Impf­stoff­ent­wick­lung und Profiterwartung

 Kleinkind wird geimpft.

Kampf gegen die Covid-19-Seuche

Im Kampf gegen die Covid-19-Seu­che gibt es zwei The­ra­pie­an­sätze. Heute spre­che ich über das Imp­fen. Nicht über Mit­tel zur Behand­lung von Infi­zier­ten. In diese Rubrik fiele der Behand­lungs­vor­schlag von Donald Trump, den Pati­en­ten Des­in­fek­ti­ons­mit­tel zu inji­zie­ren. Auf die Frage, ob ihm sowas Sorge bereite, ant­wor­tete Bill Gates, es sei gut, dass der Her­stel­ler des Des­in­fek­ti­ons­mit­tels Lysol gesagt habe, er wolle sei­nen Markt nicht um die­ses Ein­satz­ge­biet erwei­tern. Und davon abriet, sich das Pro­dukt zu sprit­zen (FAZ 27. April 2020).

Liebe Genos­sin­nen und Genossen,

die Imp­fung täuscht eine Infek­tion vor, damit das Immun­sys­tem eine Abwehr mit spe­zi­fi­schen Anti­kör­pern bil­det und diese gewis­ser­ma­ßen in Reserve hält. Im Falle einer neuen Infek­tion kann der Kör­per unver­züg­lich reagie­ren, so dass eine Erkran­kung ver­mie­den wird.

An einem Impf­stoff für Covid 19 arbei­ten welt­weit schon 120 Pro­jekte, sie­ben deut­sche Fir­men sind laut Ver­band der for­schen­den Pharma-Unter­neh­men (vfa) dabei.

Diese Impf­stoff­ent­wick­lung glie­dert sich in sechs Schritte.

1. Ana­lyse. Da geht es zunächst mal um das Erb­gut, das Genom des Virus. Es ist die Ribo­nu­kle­in­säure, die RNA, zu ent­schlüs­seln. Bei SARS-CoV‑2 konn­ten chi­ne­si­sche Wis­sen­schaft­ler schon am 11. Januar voll­stän­dige Sequenz­da­ten online zur Ver­fü­gung stel­len. Dafür steht übri­gens ein Open-Source-Pro­jekt zur Ver­fü­gung. Es heißt Nexts­train. Und bei­läu­fig: Wis­sen­schaft­ler des US-ame­ri­ka­ni­schen «Natio­nal Insti­tute of Health» konn­ten schon am sel­ben Tag mit For­schun­gen auf die­ser Grund­lage begin­nen (FAZ 18. Mai). Wie bei Impf­stof­fen gegen die ähn­li­chen Viren SARS und MERS kann sich die Wis­sen­schaft seit­dem auf das Spike-Pro­tein kon­zen­trie­ren, das die cha­rak­te­ris­ti­schen Stem­pel auf der Ober­flä­che der Kugeln aus­bil­det. Nun­mehr ist es mög­lich, ein pas­sen­des Spike-Gen in schon eta­blierte Impf­sys­teme einzubauen.

2. In Tier­ver­su­chen wird die Wir­kung des Impf­stoffs unter­sucht. Bei­spiels­weise kann man die­ser Phase Impf­stoff­kan­di­da­ten aus­schlie­ßen, die statt vor der Krank­heit zu schüt­zen ihren Ver­lauf ver­schlim­mern würden.

3. Es fol­gen kli­ni­sche Stu­dien, bei denen zunächst (Phase I) die Sicher­heit des Impf­stoffs am Men­schen getes­tet wird. Es sind kurz­fris­tige Neben­wir­kun­gen aus­zu­schlie­ßen. Der­ar­tige Stu­dien lau­fen schon. Die Firma Moderna tes­tet seit dem 16. März. Auch das Main­zer Unter­neh­men BioNTech hat mit ihrer Phase-I-Stu­die begonnen.

4. In Phase II/III wird kli­nisch geprüft, ob der Impf­stoff seine Auf­gabe erfüllt und tat­säch­lich schützt. Jetzt sind es Hun­derte von Men­schen, die lang­wie­ri­gen Tests unter­zo­gen wer­den. Das ist teuer. In die­ser Phase schei­tern viele Impf­stoff­kan­di­da­ten. Hier steckt auch das finan­zi­elle Risiko der Unternehmen.

