Nazi-Über­fall auf die Elsaßstraße

Die Köl­ner DKP gedenkt des Nazi­über­falls auf die Köl­ner Elsaßstraße

Teilnehmer der Gedenkveranstaltung hören Walter zu.
Foto: Klaus Stein

Nach­dem am 30. Januar 1933 Hit­ler Reichs­kanz­ler gewor­den war, ver­lo­ren die Schlä­ger­trupps der Nazis jede Hem­mung. Fast täg­lich gab es Über­fälle auf linke Zei­tungs­re­dak­tio­nen und Par­tei­lo­kale in Köln. Am Mon­tag, 20. Februar, besetzte die Poli­zei Ver­kehrs­lo­kale und Büros der KPD in Sülz, Deutz, Mül­heim und Ehren­feld, machte Haus­su­chun­gen, beschlag­nahmte Zei­tun­gen und Broschüren.

Am Mitt­woch, 22. Februar, ernannte Innen­mi­nis­ter Her­mann Göring die SA zur Hilfs­po­li­zei. Am Abend des Rosen­mon­tag, 27. Februar, steck­ten die Nazis den Reichs­tag in Brand, beschul­dig­ten unver­züg­lich die KPD und ver­haf­te­ten noch in der der­sel­ben Nacht 10.000 Men­schen, vor­wie­gend Kom­mu­nis­ten.
Und schließ­lich mar­schierte die SA am Frei­tag, den 3. März, durch die Elsaß­straße in der Köl­ner Süd­stadt. Die Nazis konn­ten zunächst zurück­ge­schla­gen wer­den. Aber sie kamen mit Poli­zei, Pan­zer­wa­gen und Maschi­nen­ge­weh­ren zurück. Gegen 19.00 Uhr wurde das Vier­tel abge­sperrt, Woh­nun­gen durchkämmt.

Eine Gedenk­ta­fel erin­nert daran. Text:

3. März 1933. Meh­rere Wochen nach der Macht­über­nahme mar­schier­ten SA-Trupps erst­mals durch die Elsaß­straße, die als Hoch­burg der Kom­mu­nis­ten galt. Die Bewoh­ner bewar­fen die Natio­nal­so­zia­lis­ten aus den Fens­tern mit Blu­men­töp­fen, Fla­schen, Müll­ton­nen und ande­ren Gegen­stän­den. Die dama­lige Schutz­po­li­zei eröff­nete dar­auf­hin das Feuer und nahm 70 Per­so­nen fest.

Wie jedes Jahr nimmt die DKP Innen­stadt den Jah­res­tag zum Anlass für eine kleine Kund­ge­bung.
Wir ver­tei­len zuvor Flug­blät­ter, Kal­ker Genos­sen hel­fen. Wir erbit­ten Unter­schrif­ten zur Unter­stüt­zung unse­rer Bun­des­tags­kan­di­da­tur. Hal­ten uns mit Maske und Abstand an die gel­tende Coro­naschutz­ver­or­dung (Coro­naSchVO).

Wir ste­hen sogar unter ihrem Schirm. Denn § 13 (2) Coro­naSchVO gestat­tet aus­nahms­weise Ver­an­stal­tun­gen und Ver­samm­lun­gen von Par­teien. Im 2. Satz des § 13 (2) wer­den nicht ganz unmiss­ver­ständ­lich die Aus­nah­men genannt: «Ver­an­stal­tun­gen, die der Grund­ver­sor­gung der Bevöl­ke­rung, der Auf­recht­erhal­tung der öffent­li­chen Sicher­heit und Ord­nung oder der Daseins­für- und ‑vor­sorge (ins­be­son­dere Auf­stel­lungs­ver­samm­lun­gen von Par­teien zu Wah­len und Vor­be­rei­tungs­ver­samm­lun­gen dazu sowie Blut- und Kno­chen­mark­spen­de­ter­mine) zu die­nen bestimmt sind.»

Die ab 8. März gel­tende Coro­naschutz­ver­or­dung ent­hält iden­ti­sche Bestim­mun­gen.
Aber unser pas­si­ves Wahl­recht ist noch nicht gesi­chert, zumal wir für unsere Kan­di­da­tur zum Bun­des­tag noch wer­ben und Unter­stüt­zungs­un­ter­schrif­ten vor­zu­le­gen haben.
Rein­hard war von Wal­ters Gou­ache begeis­tert. Sie ver­an­schau­licht die Ereig­nisse in der Elsaß­straße. Er hatte die Idee, das kleine Bild zu ver­grö­ßern und als Sand­wich vor dem Bauch zu tra­gen. Das funk­tio­nierte, die Bil­der fie­len auf. Einige Pas­san­ten frag­ten nach dem Preis. So kam sogar noch was in die Gruppenkasse.

