der Rah­men­be­din­gun­gen und Wohn­for­men und indi­vi­du­el­len Bedürf­nisse der Men­schen in länd­li­chen und urba­nen Räu­men im Blick. Dafür star­ten wir einen Auf­bruch in der Bau‑, Woh­nungs- und Stadt­ent­wick­lungs­po­li­tik. Unser Ziel ist der Bau von 400.000 neuen Woh­nun­gen pro Jahr, davon 100.000 öffent­lich geför­derte Woh­nun­gen.» (S. 88)
Die Ampel schwur­belt über «neue Dyna­mik beim Bau» sowie «dau­er­hafte Sozi­al­bin­dung bezahl­ba­ren Wohn­raums». Das Ver­spre­chen einer «neuen Wohn­ge­mein­nüt­zig­keit mit steu­er­li­cher För­de­rung und Inves­ti­ti­ons­zu­la­gen» soll an die Woh­nungs­ge­mein­nüt­zig­keit erin­nern, die bis 1990 für gemein­nüt­zige Woh­nungs­be­stände mit bezahl­ba­ren Mie­ten sorgte. Aber der Koali­ti­ons­ver­trag ver­langt, dass die Wohn­ge­mein­nüt­zig­keit die Struk­tur der eta­blier­ten Woh­nungs­wirt­schaft nach den Grund­sät­zen der Wirt­schaft­lich­keit ergänzt, ohne diese zu benach­tei­li­gen. (S. 88) Die eta­blierte Woh­nungs­wirt­schaft darf also erwar­ten, dass ihre Pro­fite nicht durch miet­güns­tige und gemein­nüt­zige Kon­kur­ren­ten ange­tas­tet wer­den. So sorgte sich die Ampel von Anfang an mehr um die eta­blierte Woh­nungs­wirt­schaft als um die Lage der Mie­te­rin­nen und Mie­ter. Ohne­hin schweigt sich die Regie­rung seit­her zur Wohn­ge­mein­nüt­zig­keit aus.

Der Mie­ter­bund stellte zusam­men mit dem Pari­tä­ti­schen ( = Deut­scher Pari­tä­ti­scher Wohl­fahrts­ver­band – Gesamt­ver­band e. V.) zu Anfang des Monats (6. Sep­tem­ber) in einem offe­nen Brief an den Jus­tiz­mi­nis­ter fest: «Nicht nur die Ange­bots­mie­ten bei Neu- und Wie­der­ver­mie­tung stei­gen aktu­ell mas­siv, z. B. in Ber­lin um 27 %, son­dern auch die Bestands­mie­ten im Miet­spie­gel – zuletzt in Mün­chen um 21 %. Neben den Metro­po­len sind auch die Ange­bots­mie­ten in länd­li­chen Woh­nungs­märk­ten, wie z. B. im Saar­land (Plus 7,9 %), in Bran­den­burg (Plus 9,1 %) und in Meck­len­burg-Vor­pom­mern (Plus 10,3 %), betrof­fen.»
Am ver­gan­ge­nen Mitt­woch (20. Sep­tem­ber) erin­nerte der Pari­tä­ti­sche an die ver­spro­che­nen, aber aus­blei­ben­den 100.000 neuen Sozi­al­woh­nun­gen. 2022 sei weni­ger als ein Vier­tel die­ser Marke erreicht wor­den. Für 2023 und Fol­ge­jahre werde es nach aktu­el­len Pro­gno­sen noch weniger.