5. Zulas­sung. In Deutsch­land prüft das Paul-Ehr­lich-Insti­tut in Frank­furt. Mit einer Zulas­sung eines COVID-19-Impf­stoffs wird frü­hes­tens in einem Jahr gerechnet.

6. Pro­duk­tion. Bis­her gibt es noch keine Kapa­zi­tä­ten, den rie­si­gen glo­ba­len Bedarf schnell genug herzustellen.

Unter­des­sen wird mit drei Metho­den an Impf­stoff­kan­di­da­ten geforscht.

Das ist ers­tens eine Methode, die sich für einige Grip­pe­impf­stoffe oder bei der Teta­nus­imp­fung bewährt hat. Der Impf­stoff basiert auf Viren­ei­weiß. Das Spike-Pro­tein des neuen Coro­na­vi­rus wird in der Zell­kul­tur von Bak­te­rien pro­du­ziert. Das ist die Methode Impf­stoff aus Viren­ei­weiß. Diese kon­ven­tio­nelle Methode nach dem Kon­zept Tot­impf­stoff hat die chi­ne­si­sche staat­li­che Bio­tech­firma Sino­vac in Peking in die Lage ver­setzt, die ers­ten über­prüf­ba­ren Daten der vor­kli­ni­schen Phase auf der offe­nen Publi­ka­ti­ons­platt­form «Medrxiv» zu ver­öf­fent­li­chen. Die FAZ schreibt am 27. April: Die Ame­ri­ka­ner «müs­sen jetzt erle­ben, dass China sei­nen zeit­li­chen Vor­sprung und seine nicht min­der gewal­ti­gen Geld­mit­tel im Kampf gegen das neue Virus nutzt. ‹China Sci­ence› mel­dete am Wochen­ende, dass 508 Frei­wil­lige mit einer eher klas­si­schen, Ade­no­vi­rus-basier­ten Sars-CoV-2-Vak­zine in die kli­ni­sche Phase 2 ein­ge­tre­ten seien.»

Falls die Dinge lau­fen wie geplant, werde das Ergeb­nis des kon­trol­lier­ten Expe­ri­ments noch im Mai been­det kön­nen, was aber nicht bedeute, dass ein chi­ne­si­scher Impf­stoff noch in die­sem Jahr zuge­las­sen und in grö­ße­ren Men­gen pro­du­ziert wer­den könne.

Zwei­tens wer­den soge­nannte Vek­tor­vi­ren ver­wen­det, harm­lose Viren, in deren Erb­gut das Gen für das Spike-Pro­tein des neuen Coro­na­vi­rus ein­ge­baut wird. Methode Vektorviren.

Drit­tens eine bis­her noch nicht erprobte Methode, nach der die gene­ti­sche Bau­an­lei­tung für das Spike-Pro­tein von Mus­kel­zel­len auf­ge­nom­men wird, damit sie selbst Spike-Pro­te­ine bil­den. Methode Erbsubstanz.

Gegen­wär­tig wer­den welt­weit gewal­tige For­schungs- und Pro­duk­ti­ons­ka­pa­zi­tä­ten auf­ge­baut, für die rie­sige Inves­ti­tio­nen fäl­lig sind. Es ist gewis­ser­ma­ßen eine glo­bale Anstren­gung nötig, For­schungs­vor­ha­ben zu koor­di­nie­ren und Pro­duk­ti­ons­ka­pa­zi­tä­ten bereit zu stel­len. Wir haben es mit einer gesell­schaft­li­chen Pro­duk­tion bis­her nicht gekann­ter Grö­ßen­ord­nung und Qua­li­tät zu tun, deren Ergeb­nisse aber gemäß den vor­herr­schen­den kapi­ta­lis­ti­schen Pro­duk­ti­ons- und Ver­tei­lungs­be­din­gun­gen pri­vat ange­eig­net wer­den sollen.

