Wirt­schafts­krise und Coro­naseu­che [aktua­li­siert]

«Doctor Schnabel». Mittelalterlicher Pestarzt. 

Anlass oder
Ursa­che?

In der ver­gan­ge­nen Woche (10. März) hatte ich im Kreis­vor­stand das Ver­hält­nis von Finanz­krise und der Seu­che, die gegen­wär­tig das öffent­li­che Leben lahm­legt, untersucht.

Der Bör­sen­crash ist nicht vom Corona-Virus ver­ur­sacht wor­den. Die Seu­che ist allen­falls der Anlass. Die gegen­wär­tig mas­sen­hafte Ver­nich­tung von Kapi­tal war ange­sichts des auf­ge­bläh­ten, völ­lig hyper­tro­phen Finanz­sek­tors infolge der Über­pro­duk­ti­ons­krise lange fäl­lig und zu erwar­ten. Zuletzt habe ich Ende Sep­tem­ber ver­gan­ge­nen Jah­res auf unse­rem Lüt­ti­cher Kom­mu­nal­se­mi­nar Hin­weise auf einen bevor­ste­hen­den Crash gege­ben: «Schul­den­berg, Rezes­sion, Crash­ge­fahr und der Köl­ner Haushalt»

Welt­schul­den

Laut Insti­tute of Inter­na­tio­nal Finance (IIF) wer­den sich bis Ende des Monats 257 Bil­lio­nen Dol­lar Schul­den auf­häu­fen. Das ist die Gesamt­summe von Kre­di­ten, die Staa­ten, Unter­neh­men, Ban­ken und Pri­vat­leu­ten ins­ge­samt auf­ge­nom­men haben. Tat­säch­lich wuchs die Schul­den­summe stän­dig, gegen­wär­tig beträgt sie weit mehr als das Drei­fa­che des Brut­to­in­lands­pro­dukts der Welt. Sol­che Kre­dite sind von Gläu­bi­gern ver­ge­ben wor­den, die sich davon Gewinne ver­spro­chen haben. Sie erwar­ten Rück­zah­lung samt Zin­sen. Diese Erwar­tung erfüllt sich allen­falls im Ein­zel­fall. In der Masse nimmt die Schul­den­menge zu. Im Laufe der Jahre haben sich Finanz­bla­sen gebil­det, von denen zu erwar­ten war, dass sie aus gerin­gem und zufäl­li­gem Anlass plat­zen werden.

Als das im Herbst 2008 im Zuge der soge­nann­ten Leh­man-Krise geschah, wur­den die gro­ßen, wie Mer­kel sagte, sys­tem­re­le­van­ten Ban­ken vor dem Zusam­men­bruch mit­tels soge­nann­ter Ret­tungs­schirme bewahrt. Die Bun­des­kanz­le­rin sprach damals ange­sichts der Dimen­sion der Krise vom Abgrund. Die Über­pro­duk­ti­ons­krise hielt aber an, das Ban­ken­ret­ten wurde zu Las­ten der arbei­ten­den Men­schen ver­ste­tigt, das Finanz­sys­tem infol­ge­des­sen immer labi­ler. Schon im Kom­mu­nis­ti­schen Mani­fest heißt es: «Wodurch über­win­det die Bour­geoi­sie die Kri­sen? Einer­seits durch die erzwun­gene Ver­nich­tung einer Masse von Pro­duk­tiv­kräf­ten; ander­seits durch die Erobe­rung neuer Märkte und die gründ­li­chere Aus­beu­tung alter Märkte. Wodurch also? Dadurch, dass sie all­sei­ti­gere und gewal­ti­gere Kri­sen vor­be­rei­tet und die Mit­tel, den Kri­sen vor­zu­beu­gen, ver­min­dert.» (MEW Bd. 4, S. 468)