Wal­ter Steh­ling, unser Bun­des­tags­kan­di­dat für den Wahl­kreis Köln II, stellt sich auf einen klei­nen Podest und hält eine Anspra­che. Er erin­nert an den «bescheu­er­ten Fackel­zug, dem mas­si­ver Wider­stand der Anwoh­ner die­ser Straße ent­ge­gen­schlug. Orga­ni­sierte Arbei­ter­sport­ler, Genos­sen der Arbei­ter­par­teien, Jugend­li­che, schimp­fende Frauen stopp­ten den Umzug. Es flo­gen aller­lei Gegen­stände und unan­stän­dige Flüs­sig­kei­ten aus den Fens­tern. Die Brau­nen beka­men ordent­lich Knuuze, Schnüss­ko­che und Hau­mi­ch­blau, muss­ten wei­chen, kamen dann aber mit der Schmier und Pan­zer­wa­gen zurück. Es kam zu mas­si­ven Über­grif­fen, Augen­zeu­gen berich­te­ten über regel­rechte Hetz­jag­den durch SA und Poli­zei. Einige kamen nie mehr wie­der nach Hause. Heute gilt die­ser Akt zivi­len Unge­hor­sams als der letzte grö­ßere Wider­stand aus der Bevölkerung.»

Wal­ter zeigt Ein­schuss­lö­cher auf der Fas­sade über ihm. Sie stam­men nicht vom Krieg. Nicht die Alli­ier­ten hat­ten geschos­sen. Es war die deut­sche Poli­zei am «dret­ten dret­ten dres­sund­res­sig». Er kommt auf gegen­wär­tige Pro­bleme zu spre­chen und auf die «Quer­den­ker». Wal­ter: «Covid 19 ist keine kleine Grippe. Die Maß­nah­men gegen die Seu­che sind wich­tig. Sie müs­sen nur kon­se­quent auf Null zie­len und dau­er­haft grei­fen.» Von den bis­her 71.500 Covid-19-Toten in Deutsch­land sind allein 29.000 in Alten- und Pfle­ge­hei­men zu Tode gekom­men. Wal­ter for­dert soziale Schutz­maß­nah­men, hin­rei­chende Bereit­stel­lung von medi­zi­ni­schem Gerät und bes­sere Bezah­lung der Pfle­ge­kräfte sowie die Kom­mu­na­li­sie­rung des Gesund­heits­sys­tems. «Weg mit den Fall­pau­scha­len, keine Schlie­ßun­gen von Kliniken!»

Wir leh­nen aber auch – erst recht und aktu­ell ange­sichts der wach­sen­den Armut – Miet­erhö­hun­gen, Strom­ab­stel­lun­gen und Zwangs­räu­mun­gen ab. Im letz­ten Jahr hat es mehr als 1500 Zwangs­räu­mun­gen in Köln gege­ben. Wir wol­len sichere Unter­künfte für Obdach­lose und Geflüch­tete. Und ange­sichts der Tat­sa­che, dass im Corona-Jahr die Zahl der Mil­lio­näre und die Höhe der gro­ßen Ein­kom­men zuge­nom­men hat, stelle sich die Frage, warum eigent­lich kei­ner über eine Ver­mö­gens­ab­gabe rede.

«Die erhöhte Infek­tiö­si­tät der bri­ti­schen Vari­ante wird sich frü­her oder spä­ter in Gestalt wie­der expo­nen­ti­ell wach­sen­der Infi­zier­ten­zah­len und Todes­ra­ten durch­schla­gen. Erst recht nach der Öff­nung von Schu­len und Kitas am ver­gan­ge­nen Mon­tag. Aber von Indus­trie und Han­del geht ein star­ker poli­ti­scher Druck aus. In zwei Wochen wer­den die Kro­ko­dile dicke Trä­nen wei­nen.
Run­ter mit den Infi­zier­ten­zah­len! Unter­stützt Zero­Co­vid! Gesund­heit vor Pro­fite! Hirn vor Bauch! Erst den­ken, dann revol­tie­ren! Nie wie­der Faschis­mus! Hoch die inter­na­tio­nale Antifa!»

So endet Wal­ters Anspra­che. Aber er muss seine Rede gleich ein zwei­tes Mal hal­ten. Denn uns fällt auf, dass sie gut ist und wert, als Film­chen ins Netz gestellt zu wer­den. Erst jetzt kom­men die Han­dys zum Ein­satz. Hof­fent­lich klappt es.


Rede von Wal­ter Steh­ling, Bun­des­tags­kan­di­dat für den Wahl­kreis Köln II

Nazi-Über­fall auf die Elsaßstraße


Elsaß­str. 6. März 2021 (wei­tere Fotos)