Und die Aus­sicht auf über­aus hohe Gewinne, zumal in einer auf uns zurol­len­den Wirt­schafts­krise, führt zu einer gewal­ti­gen und womög­lich gewalt­tä­ti­gen Kon­kurrrenz der Anbie­ter. Im Zuge die­ses Rat­ten­ren­nens droht eine Impf­stoff­ver­tei­lung je nach zah­lungs­kräf­ti­ger Nach­frage. Ganze Kon­ti­nente wür­den so von der Nut­zung der Impf­stoffe zunächst ausgeschlossen.

Unter den Fir­men, die an einem Impf­stoff for­schen, fin­det sich Cur­e­Vac aus Tübin­gen. Das ist die Firma, von der Mitte März berich­tet wurde, US-Prä­si­dent Trump habe den USA den exklu­si­ven Zugang zu einem mög­li­chen Corona-Impf­stoff zu sichern ver­sucht. Das wurde aber ver­hin­dert – laut WELT vom 16. März 2020 durch Cur­e­Vac-Eigen­tü­mer und SAP-Grün­der Diet­mar Hopp.

Eine ande­res Insti­tut ist das Main­zer Unter­neh­men BioNtech, das am 22. April zusam­men mit Pfi­zer vom Paul-Ehr­lich-Insti­tut die Geneh­mi­gung zur ers­ten deut­schen (inter­na­tio­nal der vier­ten) kli­ni­schen Stu­die erhal­ten hat. Auf der Basis der mRNA-Tech­no­lo­gie (also Methode Erb­sub­stanz) wer­den die Impf­stoff­kan­di­da­ten BNT162 unter­sucht. Das sind Boten­stoffe, die für die Kom­mu­ni­ka­tion zwi­schen den Zel­len sor­gen. In Mainz wer­den in einem ers­ten Schritt 200 Frei­wil­lige im Alter zwi­schen 18 und 55 Jah­ren getes­tet. Erste Daten könn­ten Ende Juni/Anfang Juli vor­lie­gen. Diese kli­ni­sche Phase werde zwi­schen drei und fünf Monate dau­ern. Im güns­ti­gen Fall könnte also noch in die­sem Jahr die zweite Phase mit umfäng­li­che­ren Tests begin­nen. Auch in den USA ebenso wie in China ist BioNtech an kli­ni­schen Stu­dien betei­ligt, die in Kürze star­ten sollen.

Die Welt­ge­sund­heits­or­ga­ni­sa­tion hat mitt­ler­weile zehn kli­ni­sche Stu­dien der Phase 1 und Phase 2 regis­triert. Sie fin­den in China, den USA, Eng­land und Deutsch­land statt. Das Paul-Ehr­lich-Insti­tut geht davon aus, dass Ende 2020 ein Impf­stoff zulas­sungs­reif sein dürfte. Die Euro­päi­sche Arz­nei­mit­tel Agen­tur EMA ist etwas vor­sich­ti­ger und rech­net im güns­ti­gen Fall mit einer Zulas­sung im Früh­jahr 2021.

Aber schon gegen­wär­tig wird um die Ver­tei­lung des Impf­stoffs, der noch gar nicht ent­wi­ckelt ist, gestritten.

Die gro­ßen Vier der Impfstoffbranche

Zu den gro­ßen Vier der Impf­stoff­bran­che gehört neben Pfi­zer, Merck & Co sowie Gla­x­oS­mit­h­Kline (GSK) das fran­zö­si­sche Unter­neh­men Sanofi. Pfi­zer lagert gerade Teile sei­ner Medi­ka­men­ten­pro­duk­tion bei Auf­trag­neh­mern aus, um Kapa­zi­tä­ten frei zu bekom­men. Sie wol­len einen Impf­stoff gegen den Coro­na­vi­rus in gro­ßen Men­gen her­stel­len kön­nen. Es koste 150 Mil­lio­nen Dol­lar, die Anla­gen auf die Pro­duk­tion des Corona-Impf­stof­fes vorzubereiten.