 
Der DAX

In der letz­ten Febru­ar­wo­che war es soweit. Die Summe der Tages­ver­luste des Dax betrug am Ende der Woche 13 %. Mit dem Kurs­sturz am Mon­tag, den 9. März, von 8% addier­ten sich die Kurs­ver­luste seit dem Hoch am 17. Februar auf 23 Pro­zent. Ges­tern kamen noch mal 5% dazu. Heute hat der Dax zwar zwei Pro­zent zuge­legt und lan­dete um 17.45 Uhr bei 8.939,10 Punk­ten. Inner­halb eines Monate rauschte er aber 13.783,89 um ‑36,58 % in die Tiefe. Das ist beispiellos.

Fall­zah­len der Corona-Seuche

Die öffent­li­che Auf­merk­sam­keit für der­ar­tige Infor­ma­tio­nen ist indes erheb­lich ein­ge­schränkt, weil wir Tag für Tag mit neuen Bewe­gungs­ein­schrän­kun­gen kon­fron­tiert wer­den. Sie wer­den mit der Not­wen­dig­keit der Seu­chen­prä­ven­tion begrün­det. Tat­säch­lich wütet das Coro­na­vi­rus immer ver­hee­ren­der. Hier die neu­es­ten Zah­len laut Robert-Koch-Insti­tut von ges­tern 15.00 Uhr:

Welt­weit ist die Zahl von 114.101 auf 167.664 gestie­gen (Dif­fe­renz: 53.563 = 47%). Die WHO hatte heute kurz vor 16.00 Uhr schon 173.344 auf ihrer Liste, davon 7.019 Tote, letzte Woche waren es knapp über 4000. In China stieg die Zahl der Kran­ken von 80.754 auf 81.003, das sind 249 = 0,3% mehr als vor einer Woche. China muß nach WHO mitt­ler­weile 3.231 Tote bekla­gen. Aber die Infek­ti­ons­kurve Chi­nas ist abge­flacht, wäh­rend die der übri­gen Welt steil ansteigt.

In Ita­lien ist die Kran­ken­zahl von 9.172 auf 24.747 gestie­gen (WHO heute 16.00 Uhr: 27.980, 2.158 Tote). Die Dif­fe­renz ist 15575 = 170%. Ins­ge­samt fällt auf Ita­lien 29% des Welt­zu­wach­ses. Bis ges­ten haben wir es in Deutsch­land mit 6.012 labor­be­stä­tig­ten Fäl­len zu tun, das sind 1.174 Fälle mehr als am Vor­tag. Die Zahl der Toten ist von 2 auf 13 gestie­gen. Vor einer Woche waren in Deutsch­land ins­ge­samt 1139 Fälle bekannt, also etwa so viel, wie zuletzt inner­halb eines Tages dazu gekom­men sind. Der Zuwachs beträgt in Deutsch­land beacht­li­che 428 %, mehr als das zwei­ein­halb­fa­che der Zuwachs­pro­zente in Ita­lien. In NRW ist die Zahl von 484 auf 1.541 (Dif­fe­renz 1057 = 218% Zuwachs), die der Toten von 2 auf 5 gestie­gen. Für den Kreis Heins­berg erhal­ten wir vom Robert-Koch-Insti­tut nur noch die knappe Infor­ma­tion, dass es meh­rere hun­dert Fälle gebe. In Köln haben wir laut Stadt­di­rek­tor Ste­phan Kel­ler (Stand 16. März, 14.00 Uhr) 296 Kranke, neun davon lie­gen im Kran­ken­haus, vier auf Inten­siv­sta­tion. Das soge­nannte Kon­takt­per­so­nen­ma­nage­ment des Gesund­heits­amts betreut (KR 17. März) zwi­schen 1000 und 1500 Men­schen. OB Hen­ri­ette Reker gehört dazu, weil sie mit Kon­takt mit jeman­den hatte, der am Sonn­tag­abend posi­tiv getes­tet wor­den ist.

