Soli­da­ri­scher Lebens­mit­tel­han­del in Italien

Wappen: Greif auf rotem Stern «Spazio Poplare Rudegrifo».

Spesa Soli­dale

Corona lehrt Solidarität

Der Greif ist ein mythi­sches Misch­we­sen mit dem Leib eines Löwen, dem Kopf eines Raub­vo­gels sowie Flü­geln. Ita­lie­nisch: Grifo. Er ist das Wap­pen­tier der umbri­schen Haupt­stadt Peru­gia ebenso wie ihres Fuß­ball­clubs AC Peru­gia. Wir hören, der Club sei im Mai von der drit­ten in die zweite Liga auf­ge­stie­gen (Serie B).

Seine Anhän­ger nen­nen sich Ingrifati. Es sind Linke, denen es nicht genügt, Anhän­ger ihres Ver­eins zu sein. Der soziale Über­schuss, die Bereit­schaft zu hel­fen, zeigt sich viel­fäl­tig. Als 2016 die Monti Sibil­lini durch Erd­be­ben erschüt­tert wur­den und schwere Zer­stö­run­gen mit hun­der­ten von Toten in Nor­cia, Accu­moli, Ama­trice und Arquata del Tronto anrich­te­ten, sta­pel­ten sich die Hilfs­gü­ter im Spa­zio Popolare Rude Grifo, dem Treff­punkt der Ingrifati im Vor­ort San Sisto. Von hier gin­gen viele Last­wa­gen in die Berge.

Die Ingrifati gibt es seit 1989. Ihr Emblem besteht aus einem Roten Stern und dem Kopf des Greifen.

Daniel: «Stella e Grifo ver­ste­hen sich auch in die­ser Ultra-Gruppe als rein poli­ti­sches Gesin­nungs­zei­chen, Links aus­sen ist das Mar­ken­zei­chen, mit kla­rem kom­mu­nis­ti­schen touch.»

San Sisto ist ein Arbei­ter­quar­tier. Der Anteil der­je­ni­gen, die eine feste Arbeit haben, schwin­det. Bis zu ihrem Ver­kauf an die bri­ti­sche Pent­land Group 1995 pro­du­zierte hier die Firma «Ellesse» Sport­be­klei­dung. Seit 1988 gehört die Marke Peru­gina zum Nestlé-Kon­zern, aber immer­hin kommt die Scho­ko­lade nach wie vor aus San Sisto, die belieb­ten «Baci» blei­ben so ein Pro­dukt aus Perugia.

Zwei Frauen im Lebensmittelladen.

Hier hei­ßen die Stra­ßen schon mal wohl­klin­gend nach Tomaso Albi­noni oder Gio­vanni Bat­tista Per­go­lesi. Aber roman­tisch geht es hier nicht zu.

Der Spa­zio Popolare Rude Grifo ist ein gro­ßer Kel­ler­raum. Vor­mals eine Piz­ze­ria. Die hat aber nie rich­tig funk­tio­niert. Wäh­rend der Corona-Seu­che stel­len hier die Ingrifati ein­mal in der Woche Körbe mit Lebens­mit­teln zusam­men und ver­tei­len sie. 120 bedürf­tige Fami­lien wer­den über Was­ser gehal­ten, die Lebens­mit­tel stam­men aus Geld- und Sach­spen­den. Die Lie­fe­ran­ten sind Klein­bau­ern aus der Umge­bung. Auch deren Exis­tenz wird so gesichert.

Man kennt sich vom Stadion.

Im Rude Grifo ist auch sonst Leben. Es wird gekocht, wer­den Schrift­stel­ler vor­ge­stellt und Lesun­gen ver­an­stal­tet. Kin­der fei­ern Geburts­tag oder Kar­ne­val. Linke Par­teien machen hier Wahlveranstaltungen.

Für die Ver­tei­lung der Lebens­mit­tel sorgt die Spesa Soli­dale. Klaus und seine Enke­lin Jas­mine, des Ita­lie­ni­schen mäch­tig, spre­chen mit Daniel, Mirko und Jacobo.

Daniel: «Ich bin 1995 dazu­ge­kom­men. Im Guten wie im Schlech­ten. Uns ein­mal in der Woche im Sta­dion zu sehen, war mir immer schon zu wenig. Aber nicht nur mir. Wir woll­ten eigent­lich immer mehr machen, woll­ten unsere über­schüs­sige Ener­gie für wei­tere Akti­vi­tä­ten nutzen.