Offen­bar drängt Sanofi auf euro­päi­sche Inves­ti­ti­ons­hil­fen. Die Firma pro­vo­ziert mit dem Plan, die USA bevor­zugt zu belie­fern. Denn die USA hät­ten die Ent­wick­lung sub­ven­tio­niert. Auf diese Ankün­di­gung reagierte die EU aber zunächst mit der For­de­rung, der Zugang zu einem Impf­stoff müsse gerecht und uni­ver­sell sein (Köl­ni­sche Rund­schau 15. Mai). Und Frank­reichs Prä­si­dent Emma­nuel Macron erklärte: Ein mög­li­cher Impf­stoff gegen Covid-19 dür­fen nicht den Geset­zen des Mark­tes unter­wor­fen wer­den, son­dern müsse ein welt­wei­tes öffent­li­ches Gut sein.

Der Satz hätte von uns sein können.

Sanofi Pas­teur, die Impf­stoff-Toch­ter­ge­sell­schaft von Sanofi, hat ihren Haupt­sitz in Lyon. Mit einem Umsatz von 5,7 Mrd Euro und einer Umsatz­ren­dite von 38 Pro­zent waren die Impf­stoffe 2019 der pro­fi­ta­belste Geschäfts­be­reich (FAZ 23. April) des Sanofi-Kon­zerns. Mit 12.000 Mit­ar­bei­tern pro­du­zie­ren sie eine Mil­li­arde Dosen im Jahr.

Nach den Pro­duk­ti­ons­ka­pa­zi­tä­ten für einen Impf­stoff gegen Covid-19 gefragt, schätzt David Loew, der Chef von Sanofi Pas­teur den Bedarf auf 8 Mil­li­ar­den Dosen: «Wir sind dabei, rie­sige Inves­ti­tio­nen von meh­re­ren 100 Mil­lio­nen Euro vor­zu­neh­men. Für den Kapa­zi­täts­hoch­lauf braucht es in der Indus­trie ins­ge­samt meh­rere Mil­li­ar­den. Die ganze Indus­trie sucht der­zeit nach Abfüll- und Ver­pa­ckungs­an­la­gen. Da kön­nen Sie nicht nur ein Gebäude mit 200 Mit­ar­bei­tern haben, wir müs­sen gigan­ti­sche Volu­men durch­schleu­sen. Es fehlt auch an Sprit­zen, des­halb set­zen wir auf Ver­ab­reich­nun­gen in mul­ti­plen Dosen. Die Frage ist zudem, ob es genü­gend Roh­stoffe gibt, dar­un­ter zum Bei­spiel die Lipidna­no­par­ti­kel, die man für die Tech­no­lo­gie der Mes­sen­ger RNA braucht.»

Frage: Wie finan­zie­ren Sie das?

«Das ist der sprin­gende Punkt. Wir müs­sen jetzt die Pro­duk­tion auf­bauen, obwohl wir den Impf­stoff noch nicht haben. Wür­den wir war­ten, bis die kli­ni­schen Stu­dien fer­tig sind, dann haben wir erst 2023 oder 2024 einen Impf­stoff. Also muss die Indus­trie jetzt mit den Regie­run­gen zusam­men­ar­bei­ten. Die Euro­päi­sche Union muss die Ent­schei­dung tref­fen, wie sie die Beschleu­ni­gung der Pro­zesse unter­stüt­zen kann. Die Indus­trie kann nicht das ganze Risiko tra­gen. Wir brau­chen das Ver­spre­chen, dass gewisse Volu­men zu einem gewis­sen Preis abge­nom­men wer­den. Es muss einen Risi­ko­p­akt geben. Wir haben ja auch Aktio­näre, die sagen könn­ten, kon­zen­triert euch bes­ser auf etwas Siche­re­res. Man muss einen Mecha­nis­mus fin­den, wo ein gewis­ser Return of Invest­ment da ist. Sonst sagen alle, der andere soll es machen. Beim Kampf gegen Ebola hat sich man­cher Her­stel­ler die Fin­ger verbrannt.»