Bla­sen
Gleich­zei­tig aber plat­zen welt­weit Bla­sen auf dem Immo­bi­li­en­markt. Am ver­gan­ge­nen Sams­tag berich­tete die Presse von einem durch­schnitt­li­chen Preis­rutsch bei Wohn­im­mo­bi­lien von 9,9 Pro­zent im zwei­ten Quar­tal 2023. Tags zuvor refe­rierte die FAZ aus dem soge­nann­ten Bla­sen­in­dex der Schwei­zer Bank UBS: «Seit dem Höchst­stand Anfang 2022 haben sich die rea­len Eigen­heim­preise in Frank­furt um fast 20 Pro­zent und in Mün­chen um 15 Pro­zent kor­ri­giert. Die Kor­rek­tur ist noch nicht abge­schlos­sen.»
FAZ: «Platzt in Frank­furt also gerade eine Immo­bi­li­en­blase?»
UBS: «Die Luft ent­weicht sehr schnell, es sieht so aus, als ob eine Blase platzt.»
Laut Sta­tis­ti­schem Bun­des­amt gin­gen in den Top-7-Metro­po­len (Ber­lin, Ham­burg, Mün­chen, Köln, Frank­furt am Main, Stutt­gart und Düs­sel­dorf) die Preise für Eigen­tums­woh­nun­gen gegen­über dem Vor­jah­res­quar­tal um 9,8 % zurück, für Ein- und Zwei­fa­mi­li­en­häu­ser musste 12,6 % weni­ger gezahlt wer­den. Es liegt an der man­geln­den Nach­frage, ange­sichts hoher Zin­sen unter­bleibt sie. Der Absturz ist beträcht­lich, wenn berück­sich­tigt wird, dass noch im drit­ten Quar­tal 2021 Wohn­im­mo­bi­lien gegen­über dem Vor­jahr 12,8% teu­rer wur­den. Die Ursa­che ist indes nicht in den Leit­zin­sen der EZB zu suchen. Zuvor sind die Kapi­tal­markt­zin­sen gestie­gen.
Am ver­gan­ge­nen Don­ners­tag las man in der Presse, dass Von­o­via den Bau von 60.000 Woh­nun­gen abbre­che. Begrün­dung: hohe Zin­sen und zu hohe Bau­kos­ten. Ange­sichts des­sen drän­gen die Immo­bi­li­en­kon­zerne auf Subventionen.

Woh­nungs­gip­fel
Heute (25. Sep­tem­ber 2023) hat Kanz­ler Scholz zu einem Woh­nungs­gip­fel ein­ge­la­den. HausCONTENT_INTRO_TEXTGrund sowie der Bun­des­ver­band deut­scher Woh­nungs- und Immo­bi­li­en­un­ter­neh­men GdW wer­den aber das Gip­fel­tref­fen boy­kot­tie­ren. Die Bau­krise ver­schärfe sich von Tag zu Tag, ohne dass die Regie­rung wirk­sam und glaub­haft dage­gen vor­gehe, heißt es in der Begrün­dung. Sel­ten zuvor haben diese Ver­miet­er­lob­by­is­ten der­ar­tige Empa­thie für die Mie­ter geäu­ßert, sie sag­ten: «Woh­nungs­su­chende sind ver­zwei­felt, doch ernst zu neh­mende poli­ti­sche Maß­nah­men blei­ben aus.» Laut GdW seien För­de­run­gen und Impulse zu Bau­land und Bau­kos­ten des Bau­mi­nis­te­ri­ums rich­tig, aber zu gering. Der Ver­band will eine Sen­kung der Mehr­wert­steuer von 19 auf 7% sowie staat­li­che För­der­dar­le­hen mit einem Zins­satz von einem Pro­zent. HausCONTENT_INTRO_TEXTGrund lehnt das Gebäu­de­en­er­gie­ge­setz ab sowie Zwangs­sa­nie­run­gen, an denen die EU arbeite. Seit Jah­ren werde das Miet­recht aus­schließ­lich zulas­ten der Ver­mie­ter ver­schärft. Vom Kli­ma­geld, das den Koh­len­di­oxid­preis kom­pen­sie­ren soll, sei nicht mehr die Rede.

