Kund­ge­bung «Atom­kriegs­ma­nö­ver 2022 absa­gen!» vom 22.10.2022 in Nörvenich

Hei­ner Krü­ger: «Krieg geht auch von unse­rer Region aus»

«Atomkriegsmanöver 2022 absagen!» Kundgebungsteilnehmer am 22.10.22 im Schßpark Nörvenich.
Quelle: https://www.friedensgruppedueren.de/blog

«Atom­kriegs­ma­nö­ver stop­pen!» hieß es am Sams­tag, 22. Okto­ber, in Nör­ve­nich bei Düren bei einer Kund­ge­bung und Demons­tra­tion gegen das Atom­kriegs-Manö­ver «Stead­fast Noon». 150 Men­schen aus der Frie­dens­be­we­gung for­der­ten ein Ende aller Atom­kriegs-Manö­ver, den Abzug der US-Atom­bom­ben aus Deutsch­land, die Been­di­gung der nuklea­ren Teil­habe und den Bei­tritt zum Atom­waf­fen-Ver­bots­ver­trag der UNO, der 2021 in Kraft getre­ten ist.

Hierzu ver­brei­ten wir den Rede­bei­trag, den Hei­ner Krü­ger auf der Kund­ge­bung «Atom­kriegs­ma­nö­ver 2022 absa­gen!» am 22.10.2022 in Nör­ve­nich hielt.

Liebe Frie­dens­freun­din­nen, liebe Friedensfreunde,

auch im Namen der Frie­dens­grup­pe­Dü­ren begrüße ich euch recht herz­lich zu unse­rem Pro­test gegen die Atom­kriegs­übung. Ich möchte euch in mei­nem Rede­bei­trag etwas zum Mili­tär­stand­ort Nör­ve­nich, wel­cher zur Zeit an der NATO-Atom­kriegs­übung teil­nimmt, erzählen.

Die Mili­ta­ri­sie­rung hat in der Region eine lange Tradition.

Schon in der ers­ten Novem­ber­hälfte 1939 begann die Luft­waffe mit dem Bau eines gro­ßen Feld­flug­plat­zes zwi­schen Nör­ve­nich und Olle­sheim nörd­lich der heu­ti­gen Land­straße 263. Die Größe des Flug­plat­zes betrug 75 Hektar.

Zu Beginn des Jah­res 1940 lag das Sturz­kampf­ge­schwa­der 2 «Immel­mann» auf Flug­plät­zen im Wes­ten und stand dort bereit für den Krieg gegen Frank­reich. Die III. Gruppe wurde vor dem West­feld­zug am 20. Februar 1940 mit 39 Sturz­kampf­bom­bern (Stu­kas) des Typs Jun­kers Ju 87B zuerst nach Olle­sheim und dann nach Nör­ve­nich ver­legt. Ab den 10.Mai star­te­ten von hier aus bis zu 10 mal täg­lich Bom­ber zu Angriffs­flü­gen nach Wes­ten und Süd­wes­ten. Dabei wurde unter ande­rem der Raum Rot­ter­dam angegriffen.

Ende des Krieges

Am 8. Mai 1945 endete der Zweite Welt­krieg mit der bedin­gungs­lo­sen Kapi­tu­la­tion Hit­ler­deutsch­lands. Gleich­zei­tig war dies das offi­zi­elle Ende des Faschismus.

Viele Men­schen schwo­ren: Nie wie­der Faschis­mus – Nie wie­der Krieg. Doch der Mili­ta­ris­mus erhob wenige Jahre spä­ter in der BRD wie­der sein Haupt, auch gegen den Mehr­heits­wil­len sei­ner Bewohner.