Offen­bar sind die Zah­len sehr abhän­gig davon, ob und wie getes­tet wurde. Die soge­nann­ten Test-Kits sind Man­gel­ware. So sind auch die Todes­ra­ten, also das Ver­hält­nis Tote pro Infi­zier­ten sehr von der Test­lage abhän­gig. Womög­lich ist die Zahl der Kran­ken in Ita­lien sehr viel höher anzu­set­zen, weil sie man­gels Sym­pto­men nicht erkannt wer­den. Man kann davon aus­ge­hen, dass auch bei den hie­si­gen Zah­len die Rela­tio­nen sich aus die­sem Grund ver­schie­ben oder noch ver­schie­ben wer­den. Das Tücki­sche ist, die Infi­zier­ten ste­cken schon an, bevor sie selbst erkenn­bar erkrankt sind.

Sym­ptome und Behandlung

Die Behand­lung der Krank­heit muss sich auf Sym­ptome beschrän­ken. Anti­vi­rale Wirk­stoffe ste­hen nicht zur Ver­fü­gung, sie wer­den noch getes­tet. Impf­stoffe sind keine ver­füg­bar. Es wird min­des­tens ein Jahr dau­ern, bis wel­che ent­wi­ckelt sind. Aber es gibt schon eine starke Kon­kur­renz der phar­ma­zeu­ti­schen Fir­men. Wer hier die Nase vorn hat, wird viel Geld ver­die­nen. Der in Fuß­ball­sta­dien als Huren­sohn beschimpfte Hopp soll zu den Inves­to­ren zählen.

Viele Eigen­schaf­ten der Krank­heit sind momen­tan noch nicht erforscht, zum Bei­spiel der Zeit­raum der höchs­ten Anste­ckungs­ge­fahr (Infek­tio­si­tät), die Zeit­dauer, bis nach Anste­ckung bei einem Infi­zier­ten Sym­ptome erkenn­bar sind (Inku­ba­ti­ons­zeit), wie schwer die Krank­heit ver­läuft, ab wann und wie lange Erkrankte Viren aus­schei­den bzw. noch infek­tiös sind. Die Ärzte gehen davon aus, dass das Virus vor allem durch Tröpf­chen über­tra­gen wird. So blei­ben zur Vor­beu­gung nur die Beach­tung all­ge­mei­ner Hygie­ne­re­geln: häu­fi­ges Hän­de­wa­schen und Kon­takt­ver­mei­dung zu Per­so­nen mit Atemwegserkrankungen.

Mitt­ler­weile wird bestrit­ten, dass außer Fie­ber, tro­cke­nem Hus­ten und Atem­not auch Schnup­fen zu den Sym­pto­men gehöre. In Heins­berg sei die Erkennt­nis gewon­nen wor­den, dass der Geruchs- und Geschmacks­sinn beein­träch­tigt werde. Die Krank­heit schlage häu­fig auf die Lunge, könne bei schwe­ren Ver­lauf zu Lun­gen­ver­sa­gen füh­ren. Je älter die Pati­en­ten, desto erheb­li­cher die Beschwer­den, und mit dem Alter steigt die Sterb­lich­keit. Seit Dezem­ber 2019 ver­brei­tet sich die Krank­heit welt­weit und sehr schnell, so dass von einer Pan­de­mie gespro­chen wer­den muss. Jeden­falls erhö­hen sich die Kran­ken­zah­len exponentiell.