Loew beschwert sich fer­ner, daß alle mög­li­chen Uni­ver­si­tä­ten behaup­ten, bald einen Impf­stoff zu haben, dabei hät­ten sie noch nie einen Impf­stoff pro­du­ziert. Er plä­diert für eine Koor­di­na­tion in der Frage, auf wel­che fünf oder acht Pferde set­zen wir? Und schwärmt von der US-Behörde Barda (Bio­me­di­cal Advan­ced Rese­arch and Deve­lo­p­ment Aut­ho­rity), die die Indus­trie bei Ent­wick­lungs­kos­ten und Pro­duk­ti­ons­stät­ten unter­stütze, ihr aber die Patente über­lasse, wenn sie nur auf ame­ri­ka­ni­schem Boden pro­du­ziere. Auch Sanofi arbeite mit Barda zusam­men, in Europa seien gerade mal erste Kon­takte mit der Euro­päi­schen Kom­mis­sion zustande gekommen.

Auf­schluss­reich ist auch, was er zum Thema inter­na­tio­nale Span­nun­gen im Kampf um den Impf­stoff sagt: «Die Ver­ei­nig­ten Staa­ten wer­den sagen, wir haben das finan­ziert, wir brau­chen das jetzt für uns. Bei den Chi­ne­sen wird es ähn­lich sein. So kann man sich als Sze­na­rio vor­stel­len, daß die geo­po­li­ti­schen Blö­cke, die als Erste einen Impf­stoff haben, als Erste auch aus der Wirt­schafts­krise herauskommen.»

Auf die Frage: Kann man davon aus­ge­hen, daß erst mal die Indus­trie­län­der sich bei den Impf­stof­fen bedie­nen wer­den? Sagt er: «Das ist eine poli­ti­sche Frage. Wir sind dafür da, die Dosen zu pro­du­zie­ren. Doch Sie sehen, was in den Ver­ei­nig­ten Staa­ten pas­siert, wo es heißt: Ame­rica first. Dann kann auch in Europa pas­sie­ren, wo rechte Par­teien Ähn­li­ches fordern.»

Die Bun­des­re­gie­rung finan­ziert durch das Bun­des­bil­dungs­mi­nis­te­rium ein natio­na­les Pro­gramm zur Impf­stoff­ent­wick­lung im Volu­men von 750 Mil­lio­nen Euro (FAZ 12. Mai 2020). Eine Woche zuvor sagte sie auf einer inter­na­tio­na­len Geber­kon­fe­renz 525 Mil­lio­nen Euro für die­sel­ben For­schungs­zwe­cke zu. Von die­ser Summe ent­fal­len allein 230 Mil­lio­nen Euro auf die För­de­rung von Impf­stoff­ent­wick­lung der inter­na­tio­na­len Impf­stoff­al­li­anz Coali­tion für Epi­de­mic Pre­pared­nes Inno­va­tions (CEPI). Bei CEPI han­delt es sich um einen glo­ba­len Fonds für die Ent­wick­lung von Impf­stof­fen in Gestalt einer Pri­vate Public Part­ner­ship, die nach eige­nen Anga­ben Spen­den von öffent­li­chen, pri­va­ten, phil­an­thro­pi­schen und zivil­ge­sell­schaft­li­chen Orga­ni­sa­tio­nen ein­wirbt und dazu ver­wen­det, For­schungs­pro­jekte zur Ent­wick­lung von Impf­stof­fen gegen neu auf­tre­tende Infek­ti­ons­krank­hei­ten zu finan­zie­ren. Nament­lich sind das soge­nannte «Blue­print Prio­rity Dise­a­ses» der Welt­ge­sund­heits­or­ga­ni­sa­tion (WHO). Covid 19 zählt dazu. CEPI ver­spricht einen gerech­ten Zugang zu den Impfstoffen.

Das Kon­zept wurde 2016 auf dem Welt­wirt­schafts­fo­rum in Davos vor­ge­stellt. Damals stan­den Pro­bleme bei der Ent­wick­lung und Ver­brei­tung eines Impf­stoffs gegen die west­afri­ka­ni­sche Ebola-Virus-Epi­de­mie im Vor­der­grund. Mit­be­grün­der Bill Gates sagte: «Der Markt wird die­ses Pro­blem nicht lösen, da Epi­de­mien nicht sehr häu­fig auf­tre­ten.» Auf deutsch: die auf­wen­dige Impf­stoff­ent­wick­lung lohne sich nicht. Müsse folg­lich sub­ven­tio­niert wer­den, bis sie wie­der pro­fi­ta­bel ist.