Der Mili­ta­ris­mus erhebt sein Haupt

Die Pari­ser Ver­träge 1954 ermög­lich­ten der 1946 gegrün­de­ten BRD wider den Beschlüs­sen der Pots­da­mern Kon­fe­renz die Grün­dung einer zunächst 500 000 Mann star­ken Streit­macht mit Flie­gern und Flot­ten­kräf­ten. Die maß­geb­li­chen und füh­ren­den Kräfte die­ser Armee waren meist Offi­ziere der faschis­ti­schen Wehr­macht wie bei­spiels­weise Heu­sin­ger, Kamm­hu­ber, Kiel­mann­segg, de Mai­zierre, Rein­hardt, Spei­del, Traut­l­oft usw. Mit die­sen zog auch der Geist der faschis­ti­schen Wehr­macht in die Kaser­nen ein.

Nichts gelernt? Mili­ta­ri­sie­rung im Kreis Düren

Auch der Kreis Düren blieb von die­ser Ent­wick­lung nicht ver­schont wie das Bei­spiel Nör­ve­nich zeigt. Gegen den Wil­len der Mehr­heit der Ein­woh­ner der umlie­gen­den Städte und Gemein­den wurde von den Eng­län­dern Nör­ve­nich als mili­tä­ri­scher Flug­platz aus­er­ko­ren. Daran konn­ten auch Beschlüsse des Düre­ner Stadt­ra­tes und des Düre­ner Kreis­ta­ges, die sich mehr­heit­lich gegen den Mili­tär­flug­platz aus­ge­spro­chen haben, nichts ändern.

1958 bekommt Nör­ve­nich einen Kom­man­deur der faschis­ti­schen Wehrmacht

Am 20. Juni wird auf dem Flie­ger­horst Nör­ve­nich bei Düren von dem dama­li­gen Kriegs­mi­nis­ter Strauß der erste Kampf­ver­band der Bon­ner Luft­waffe in Dienst gestellt. Das Jagd­bom­ber­ge­schwa­der 31 ist mit 50 Düsen­jagd­bom­bern vom

Typ «F 84» aus­ge­rüs­tet und steht unter dem Kom­mando von Ger­hard Bark­horn, der als Offi­zier der faschis­ti­schen Luft­waffe von Hit­ler mit höchs­ten Orden aus­ge­zeich­net wurde.

Das JaboG 31 erhielt im April 1961 von Josef Kamm­hu­ber, dem dama­li­gen Gene­ral­inspek­teur der Luft­waffe, den Tra­di­ti­ons­na­men «Boelke». Damit knüpft die Bun­des­wehr direkt an die Tra­di­tion der faschis­ti­schen Wehr­macht an. Die­sen Namen bekam zum Bei­spiel der Flie­ger­horst in Lan­gen­ha­gen per Erlass von Adolf Hit­ler. Ober­leut­nant Immel­mann, Ritt­meis­ter von Richt­ho­fen und Haupt­mann Boelke hät­ten sich «unver­gäng­li­chen Ruhm» erwor­ben, daher soll­ten ihre Namen in den «Geschwa­dern der Luft­waffe fort­le­ben» so der Erlass vom 3. März 1935. Das Beolke-Geschwa­der der faschis­ti­schen Lust­waffe war unter ande­rem auch an der Zer­stö­rung der bas­ki­schen Stadt Guer­nika betei­ligt. Das Jagd­bom­ber­ge­schwa­der Nör­ve­nich trägt die­sen Namen bis heute. Auch die Allee die zum Haupt­tor des Mili­tär­flug­platz führt ist nach Boelke benannt.

Im ver­gan­ge­nem Jahr hat­ten wir die Allee sym­bo­lisch in Claude Monet Straße umbe­nannt, was lei­der nicht nach­hal­tig war. Ich meine wir soll­ten da dran bleiben.