Das Robert-Koch-Insti­tut

Als Bun­des­be­hörde ist das Robert Koch-Insti­tut (RKI) in Ber­lin-Wed­ding zustän­dig. Das RKI ist direkt dem Bun­des­mi­nis­te­rium für Gesund­heit unter­stellt. Seine ein­schlä­gi­gen Auf­ga­ben wer­den im Infek­ti­ons­schutz­ge­setz genannt, das seit 2001 gilt. Zweck des Geset­zes ist es, über­trag­ba­ren Krank­hei­ten vor­zu­beu­gen, Infek­tio­nen früh­zei­tig zu erken­nen und ihre Wei­ter­ver­brei­tung zu ver­hin­dern. Zur Gefah­ren­ab­wehr kön­nen Grund­rechte ein­ge­schränkt wer­den. Aus­drück­lich genannt wer­den das Recht auf kör­per­li­che Unver­sehrt­heit, die Frei­heit der Per­son, die Ver­samm­lungs­frei­heit, das Brief- und Post­ge­heim­nis, die Frei­zü­gig­keit sowie das Grund­recht der Unver­letz­lich­keit der Woh­nung. Außer­dem kann die beruf­li­che Tätig­keit unter­sagt wer­den. Das Gesetz gilt in sei­ner letz­ten Fas­sung vom Juli 2017.

Kri­sen­stab

Am 27. Februar bil­de­ten die Bun­des­mi­nis­te­rien für Inne­res und für Gesund­heit einen Kri­sen­stab. Die Feder­füh­rung haben Tho­mas Stef­fen, Staats­se­kre­tär im BMG, und Hel­mut Teich­mann, Staats­se­kre­tär im BMI. Wir fin­den unter den Mit­glie­dern des Seu­chen-Kri­sen­stabs den Gene­ral­leut­nant Bernd Schütt, Abtei­lungs­lei­ter im Bun­des­ver­tei­di­gungs­mi­nis­te­rium. Zudem wurde am 3. März im Bun­des­ge­sund­heits­mi­nis­te­rium eine neue Abtei­lung «Gesund­heits­schutz, Gesund­heits­si­cher­heit, Nach­hal­tig­keit» ein­ge­rich­tet. Ihr Lei­ter ist ein hoch­ran­gi­ger Offi­zier der Bun­des­wehr, Gene­ral­arzt Dr. Hans-Ulrich Hol­therm. Damit gewinnt die Gesund­heits­vor­sorge eine mili­tä­ri­sche Kom­po­nente. Man muss unter­stel­len, dass die Auf­merk­sam­keit von Kri­sen­stab und neuer Abtei­lung im BMG neben der Sicher­heit für unsere Gesund­heit der Siche­rung von Herr­schaft gilt. Offen­bar rech­nen die Her­ren ange­sichts man­gel­haf­ter Seu­chen­prä­ven­tion mit sozia­len Unru­hen, die sie zum Ein­satz der Bun­des­wehr im Inne­ren ver­an­las­sen könnten.

Con­tain­ment, Pro­tec­tion, Mitigation

Die Maß­nah­men des RKI gegen die Aus­brei­tung der Seu­che fol­gen in drei Schritten:

Zunächst Ein­däm­mung, eng­lisch: Con­tain­ment. Dabei sol­len ein­zelne Infek­tio­nen so früh wie mög­lich erkannt wer­den, um die wei­tere Aus­brei­tung des Virus zu ver­hin­dern. Dazu müs­sen Infek­ti­ons­ket­ten unter­bro­chen wer­den. Kon­takt­per­so­nen sol­len lücken­los iden­ti­fi­ziert und für 14 Tage in häus­li­cher Qua­ran­täne unter­ge­bracht wer­den. In die­sen Zeit­raum kon­tak­tiert das ört­li­che Gesund­heits­amt den Betrof­fe­nen täg­lich und han­delt, sobald Sym­ptome auf­tre­ten. Allein diese Maß­nah­men wer­den schon lücken­haft umge­setzt. In die­ser Phase soll aber die Aus­brei­tung des Virus in der Bevöl­ke­rung ver­zö­gert werden.