So rächt sich, dass gemäß Koali­ti­ons­ver­trag die Ampel um die «eta­blierte Woh­nungs­wirt­schaft» mehr besorgt ist als um die Mie­ter­inter­es­sen. Die Damen und Her­ren Inves­to­ren wol­len gepam­pert wer­den. In der öffent­li­chen Dis­kus­sion um die Höhe der Mie­ten, des Rechts auf Woh­nen, den Zusam­men­bruch des Woh­nungs­baus bleibt die Eigen­tums­frage gänz­lich außen vor. Es ist ver­ges­sen, dass ab 1990 mehr als eine Mil­lion Woh­nun­gen aus öffent­li­chen Bestän­den pri­va­ti­siert wor­den sind.
Sie sind wie­der in öffent­li­ches Eigen­tum rück­zu­über­tra­gen. Öffent­li­che För­de­rung von Woh­nungs­bau muss die öffent­li­chen und miet­güns­ti­gen Woh­nungs­be­stände ver­meh­ren und nicht die pri­va­ten Gewinne. In Ber­lin wie anderswo soll­ten große Woh­nungs­un­ter­neh­men in gesell­schaft­li­ches Eigen­tum über­führt wer­den.
Aktu­ell ist zu for­dern, dass öffent­li­ches Eigen­tum zumin­dest im Wert der Hilfs­gel­der, die die Immo­bi­li­en­kon­zerne erhal­ten sol­len, gebil­det wird. Keine Sub­ven­tion ohne öffent­li­che Eigen­tums­ti­tel und – bit­te­schön – Miet­min­de­rung! Gene­rell gilt: solange Woh­nungs­be­stände nicht vom Markt genom­men und ver­ge­sell­schaf­tet wer­den, sin­ken die Mie­ten nicht.

Ener­gie­kos­ten
Vor einem Jahr, am 8. Sep­tem­ber 2022, ern­tete Sahra Wagen­knecht im Bun­des­tag einen Sturm der Ent­rüs­tung, als sie die Regie­rung als dümmste in Europa cha­rak­te­ri­sierte. 13 Tage spä­ter hat­ten das you­tube-Film­chen mit ihrer Rede schon 2,3 Mil­lio­nen Men­schen auf­ge­ru­fen. Die waren wohl eher begeis­tert. Sahra Wagen­knecht sagte: «Die Mine­ral­öl­kon­zerne wer­den in die­sem Jahr in Deutsch­land 38 Mil­li­ar­den Euro mehr Gewinne machen als im Schnitt der letz­ten Jahre, die Strom­erzeu­ger sogar 50 Mil­li­ar­den Euro – Geld, das den Bür­ge­rin­nen und Bür­gern jeden Tag aus der Tasche gezo­gen wird. Andere Län­der haben auf die­ses Markt­ver­sa­gen längst mit Preis­de­ckeln oder wenigs­tens mit Über­ge­winn­steu­ern reagiert. Frank­reich hat den Anstieg des Strom­prei­ses auf 4 Pro­zent begrenzt; da sind sie nicht erst nach Brüs­sel gefah­ren und haben lange Ver­hand­lun­gen geführt. Ein Liter Sprit kos­tet in Frank­reich rund 40 Cent weni­ger als bei uns.
Wirt­schafts­mi­nis­ter Habeck lässt sich von den Ener­gie­lob­by­is­ten ein Gesetz zu einer Gas­um­lage schrei­ben, das die Bür­ge­rin­nen und Bür­ger, die Fami­lien und Unter­neh­men, die sowieso schon lei­den, zusätz­lich zur Kasse bit­ten wird.
Also, da muss man wirk­lich sagen: Auf so einen Ein­fall muss man erst mal kom­men.
Wir haben wirk­lich die dümmste Regie­rung in Europa.»