Bei der Über­nahme durch die BRD wur­den in Nör­ve­nich zunächst die Skan­dal­f­lie­ger «Star­fig­ther» sta­tio­niert, von denen auch rund um Nör­ve­nich min­des­tens vier wegen tech­ni­scher Pro­bleme vom Him­mel fie­len. Spä­ter kamen die Tor­na­dos. Heute ist Nör­ve­nich der größte Euro­figh­ter-Stand­ort der Bun­des­wehr, ca 1000 Sol­da­ten sind hier sta­tio­niert. Die Euro­figh­ter sind der Kern der deut­schen Luft­streit­macht. Sie über­neh­men in einem Rota­ti­ons­ver­fah­ren immer wie­der das «Air-Poli­cing» in Est­land, die Luft­raum­über­wa­chung mit der die NATO an der Grenze zu Russ­land mili­tä­ri­sche Prä­senz zeigt. Immer wie­der kommt es dabei zu gefähr­li­chen Begeg­nun­gen in der Luft, eine stän­dige Eska­la­ti­ons­ge­fahr, ein Spiel mit dem Feuer.

Bis 1995 waren in einem «inne­ren Sperr­be­reich» von Nör­ve­nich ca 20 US-Atom­bom­ben sta­tio­niert, die von Flie­gern der Bun­des­wehr mit Tor­na­dos ins Ziel geflo­gen wer­den soll­ten. Nach deren Abzug, blie­ben die Bun­ker­ein­rich­tun­gen bestehen, denn Nör­ve­nich ist Aus­weich­ort für die Atom­bom­ben­flie­ger aus Büchel.

Und heute

Grund­ge­setz­wid­rig betei­ligt sich die Bun­des­re­pu­blik seit Jahre welt­weit direkt oder indi­rekt an Krie­gen. Die Bun­des­wehr ist längst, spä­tes­tens seit der Betei­li­gung am völ­ker­rechts­wid­ri­gen Krieg gegen Jugo­sla­wien, keine ter­ri­to­riale Ver­tei­di­gungs­ar­mee mehr, son­dern eine Inter­ven­ti­ons­ar­mee. Diese Fähig­keit soll durch Mil­li­ar­den Inves­ti­tio­nen in Rüs­tung, zuguns­ten der Pro­fite der deut­schen Rüs­tungs­in­dus­trie, zu Las­ten der Sozi­al­haus­halte, aus­ge­baut werden.

Krieg geht auch von unse­rer Region aus

In unse­rer Region macht sich seit län­ge­rer Zeit eine ver­stärkte Mili­ta­ri­sie­rung bemerk­bar. Fast täg­lich über­flie­gen Kampf­flug­zeuge, gestar­tet und gelan­det auf dem Mili­tär­flug­platz in Nör­ve­nich, die Stadt Düren. Hier üben auch Pilo­ten aus ande­ren Län­dern für den Krieg.

Das Nörvenicher Kriegsgerät ist für Auslandseinsätze bes­tens geeignet

Men­schen und Mate­rial aus Nör­ve­nich waren und sind welt­weit an Krie­gen betei­ligt z.B in Afgha­ni­stan, Mali, Syrien und auf dem Balkan.

Zur Zeit ist der Kriegs­flug­platz wie gesagt an der Atom­kriegs­übung Stead­fast Noon beteiligt.

Die Bun­des­re­gie­rung hält wei­ter­hin an der nuklea­ren Teil­habe fest und wei­gert sich bis­her, den Atom­waf­fen Ver­bots­ver­trag zu unter­zeich­nen, der die Ent­wick­lung, Pro­duk­tion, Test, Erwerb, Lage­rung, Trans­port, Sta­tio­nie­rung und Ein­satz von Kern­waf­fen ver­bie­tet, außer­dem die Dro­hung damit.

Im Rah­men der «nuklea­ren Teil­habe» lagern US-Atom­waf­fen auch in Deutsch­land, in Büchel, und die Bun­des­wehr stellt Sol­da­tin­nen und Sol­da­ten, sowie Tor­nado-Kampf­flug­zeuge zur Ver­fü­gung, um den Ein­satz die­ser Atom­waf­fen einzuüben.