Falls das nicht funk­tio­niert, also mehr Infi­zierte vor­kom­men, als auf bekannte Fälle zurück­ge­führt wer­den kön­nen, kon­zen­trie­ren sich die Maß­nah­men auf den Schutz von Risi­ko­grup­pen. Eng­lisch: Pro­tec­tion. Wenn auch das ange­sichts der Wucht der Seu­che nicht mehr mög­lich erscheint, geht es im drit­ten Schritt nur noch um die Min­de­rung wei­te­rer Fol­gen. Eng­lisch: Miti­ga­tion. Ins­ge­samt aber kann das alles nicht als Stra­te­gie zur Bekämp­fung der Seu­che bezeich­net werde. Es ist allen­falls ein Sze­na­rio für einen geord­ne­ten Rückzug.

Der Pan­de­mie­plan

Der Para­graph 20 des Infek­ti­ons­schutz­ge­set­zes (IfSG) geht davon aus, dass geimpft wird. Er regelt Schutz­imp­fun­gen sowie deren Bezah­lung. Auf die­ser Grund­lage erör­tert der Natio­nale Pan­de­mie­plan vom 2. März 2017 in Kapi­tel 6 und 7 aus­führ­lich das Vor­hal­ten und die Finan­zie­rung von Impf­stoff. Aber im Falle des Coro­na­vi­rus gibt es den noch nicht. So kann er weder vor­ge­hal­ten wer­den, noch irgend­ein Phar­ma­kon­zern damit viel Geld verdienen.

Mas­sen­ver­an­stal­tun­gen

Der oben genannte Kri­sen­stab von BMG und BMI hat gleich zu Beginn sei­ner Tätig­keit Prin­zi­pien zur Risi­ko­be­wer­tung von Groß­ver­an­stal­tun­gen beschlos­sen. Zunächst wur­den Mes­sen und andere Publi­kums­ver­an­stal­tun­gen abge­sagt. Mitt­ler­weile erstre­cken sich die Ver­bote mit der Maß­gabe Ver­mei­dung sozia­ler Kon­takte auf den gesam­ten Frei­zeit­be­reich außer Haus. Wir dür­fen noch arbei­ten, ein­kau­fen und uns in der Woh­nung auf­hal­ten. Selbst unser Tref­fen hier ist nach Maß­gabe einer städ­ti­schen Ver­fü­gung womög­lich illegal.

All­ge­mein­ver­fü­gung der Stadt Köln vom 14.03.2020

Gemäß §§ 16 Abs. 1 Satz 1, 28 Abs. 1 Satz 2 des Geset­zes zur Ver­hü­tung und Bekämp­fung von Infek­ti­ons­krank­hei­ten beim Men­schen (Infek­ti­ons­schutz­ge­setz – IfSG) wird zur Ver­hü­tung der Wei­ter­ver­brei­tung von SARS-CoV‑2 Virus-Infek­tio­nen fol­gende All­ge­mein­ver­fü­gung angeordnet:

1. Jeg­li­che Ver­an­stal­tung im Köl­ner Stadt­ge­biet ist bis ein­schließ­lich 10.04.2020 unter­sagt. Das Ver­bot gilt auch für Got­tes­dienste und sons­tige Ver­an­stal­tun­gen von Reli­gi­ons­ge­mein­schaf­ten. Aus­ge­nom­men von die­sem Ver­bot sind nur sol­che Ver­an­stal­tun­gen, die aus Grün­den über­wie­gen­den öffent­li­chen Inter­es­sen not­wen­dig sind, ins­be­son­dere sol­che, die der Auf­recht­erhal­tung der öffent­li­chen Sicher­heit und Ord­nung oder der Daseins­für­sorge und ‑vor­sorge zu die­nen bestimmt sind. Dazu gehö­ren bei­spiels­weise Wochen­märkte, die der Nah­ver­sor­gung der Bevöl­ke­rung dienen.