Mili­ta­ri­sie­rung
Am Welt­frie­dens­tag am 1. Sep­tem­ber hat die Bun­des­tags­ab­ge­ord­nete Sevim Dagde­len am Frie­dens­fo­rum in Köln teil­ge­nom­men und zehn The­sen vor­ge­tra­gen, in denen der Zusam­men­hang von Sozi­al­ab­bau und Auf­rüs­tung samt Kriegs­be­tei­li­gung dar­ge­stellt wird. Das Forum stand unter dem Motto »Den Frie­den und die Zukunft gewin­nen, nicht den Krieg«.
Mit 85,5 Mil­li­ar­den Euro gemäß NATO-Kri­te­rien für das Mili­tär habe die Bun­des­re­gie­rung für 2024 einen Haus­halt auf­ge­legt, der alle his­to­ri­schen Dimen­sio­nen seit Bestehen der Bun­des­re­pu­blik sprenge. Es seien die höchs­ten deut­schen Mili­tär­aus­ga­ben seit 1945. Ihnen ste­hen zahl­rei­che Kür­zungs­pos­ten gegen­über, die den sozia­len Krieg gegen die eigene Bevöl­ke­rung cha­rak­te­ri­sie­ren. Müt­ter­ge­nesungs­werk: minus 93 Pro­zent, Fami­li­en­fe­ri­en­stät­ten: minus 93 Pro­zent, Jugend­bil­dungs- und Jugend­be­geg­nungs­stät­ten: minus 77 Pro­zent, freie Jugend­hilfe: minus 19 Pro­zent, Wohn­geld: minus 16 Pro­zent, BAföG: minus 24 Pro­zent.
Sevim Dagde­len sagte: «Die­ser soziale Krieg gegen die eigene Bevöl­ke­rung beinhal­tet aber auch eine Poli­tik, die die Infra­struk­tur in Deutsch­land wei­ter kaputt­kürzt und Deutsch­land als Indus­trie­land mas­siv gefähr­det. Viele den­ken hier oft nur an die Bahn, was sicher­lich stimmt. Aus Per­so­nal­man­gel müs­sen Bahn­stre­cken zeit­wei­lig ein­ge­stellt wer­den, so gro­tesk ist die Lage mitt­ler­weile. Ein ande­res, nicht min­der gra­vie­ren­des Bei­spiel sind die Kran­ken­häu­ser. Die wirt­schaft­li­che Situa­tion der Kli­ni­ken ist dra­ma­tisch. Es droht ein Kahl­schlag bei der Gesund­heits­ver­sor­gung und die Schlie­ßung vie­ler wei­te­rer Kran­ken­häu­ser, ohne dass hier von der Bun­des­re­gie­rung gegen­ge­steu­ert wird. Am Ende wird ein völ­lig kaput­tes Gesund­heits­sys­tem ste­hen.»
Ver­bun­den mit den Rüs­tungs­an­stren­gun­gen der Bun­des­re­gie­rung sei eine bei­spiel­lose Betei­li­gung am Stell­ver­tre­ter­krieg in der Ukraine. Finanz­mi­nis­ter Chris­tian Lind­ner habe in Kiew fünf Mil­li­ar­den Euro »Ertüch­ti­gungs­hilfe«, sprich: Waf­fen­hilfe, zuge­sagt. Jähr­lich, bis 2027. Das finde sich auch im Haus­halts­an­satz für 2024 wie­der. Wäh­rend die Kin­der­grund­si­che­rung mit 2,4 Mil­li­ar­den Euro viele Kin­der arm zurück­las­sen werde, gehe bei Rüs­tung alles. Die Auf­rüs­tungs­hilfe für die Ukraine werde zum stän­di­gen Pos­ten. Die Bun­des­re­gie­rung mache Deutsch­land damit zu einem Mili­tär­staat in der Mitte Europa. Ein Fünf­tel aller Aus­ga­ben der Ampel, fast 20 Pro­zent, flös­sen in mili­tä­ri­sche Zwe­cke.
Deutsch­land sei aber nicht allein wegen der gigan­ti­schen Rüs­tungs­aus­ga­ben im Aus­nah­me­zu­stand, son­dern auch wegen der Sank­tio­nen gegen Russ­land und ihrer Fol­gen, sagte Sevim Dagde­len. «Die Bun­des­re­gie­rung hatte den Wirt­schafts­krieg gemein­sam mit der EU den USA fol­gend vom Zaun gebro­chen, in der Hoff­nung, so Grü­nen-Außen­mi­nis­te­rin Anna­lena Baer­bock, Russ­land zu rui­nie­ren. Wie so oft im Leben kam es anders, als man dachte. Man könnte mit Blick auf die Bun­des­re­gie­rung auch sagen: Wer ande­ren eine Grube gräbt, fällt selbst hin­ein. Zur Über­ra­schung der Außen­mi­nis­te­rin ist es Deutsch­land, das einen wirt­schaft­li­chen Ein­bruch erlei­det, und nicht Russ­land. Wäh­rend die rus­si­sche Wirt­schaft in die­sem Jahr um 2,5 Pro­zent wächst, weil man andere Absatz­märkte für seine Ener­gie­lie­fe­run­gen gefun­den hat bzw. soviel LNG-Gas nach Europa lie­fert wie nie zuvor, galop­pie­ren in Deutsch­land die Preise für Ener­gie und Lebens­mit­tel. Die Bun­des­re­gie­rung hat zwar Ersatz für das rus­si­sche Gas gefun­den, aber die Preise für das US-ame­ri­ka­ni­sche Frack­ing­gas sind deut­lich höher und stel­len die Exis­tenz der deut­schen Indus­trie ins­ge­samt in Frage. Jetzt wird über­legt, den Indus­trie­strom für große Kon­zerne in den ener­gie­in­ten­si­ven Bran­chen dau­er­haft aus Steu­er­mit­teln zu sub­ven­tio­nie­ren. Aber ist das wirk­lich ein trag­fä­hi­ges wirt­schaft­li­ches Kon­zept, wenn bei mit­tel­stän­di­schen Bäcke­reien der Ofen kalt bleibt?»