Häu­fig dient Fuß­ball­fans das Vier­tel als Bezugs­punkt. Tat­säch­lich leben die meis­ten von uns hier, sind hier gebo­ren, haben Eltern und Ver­wandte hier. Die Grün­dung der Pal­es­tra Popolare, der offe­nen Trai­nings­halle, wo wir vor allem Boxen trai­nie­ren, sollte auch den weni­ger Betuch­ten sport­li­che Betä­ti­gung ermög­li­chen. Aber es ging auch um soziale Kon­takte, Ver­stän­di­gung über gemein­same Pro­bleme, um Poli­tik, über­haupt um Per­spek­ti­ven. Das funk­tio­niert, 15 Jahre nach der Grün­dung, auch heute noch. Das Ange­bot wird ange­nom­men. Die Pal­es­tra ist im Vier­tel eine feste Adresse und Anlauf­stelle. Ich trai­niere hier ein­mal in der Woche.

Am 27. Okto­ber 2008 ver­lo­ren wir unse­ren Freund Andrea, genannt Skrondo. Mirko kennt ihn noch vom Sand­kas­ten. Er hat die Gruppe mit­be­grün­det. Er starb plötz­lich in Bra­si­lien im Urlaub. Ein schwe­rer Schlag. Lan­des­weit wurde in kur­zer Frist Geld gesam­melt. So wurde das Begräb­nis in sei­ner Hei­mat mög­lich. Und es blieb noch ein Über­schuss. Das reichte, um den klei­nen Park von San Sisto frisch her­zu­rich­ten und mit Spiel­ge­rä­ten für Kin­der zu ver­se­hen. Hier tum­meln sich die Nach­barn. Der Parco dello Skrondo ist ein leben­di­ger Treff­punkt gewor­den. Seit etli­chen Jah­ren gril­len wir hier im Som­mer, bis zu 60 Men­schen aus dem Vier­tel kom­men da wöchent­lich zusammen.

Transparent: «Nessuno Timanga Solo! …».

Nicht zu ver­ges­sen: wir sind voll­kom­men unab­hän­gig, kön­nen hier machen, was wir wol­len. Wir müs­sen keine Geneh­mi­gun­gen bei der Stadt holen. Wir benö­ti­gen auch keine behörd­li­chen Papiere von der Region Umbrien. Wir ver­an­stal­ten hier Kon­zerte, gemein­sa­mes Essen, Lesun­gen, nicht zuletzt die Spesa Soli­dale fin­det hier statt, wie ihr gese­hen habt: Die Ver­tei­lung von Lebens­mit­teln für Familien.»

Mirko ist schon seit drei­ßig Jah­ren bei den Ingrifati. Auch er unter­streicht, dass sie zunächst mal eine Gruppe von Ultras sind, sie sich mit allen guten und weni­ger guten Aspek­ten im Sta­dion betä­ti­gen. Und er bekräf­tigt: « Wir konn­ten all diese Ener­gie nicht nur an einem Tag in der Woche ver­brau­chen. Und so haben wir im Laufe der Jahre lang­sam eine eigene kleine Welt auf­ge­baut, zu der auch ein Teil der Ingrifati-Gruppe gehört, die der kleinste der Ver­eine ist. 2005 zogen wir in die pal­es­tra popolare um, 2011 mach­ten wir den Park, jetzt haben wir den Platz seit etwa 3, 4 Jah­ren. Wir haben die Plätze, an denen wir alles tun kön­nen, ohne jeman­den um etwas bit­ten zu müs­sen. Dies ermög­licht es uns, diese Räume zu nut­zen, allen Jugend­li­chen die Mög­lich­keit zu geben, sie für eine Viel­zahl von Initia­ti­ven zu nut­zen, vom Trai­ning in der Halle, oder es kann ein Abend­essen, Soli­da­ri­täts­ein­käufe, Buch­prä­sen­ta­tio­nen, ein Kon­zert, alles Mög­li­che sein.

Ja, wir zah­len Miete, müs­sen nichts von der Gemeinde, der Region, von nie­man­dem erbit­ten. Wir sind völ­lig auto­nom. Und das ist mei­ner Mei­nung nach unsere Stärke; unsere eige­nen Orte zu haben, unsere eigene kleine Welt, wo wir all die Dinge tun kön­nen, die wir wollen.