2. Eben­falls bis ein­schließ­lich 10.04.2020 sind in Anleh­nung an die Rege­lun­gen des Fei­er­tags­ge­set­zes NRW für stille Fei­er­tage musi­ka­li­sche und sons­tige unter­hal­tende Dar­bie­tun­gen jeder Art in Gast­stät­ten und in Neben­räu­men mit Schank­be­trieb (ins­be­son­dere Dis­ko­the­ken, Clubs und Bars) sowie alle ande­ren der Unter­hal­tung die­nen­den öffent­li­chen Ver­an­stal­tun­gen ein­schließ­lich Tanz unter­sagt. Von dem Ver­bot umfasst sind auch Thea­ter- und musi­ka­li­sche Auf­füh­run­gen, Film­vor­füh­run­gen und Vor­träge jeg­li­cher Art, der Betrieb von Spiel­hal­len und ähn­li­chen Unter­neh­men sowie die gewerb­li­che Annahme von Wetten.

Tat­säch­lich kon­kur­riert diese Ver­fü­gung mit der Not­wen­dig­keit, uns auf die Kom­mu­nal­wah­len vor­zu­be­rei­ten. Wenn wir uns am kom­men­den Sams­tag nicht zu einer Kreis­mit­glie­der­ver­samm­lung tref­fen, wer­den wir kei­nen gül­ti­gen Beschluss zur Kom­mu­nal­wahl am 13. Sep­tem­ber fas­sen kön­nen. Uns wäre die Mög­lich­keit der Teil­nahme ver­wehrt. Ähn­lich sieht es auch die Rats­gruppe Gut, die eben­falls Unter­stüt­zungs­un­ter­schrif­ten bei­brin­gen muss. Sie bean­tragt eine Ver­schie­bung der Wah­len. Ich gehe mal davon aus, dass die­ser Antrag gute Chan­cen hat. Aber auch wir soll­ten nach­fra­gen, um den Druck zu erhöhen.

Kapa­zi­täts­gren­zen des Gesundheitswesens

Der Viro­loge und Epi­de­mio­loge Pro­fes­sor Chris­tian Dros­ten erwar­tet hohe Infek­ti­ons­zah­len. Er sagt: «Es wer­den sich wahr­schein­lich 60 bis 70 Pro­zent infi­zie­ren.» Um unser Gesund­heits­sys­tem nicht zu über­for­dern, soll der Seu­chen­ver­lauf nach Mög­lich­keit zeit­lich gestreckt wer­den. Aber unsere Kran­ken­häu­ser sind häu­fig pri­va­ti­siert, das Per­so­nal aus­ge­dünnt und die Ver­wal­tun­gen durch Fall­pau­scha­len auf Ren­dite getrimmt.

Die Genos­sin Monika Münch-Stein­buch schreibt in der UZ-Aus­gabe der ver­gan­ge­nen Woche (13. März): «Bereits jetzt las­sen sich die vor­ge­schrie­be­nen Iso­lie­rungs­maß­nah­men bei Influ­enza kaum umset­zen, weder per­so­nell noch räum­lich. Wie soll das erst bei so einem hoch­in­fek­tiö­sen Coro­na­vi­rus gelin­gen? 17.000 Voll­zeit­pfle­ge­stel­len sind der­zeit unbe­setzt, etwa 100.000 feh­len sowieso, ein Drit­tel der Inten­siv­bet­ten musste im letz­ten Jahr vor­über­ge­hend gesperrt wer­den, ganze Kran­ken­häu­ser müs­sen wegen man­geln­der Finan­zie­rung über die Fall­pau­scha­len schlie­ßen.» Sie zitiert Pro­fes­sor Tho­mas Busse von der Uni Frank­furt. «Wir haben schon seit Jah­ren ein unkon­trol­lier­tes Kli­nik­ster­ben. Aktu­ell ver­sucht der Gesetz­ge­ber ledig­lich, den Kran­ken­haus­markt über den Hebel der Finan­zie­rung und ins­be­son­dere die Qua­li­täts­si­che­rung aus­zu­dün­nen. Dem Markt die Bereit­stel­lung von Kran­ken­häu­sern zu über­las­sen, wird uns schließ­lich schreck­lich auf die Füße fallen.»