Unter Punkt Acht erin­nert die Abge­ord­nete der Links­par­tei an die Nord-Stream-Pipe­line. Die Bun­des­re­gie­rung habe das welt­po­li­ti­sche Schick­sal Deutsch­lands auf Gedeih und Ver­derb an den abstei­gen­den Hege­mon USA geknüpft. «Pro­blem dabei: Um den eige­nen dro­hen­den Abstieg zu ver­hin­dern, ist der Hege­mon bereit, auch engste Ver­bün­dete unter den Bus zu wer­fen, wie man im Eng­li­schen sagt. Es sei hier nur an die Anschläge auf die Nord-Stream-Pipe­lines erin­nert. Bei allen Bemü­hun­gen auch deut­scher Leit­me­dien, eine Gegen­er­zäh­lung zu ent­wi­ckeln, die auf unbe­kannte Ukrai­ner als Täter ver­weist, ste­hen wei­ter­hin die Recher­chen des US-Inves­ti­ga­tiv­re­por­ters Sey­mour Hersh im Raum, die auf eine unmit­tel­bare Inauf­trag­gabe von US-Prä­si­dent Joe Biden ver­wei­sen – mit einer nach­träg­li­chen Ein­wei­hung von Bun­des­kanz­ler Olaf Scholz in den Ter­ror­plot. Die Bun­des­re­gie­rung jeden­falls scheint große Angst vor mög­li­chen Ent­hül­lun­gen zu haben, die in Rich­tung Washing­ton wei­sen könn­ten. Anders ist es nicht zu erklä­ren, dass ledig­lich eine Hand­voll Ermitt­ler in Deutsch­land mit der Auf­klä­rung des größ­ten Ter­ror­an­schlags in der jün­ge­ren Geschichte Euro­pas befasst sind. Wer weni­ger Ermitt­ler mit der Auf­klä­rung der Ter­ror­an­schläge auf die Ener­gie­infra­struk­tur Deutsch­lands und Euro­pas beauf­tragt, als mit der Ahn­dung eines Kauf­haus­dieb­stahls befasst sind, der kann kein wirk­li­ches Erkennt­nis­in­ter­esse haben. Hier schei­nen »Ermitt­lun­gen« ledig­lich geführt zu wer­den, um die wirk­li­chen Täter und ihre Hin­ter­män­ner nie benen­nen zu müs­sen.»