Das Geschwa­der in Nör­ve­nich wurde bereits 1957 auf dem Flie­ger­horst Büchel auf­ge­stellt, da in die­ser Zeit der Flie­ger­horst Nör­ve­nich umge­baut wurde. Die Kriegs­flug­plätze in Büchel als Atom­waf­fen­stand­ort und Nör­ve­nich als ehe­ma­li­ger Atom­waf­fen­stand­ort, haben auch heute noch engste Beziehungen.

Nör­ve­nich ist Aus­weich­flug­platz für das Tak­ti­sche Luft­waf­fen­ge­schwa­der 33 in Büchel für den Fall das der Hei­mat­flug­platz nicht genutzt wer­den kann.

Seit 1. Juni die­sen Jah­res sind 25 Tor­na­dos mit Per­so­nal vom Atom­waf­fen­stand­ort Büchel wegen dor­ti­ger Umbau­ar­bei­ten für 4 Jahre in Nör­ve­nich sta­tio­niert um auch wei­ter­hin den Ein­satz von Atom­waf­fen zu üben.

Im Zeit­raum von 2012 bis 2016 haben sich die Flug­stun­den in Nör­ve­nich von 1961 auf 2957 erhöht. Die Kos­ten dafür dürf­ten jähr­lich, bei fast 3000 Flug­stun­den allein in Nör­ve­nich, über 2 Mil­li­ar­den Euro betra­gen. Was könnte allein von die­ser Summe in den Berei­chen Sozia­les, Gesund­heit, Bil­dung, Kul­tur usw. für die Men­schen Sinn­vol­les bewerk­stel­ligt wer­den? Auch für die Men­schen im Kreis Düren. Auf die Belas­tung von Mensch und Natur, die erheb­lich ist will ich an die­ser Stelle nur hin­wei­sen. Durch die zusätz­li­chen Tor­na­dos aus Büchel haben sich die Flug­stun­den fast verdoppelt.

Die der­zeit statt­fin­dende Atom­kriegs­übung, die noch bis Ende Okto­ber auch mit Betei­li­gung der Mili­tär­ba­sis Nör­ve­nich statt­fin­den soll ist ein Spiel mit dem Feuer denn die Gefahr eines ato­mar geführ­ten Welt­krie­ges ist so groß ist wie nie seit 1945.

Wer meint, dies alles die­nen sei­ner Sicher­heit, sollte sich nicht wun­dern, wenn es eines Tages ein böses Erwa­chen gibt, sei es durch einen Unfall , erin­nert sei an die Star­figh­ter­ab­stürze im Kreis Düren in den 60ziger und 70ziger Jah­ren, oder aber durch eine ernst­hafte krie­ge­ri­sche Aus­ein­an­der­set­zung. Mit Waf­fen­lie­fe­run­gen in die Ukraine und der Aus­bil­dung von ukrai­ni­schen Mili­tärs in der BRD ist Deutsch­land Kriegs­par­tei und bei wei­te­rer Eska­la­tion des Kriegs in der Ukraine ist der Flug­platz Nör­ve­nich sicher­lich ein zen­tra­les Angriffsziel.

Im Namen der Mensch­heit muss die­ser Ent­wick­lung, auch im Kreis Düren, Ein­halt gebo­ten wer­den, denn der nächste große Krieg hat das Poten­zial, das Leben auf der Erde aus­zu­lö­schen und diese auf Jahr­zehnte unbe­wohn­bar zu machen. Welt­weite Abrüs­tung und eine gerechte Welt­wirt­schaft sind das Gebot der Stunde, denn nur dies macht die Welt sicherer.

Des­halb:

Abrüs­ten statt Auf­rüs­ten!
Stoppt die Atom­kriegs­übung sofort!
Äch­tung der Atom­waf­fen welt­weit!
Vie­len Dank.

Hei­ner Krü­ger ist aktiv bei der Frie­dens­gruppe Düren.


Krieg geht auch von unse­rer Region aus