Schließ­lich wurde die CEPI auf dem fol­gen­den Welt­wirt­schafts­fo­rum 2017 in Davos mit einem Etat von 460 Mil­lio­nen US-Dol­lar aus der Taufe geho­ben. Allein von der Gates-Stif­tung kamen 100 Mio Dol­lar, vom Well­come-Trust die­selbe Summe, Japan zahlte 125 Mio, Nor­we­gen 120 Mio und Deutsch­land 10,6 Mio. Geld kam zudem von der Pharmaindustrie.

Die Orga­ni­sa­tion Ärzte ohne Gren­zen war bis März 2019 im Ver­wal­tungs­rat des CEPI ver­tre­ten. Denn sie fühlte sich dem bis dahin gel­ten­den Ziel einer «medi­zi­ni­schen For­schung, die aus­schließ­lich dem öffent­li­chen Inter­esse und dem öffent­li­chen Gesund­heits­be­darf dient» ver­pf­li­chet. Aber am 5. März ver­gan­ge­nen Jah­res erklär­ten die Ärzte ohne Gren­zen: Die neue Fas­sung der «Equi­ta­ble Access Policy» stelle einen alar­mie­ren­den Rück­schritt für die Orga­ni­sa­tion dar. Sie garan­tiere nicht mehr, dass die mit­hilfe von CEPI ent­wi­ckel­ten Impf­stoffe zu einem bezahl­ba­ren Preis bereit­ge­stellt werden.

Am 26. April stellte Jens Spahn in einem Inter­view mit der Funke Medi­en­gruppe Absatz­ga­ran­tien für die Phar­ma­her­stel­ler in Aussicht.

Am ver­gan­ge­nen Frei­tag, 15. Mai 2020, stellte Donald Trump eine «Ope­ra­tion Warp Speed» vor, ein natio­na­les Pro­gramm, das die schnellst­mög­li­che Ent­wick­lung, Pro­duk­tion und Ver­tei­lung eines Impf­stof­fes ermög­li­chen soll. Die Ope­ra­tion sei eine «wis­sen­schaft­li­che, indus­tri­elle und logis­ti­sche Anstren­gung, die das Land seit dem Man­hat­tan-Pro­jekt nicht mehr gese­hen» habe. (Das Man­hat­tan-Pro­jekt war das Geheim­pro­jekt zur Ent­wick­lung der Atombombe.)

3,5 Mil­li­ar­den Dol­lar ste­hen dafür zu Ver­fü­gung. «Warp Speed» ist ein Sci­ence-Fic­tion-Begriff und bedeu­tet Über­licht­ge­schwin­dig­keit. 14 poten­ti­elle Impf­stoffe kom­men in die engere Wahl. Ihre Geneh­mi­gungs­ver­fah­ren wür­den beschleu­nigt. Vor allem könne die Mas­sen­pro­duk­tion schon begin­nen, bevor die Tests abge­schlos­sen seien. Mon­cef Slaoui, der wis­sen­schaft­li­che Lei­ter des Pro­jekts, ver­spricht, schon Ende des Jah­res einige hun­dert Mil­lio­nen Dosen ver­tei­len zu kön­nen. Im Januar wer­den es 300 Mil­lio­nen Dosen sein, dem erwar­te­ten Bedarf der USA. Dabei gibt Trump an, nicht auf Erst­be­zugs­rechte und Gewinn­mar­gen zu pochen. Auf die Frage, ob er damit rechne, dass Ame­rika berück­sich­tigt werde, sollte China zuerst den Impf­stoff ent­wi­ckeln, sagte er: «Ich würde sagen, die Ant­wort ist Ja.»

Klaus Stein, 19. Mai 2020, Refe­rat auf der Mit­glie­der­ver­samm­lung
Foto: Von Joelm­ckenn­zie, deri­va­tive work Läm­pel
Eige­nes Werk, CC BY-SA 4.0, Link