Bil­dung
Liebe Genos­sin­nen und Genos­sen,
das Bünd­nis «Bil­dungs­wende JETZT! » hat am ver­gan­ge­nen Sams­tag in 29 Städ­ten bun­des­weit zu Demons­tra­tio­nen auf­ge­ru­fen. In Köln waren es nach Anga­ben der Ver­an­stal­ter 3000 Men­schen. Den Auf­takt machte Hes­sen bereits am Welt­kin­der­tag (20. Sep­tem­ber) an fünf Orten. Im Auf­ruf stellt das Bünd­nis fest, dass bun­des­weit über 300.000 Erzie­he­rin­nen und Erzie­her und hun­dert­tau­sende Kita­plätze feh­len. Aktu­ell beträgt das Manko laut Ber­tels­mann-Stif­tung 384.000 Kita­plätze.
In den Schu­len wer­den 2035 über 160.000 Lehr­kräfte feh­len.
Die Kul­tus­mi­nis­ter­kon­fe­renz hat für 2035 einen Bedarf 501.420 Lehr­kräf­ten ermit­telt. Dem stehe aber nur ein Ange­bot von 477.580 neu aus­ge­bil­de­ten Lehr­kräf­ten gegen­über. Selbst nach den opti­mis­ti­schen KMK-Berech­nun­gen blie­ben also 23.840 Plan­stel­len unbe­setzt.
Aber schon bis 2025 sind nach Berech­nun­gen des Bil­dungs­for­schers Klaus Klemm vom März 2022 über alle Schul­for­men hin­weg 24.950 Leh­rer­stel­len unbe­setzt. Klemm, der im März 2022 zum künf­ti­gen Bedarf im Auf­trag des Ver­ban­des Bil­dung und Erzie­hung ein Gut­ach­ten erstellt hat, hält die Berech­nun­gen der KMK für unrea­lis­tisch. In Wirk­lich­keit würde das Ange­bot bei 374.300 lie­gen und 127.120 neu aus­ge­bil­dete Lehr­kräfte feh­len. Diese Zahl indes berück­sich­tige noch nicht den zusätz­li­chen Refom­be­darf. Die ganz­tä­gige Betreu­ung im Grund­schul­al­ter erfor­dere 19.212 wei­tere Plan­stel­len. Für den Unter­richt in inklu­siv arbei­ten­den Schu­len wären 27.638 zusätz­li­che Leh­rer ein­zu­stel­len, für Schu­len in her­aus­for­dern­den sozia­len Lagen 26.180 Stel­len.
Aber schon gegen­wär­tig steige laut Bil­dungs­bünd­nis der Man­gel an Lehr­kräf­ten und Erzie­he­rin­nen und Erzie­hern ste­tig. Er treffe auf ein ver­al­te­tes und unter­fi­nan­zier­tes Bil­dungs­sys­tem, das sozial unge­recht ist. Es müsse drin­gend umge­steu­ert wer­den. Aber wir erle­ben das genaue Gegen­teil: Die Ampel will bei der Bil­dung über eine Mil­li­arde Euro kür­zen. Auch in der Jugend­ar­beit, in der außer­schu­li­schen, der kul­tu­rel­len und der poli­ti­schen Bil­dung wird gerade mas­siv gekürzt, stellt das Bil­dungs­bünd­nis fest. Die Regie­rung plane, gleich ganze Pro­jekte in die­sem Bereich kom­plett zu strei­chen. Statt­des­sen for­dert das Bünd­nis ein Son­der­ver­mö­gen Bil­dung von min­des­tens 100 Mrd. Euro.