Jacobo erzählt, wie es los­ging. Die Ingrifati frag­ten sich: wie kön­nen wir den Leu­ten hel­fen, die kein Geld haben. «Es durfte unter dem Coro­na­re­gime ja wirk­lich kei­ner das Haus hier ver­las­sen, nur 200 Meter im Umkreis und immer nur eine Per­son. Dann gab es aber noch den Super­markt, wo Ihr gerade eben noch ein­kau­fen wart. Der Betrei­ber ist einer von unse­ren Freun­den hier. Dann ist uns die Idee gekom­men, ihn zu fra­gen. Wenn einer wis­sen kann, wer hier im Vier­tel kein Geld hat, dann der. Als nächs­tes ver­ein­bar­ten wir: inner­halb die­ser Gruppe sam­meln wir pro Woche einen Betrag. Den haben wir ihm gege­ben. ‹Das kannst Du den Men­schen zur Ver­fü­gung stel­len›.» So ist die Spesa Soli­dale ent­stan­den. In den ers­ten Monate ging das natür­lich alles nur über Zoom und Inter­net, Tele­fon. Und ab dem 4. Mai, als sie dann zum ers­ten Mal ihre Häu­ser wie­der ver­las­sen durf­ten, hat man sich dann eben hier getrof­fen. Jetzt waren es schon mehr Stadt­vier­tel, weil sich das her­um­ge­spro­chen hatte. I quar­tieri quale erano? San Sisto, cen­tro di Peru­gia, Ponte San Gio­vanni e Via Fonti Coperte die­tro la sta­zione, insomma lì.»

Fahne: Grün, weiß, rot mit rotem Stern.

«Hier in San Sisto sind es 120 Fami­lien, die Lebens­mit­tel erhalten?»

Jacobo: «Oh, es fing mit unge­fähr 15 an.» – «Und jetzt sind’s 120, denen gehol­fen wird.»

«Genau. Und noch was. Es waren ja nicht nur die Fami­lien in Not, son­dern auch die klei­nen Pro­du­zen­ten, also die Bau­ern, die sich sag­ten, wir haben zwar Gemüse und das Mate­rial, aber wir kön­nen es nicht ver­kau­fen, weil die Wochen­märkte aus­fal­len und die Leute nicht zu uns kom­men kön­nen. Und Hilfe vom Staat? Gut, es gab eine Ein­mal­zah­lung von ein paar Hun­dert Euro, aber damit kommt eine Fami­lie nicht weit. So ist der Gedanke auf­ge­kom­men: wie kön­nen wir die klei­nen Pro­du­zen­ten dazu brin­gen, dass sie hier ihre Pro­dukte ver­kau­fen und wir sie dann an die Fami­lien weitergeben?»

«Wir habt Ihr denn den Kon­takt mit den Bau­ern her­ge­stellt?» «Es sind alles Genos­sen. Sind alles linke Fami­lien, ein­fach Freunde.» «Also, ihr kann­tet die vor­her, es war im Grunde –«

Jacobo: «Wir hat­ten schon zuvor im Rah­men der Volks­kü­che und bei Wein und Essen Gele­gen­hei­ten, uns zu verständigen.»

Daniel. «Ich fand auch span­nend, sie haben sich vor­her schon mal dar­über Gedan­ken gemacht, was sie essen. Es ging darum, für das Abend­essen nicht irgend­ei­nen Mist zu kau­fen für immer­hin 100 Leute, die hier bekocht wer­den. Wo kau­fen wir, was kau­fen wir, wel­che Gifte fal­len dabei an? So ist es gekom­men, dass sie die Bau­ern peu a peu ken­nen­ge­lernt haben. Und Jacobo hat auch von den öffent­li­chen För­der­gel­dern von der Region Umbrien gespro­chen. Das ist eben der Knack­punkt, wieso wir die Klein­bau­ern unter­stüt­zen wol­len. Denn natür­lich die gro­ßen Fir­men, die –

«…die grei­fen das ab…»

Daniel: «Ja, die haben Rechts­an­wälte und Per­so­nal, das sich aus­kennt und weiß, wie es einen Antrag for­mu­lie­ren muss, wie es an das Geld von der Region kommt. Allein dazu wurde es ein­ge­stellt. Der Klein­bauer, der ohne­hin schon 10 Stun­den am Tag auf dem Feld steht, soll dann am Lap­top seine Anträge stel­len. Der kriegt natür­lich nichts. Und die­ses Far­chioni Öl habt ihr bestimmt schon gese­hen, steht in allen Super­märk­ten. Über­all. Also, ich per­sön­lich bin auch dazu über­ge­gan­gen nur bei mei­nem Nach­barn zu kaufen.»