Kom­mu­nale Finan­zen
Liebe Genos­sin­nen und Genos­sen,
im Sep­tem­ber 2019 haben wir in Lüt­tich ein Semi­nar zur Kom­mu­nal­po­li­tik durch­ge­führt, einige Monate vor Corona. Die Welt war aber schon damals nicht in Ord­nung. Gabriele Klug, Käm­me­rin der Stadt Köln, war zwei Jahre zuvor, auf die Risi­ken des Haus­halts ein­ge­gan­gen. Sie benannte Klima, Kon­junk­tur, Kapi­tal­kos­ten, Kre­dite und Ein­hal­tung der Kon­ne­xi­tät. «Wäh­rend die Zin­sen sin­ken, wächst die glo­bale Ver­schul­dung enorm.» Die geld­po­li­ti­schen Maß­nah­men durch nied­rige Zin­sen gewähr­leis­te­ten ihrer Mei­nung nach keine dau­er­haft sta­bile Lösung der Pro­bleme. «Die Rela­tion zwi­schen Ver­schul­dung und Brut­to­in­lands­pro­dukt (BIP) ist schlecht und der abge­bil­dete durch Ver­schul­dung gewon­nene Wohl­stand fra­gil, worin ein gro­ßes Risiko für die Welt­wirt­schaft liegt.»
Nun, diese Risi­ken sind erhal­ten geblie­ben, einige haben sich zu Kata­stro­phen ent­wi­ckelt.
Die kom­mu­na­len Spit­zen­ver­bände, also Deut­scher Städ­te­tag, Deut­scher Land­kreis­tag und Deut­scher Städte- und Gemein­de­bund, gehen laut einer Pres­se­mit­tei­lung (Juli 2023) von einem Ein­bruch des kom­mu­na­len Finan­zie­rungs­sal­dos um mehr als 8 Mil­li­ar­den Euro aus. Wäh­rend 2022 noch ein leich­ter Über­schuss erzielt wurde, wird für das Jahr 2023 ein Defi­zit von 6,4 Mil­li­ar­den Euro (Kom­mu­nen in Flä­chen­staa­ten: 320,0 Mrd Euro Ein­nah­men minus 326,4 Mrd Euro Aus­ga­ben) erwar­tet. Im nächs­ten Jahr 2024 sie mit Ein­nah­men von 331,7 Mrd Euro zu rech­nen, denen Aus­ga­ben in Höhe von 341,3 Mrd Euro gegen­über­ste­hen. In den kom­men­den Jah­ren stei­gen diese Defi­zite auf Sum­men zwi­schen 8,2 und 9,6 Mil­li­ar­den Euro.
Zudem wird das Wachs­tums­chan­cen­ge­setz, wie es vom Bun­des­ka­bi­nett beschlos­sen ist, bis 2028 für über sie­ben Mil­li­ar­den Euro weni­ger Steu­er­ein­nah­men bei den Kom­mu­nen sorgen.

Arm und Reich
Dagde­len: «Wäh­rend die Beschäf­tig­ten in Deutsch­land vier Pro­zent an Real­lohn­ver­lus­ten zu erlei­den haben – die höchs­ten Ver­luste seit Ende des Zwei­ten Welt­kriegs –, explo­die­ren mit 170 Mil­li­ar­den Euro die Gewinne der Dax-Kon­zerne.»

Ukraine
Dagde­len: «Es gilt, auf einen sofor­ti­gen Waf­fen­still­stand in der Ukraine ohne Vor­be­din­gun­gen zu drän­gen. Die Frie­dens­in­itia­tive der BRICS-Staa­ten, die bald 47 Pro­zent der Welt­be­völ­ke­rung und 37 Pro­zent der Welt­wirt­schafts­leis­tung reprä­sen­tie­ren, könnte hier Vor­bild sein.»

Klaus, Mit­glie­der­ver­samm­lung der Innen­stadt­gruppe
25. Sep­tem­ber 2023


Zur Bilanz der Ampelregierung