Drei Frauen hantieren mit Lebensmittelkörben.

Mirko: «Also die schönste Erfah­rung ist eben, dass es nicht nur darum geht, hier hast du was zu essen und dann ciao, wir sehen uns nächste Woche, son­dern dass die Leute auch wirk­lich zu den Ver­samm­lun­gen kom­men, dass die auch vor’s Rat­haus zie­hen, wenn eine Demo zu machen ist gegen Zwangs­räu­mun­gen oder gegen Arbeits­platz­ab­bau. Die Leute machen wirk­lich mit. Sie sagen nicht, wir holen uns hier die Lebens­mit­tel und der Rest inter­es­siert uns nicht. Sie sind auch immer da, wenn es heißt, orga­ni­sie­ren wir Demos oder eine Kund­ge­bung oder was. Ein Bei­piel: hier wurde mal der Stadt­park gereinigt.»

Daniel: «Quanti sac­chi di mon­dizi erano?»

Mirko: «Avranno fatto 20 o 30 per ogni parco…»

Daniel: «Sie haben 30 Müll­sä­cke voll­ge­macht, wirk­lich mit Müll, also nicht Laub oder so, son­dern wirk­lich Fla­schen, also rich­ti­ger Müll. Rich­tig geschuftet.

Ja, sie hel­fen auch. Sil­via, die ihr ges­tern ken­nen­ge­lernt habt, ist Rechts­an­wäl­tin. Sie küm­mert sich, wenn jemand zwangs­ge­räumt wird oder wenns darum geht, wie kommt der an seine Bonus­zah­lun­gen für Lebens­mit­tel oder Miete. Also, wir haben auch wirk­lich Fach­per­so­nal, das ein­grei­fen kann.»

«Meine nächste Frage betrifft den Umfang. Es wird also 120 Fami­lien gehol­fen. Wie­viele Bau­ern machen mit?

«Etwa zehn.»

«Und strahlt diese Initia­tive auch auf andere Stadt­teile aus?»

Daniel: «Doch, doch. Allein hier tref­fen sich vier Stadt­be­zirke. Und seit Kur­zem geschieht das auch im Gebiet des Tra­si­meno und in Mar­sciano. Mar­sciano ist in Südumbrien.

[Jacobo bringt Was­ser­me­lone alla Vodka]

Frage: «Gibt es über die cari­ta­ti­ven Ziele noch wei­tere, poli­ti­sche Zwecke?»

Handgeschriebene Lebensmittelliste.

Mirko: «In der Tat. Wir haben einen Fra­ge­bo­gen. Und befra­gen alle, die um Hilfe bitten.

Da geht es darum: Wie­viel arbei­test du? Wie­viel ver­dienst du? Bist du arbeits­los? Bist du gerade frei­ge­stellt? Wohnst Du zur Miete, hast du eine Eigen­tums­woh­nung? Wohnst du in einem finan­zier­ten Wohn­haus? Die case popu­lari ent­spre­chen etwa den deut­schen Sozi­al­woh­nun­gen. Im Ergeb­nis kamen ins­ge­samt so 3 bis 400 aus­ge­füllte Fra­ge­bö­gen zusam­men. Dar­aus konn­ten wir für Peru­gia schon sta­tis­tisch hand­feste Schluss­fol­ge­run­gen zie­hen. Wir erkann­ten, wo die Pro­bleme lie­gen und was gemacht wer­den muss. Damit konn­ten wir gegen­über der Stadt­po­li­tik schon Wir­bel verursachen.»

Jacobo: «Wir konn­ten auf der Grund­lage der Inter­views nicht nur den Leu­ten unmit­tel­bar hel­fen. Es ging auch darum, zu ver­ste­hen, wel­che öko­no­mi­sche und soziale Wir­kung Corona auf die Fami­lien hat. Und des­halb haben wir sol­che Fra­gen gestellt, wie: ob ihr mie­tet, ob ihr besitzt, also was die Miet­ver­hält­nisse sind, was ja auch noch­mal ein gro­ßer Unter­schied zu Deutsch­land ist. Wer im Haus­halt arbei­tet und wer nicht. Und unsere Fra­gen bezo­gen sich auch auf die Unsi­cher­heit der Zukunft. Zwar kann man im Moment nicht gefeu­ert wer­den, auch nicht geräumt wer­den. Die Woh­nung ist gegen­wär­tig noch sicher. Trotz­dem lau­tet die Frage, wie geht’s dann weiter?

Bei den Bau­ern war es ähn­lich. Im bes­ten Falle gab eine kleine Hilfe vom Staat auf der Grund­lage von Daten des vori­gen Jah­res. Die meis­ten Fami­lien hat­ten das in 3 bis 4 Wochen aus­ge­ge­ben. Dann hat­ten sie nichts mehr. Dann kamen sie zu uns.»

«Gibt es wei­tere Orga­ni­sa­tio­nen, die helfen?»

«Ja.» (hier geht es etwas durch­ein­an­der, es geht offen­bar um kleine Gewerkschaftsorganisationen.)

Jacobo: «USB. Unita Sindacale di Base10.»

«Meine letzte Frage betrifft die Per­spek­tive. Mei­ner Ein­schät­zung nach sind wir im Grunde am Anfang einer öko­no­mi­schen Krise, soll hei­ßen: die Seu­che ist im Grunde ein Aus­lö­ser für vie­les. In Deutsch­land waren die Umsätze der Auto­in­dus­trie schon unten, bevor die Pan­de­mie zuge­schla­gen hat. Im Zuge der Krise wer­den die sozia­len Pro­bleme, die ihr so wirk­sam und soli­da­risch bekämpft, noch wach­sen. Ohne, dass ich einen Vor­schlag hätte, wäre ich neu­gie­rig, wie ihr die Per­spek­tive seht, vor allem, was man gegen die Krise orga­ni­sie­ren kann?»

Mirko. «Wir sind 100% Dei­ner Mei­nung mit die­ser Ein­schät­zung der öko­no­mi­schen Krise. Ich sehe das aber als Chance, dass man hier das erste Mal geschafft hat, die Leute aus ihren Löchern zu holen. Viel­leicht sind wir jetzt wie­der beim Sta­dion. Wir sind schon immer allen mög­li­chen Repres­sio­nen aus­ge­setzt. Unser Kampf rich­tete sich von Anfang an gegen den moder­nen Fuß­ball und seine kapi­ta­lis­ti­schen Aus­wüchse. Da ging es ganz mas­siv zu. Und wie Du heute schon mal gesagt hast, dass man eben Leute lang­sam dazu bringt umzu­den­ken und zum Han­deln und dazu, einen Kampf auf­zu­neh­men. Wir füh­ren seit Jahr­zehn­ten einen Ver­tei­di­gungs­kampf um jede Minute Arbeits­zeit oder Weih­nachts­geld oder was auch immer. Und gegen­wär­tig besteht die Hoff­nung, daß die Gegen­seite sich auch mal schwach zeigt.»

Menschen im Lebensmittelladen, Körbe mit Brötchen.

Jacobo: «Er hat’s ganz schön gesagt, als er meinte: unser poli­ti­sches Bewusst­sein kommt nun ein­mal aus dem Sta­dion. Aber wir haben jetzt Leute, die in Not sind, die nicht so ein Bewusst­sein haben, aber sie kom­men zu den Tref­fen und wir schaf­fen es, ohne denen was auf­zu­drän­gen, ihre Fähig­keit zum Han­deln zu bestär­ken. Das, sagt Mirko, sei für uns eine Mög­lich­keit gewe­sen.» Er fin­det, dass sie sie auch gut genutzt haben. Aber:

«Wir haben aber keine Kris­tall­ku­gel, um in die Zukunft zu sehen.»

«Wir dan­ken herz­lich. Das war gut. Uns hat es gefreut, Euch ken­nen­zu­ler­nen. Wir haben gro­ßen Respekt vor die­ser Arbeit. Sie ist ein Kris­tal­li­sa­ti­ons­punkt, an dem wei­tere Bewe­gung anknüp­fen kann. Nicht wenige, auch unter den Lin­ken, haben nicht mehr das Ver­trauen, dass sich gegen­wär­tig viel bewe­gen lässt. Inso­fern bin ich sicher, daß Eure Tätig­keit, die zunächst mal unmit­tel­bar wirk­sam ist, viel Aus­strah­lung gewinnt. Also: Respekt!

Jas­mine Stein
Klaus Stein
21. Juni 2021


Ita­lie­ni­sche Soli­da­ri­tät, Fotos von Klaus Stein