Modi-SARS

Die Bun­des­re­gie­rung lässt regel­mä­ßig durch das Bun­des­amt für Bevöl­ke­rungs­schutz und Kata­stro­phen­hilfe (BBK) unter­schied­li­che Risi­ken untersuchen.

Tat­säch­lich ist zum Risiko durch den Virus SARS-CoV‑2 schon im Jahr 2012 geforscht wor­den. Die ent­spre­chende Risi­ko­ana­lyse wurde vor sie­ben Jah­ren, am 3. Januar 2013, dem Bun­des­tag zuge­lei­tet.
«Bericht zur Risi­ko­ana­lyse im Bevöl­ke­rungs­schutz 2012»

Es ging sei­ner­zeit um einen fik­ti­ven Virus, die Risi­ko­ana­lyse hatte den Titel: «Pan­de­mie durch Virus Modi-SARS». Dem Sze­na­rio (ab S. 57) ist der hypo­the­ti­sche Erre­ger «Modi-SARS» zu Grunde gelegt. Seine Eigen­schaf­ten sind sehr eng an das SARS-Virus ange­lehnt. In der Ein­lei­tung heißt es wei­ter: Die Ver­gan­gen­heit habe gezeigt, dass Erre­ger mit neu­ar­ti­gen Eigen­schaf­ten, die ein schwer­wie­gen­des Seu­che­n­er­eig­nis aus­lö­sen, plötz­lich auf­tre­ten kön­nen. Ein aktu­el­les Bei­spiel für einen neu auf­tre­ten­den Erre­ger sei ein Coro­na­vi­rus («novel Coro­na­vi­rus»), wel­ches nicht eng mit SARS-CoV ver­wandt ist.

Ein­lei­tend wird zudem mit­ge­teilt, dass außer­ge­wöhn­li­ches Seu­chen­ge­sche­hen natür­li­che Ursa­chen haben könne, z. B.: Pan­de­mien mit Varia­tio­nen von bekann­ten Erre­gern (Influ­enza-Pan­de­mie) oder das Auf­tre­ten neu­ar­ti­ger Krank­heits­er­re­ger (Schwe­res Aku­tes Respi­ra­to­ri­sches Syn­drom, SARS) . In Aus­nah­me­fäl­len könn­ten Seu­chen­ge­sche­hen aber auch auf akzi­den­telle (zufäl­lige) oder inten­tio­nale (beab­sich­tigte) Frei­set­zung zurück­ge­hen, z. B.: akzi­den­telle Frei­set­zung bei­spiels­weise durch einen Labor­un­fall, wie bei ein­zel­nen Fäl­len nach der SARS-Pan­de­mie oder die H1N1-Influ­enza 1977, die soge­nannte «Rus­si­sche Grippe», die ver­mut­lich Folge einer Labor­frei­set­zung war. Inten­tio­nale Frei­set­zung im Bereich der Lebens­mit­teler­pres­sung oder auch mit bio­ter­ro­ris­ti­schem Hin­ter­grund (bekann­tes­tes Bei­spiel sind hier die «Anthrax-Briefe» in den USA 2001).

Dann wird das Ereig­nis beschrie­ben. Wört­lich: «Das hypo­the­ti­sche Modi-SARS-Virus ist mit dem natür­li­chen SARS-CoV in fast allen Eigen­schaf­ten iden­tisch. Die Inku­ba­ti­ons­zeit, also die Zeit von der Über­tra­gung des Virus auf einen Men­schen bis zu den ers­ten Sym­pto­men der Erkran­kung, beträgt meist drei bis fünf Tage, kann sich aber in einem Zeit­raum von zwei bis 14 Tagen bewe­gen. Fast alle Infi­zier­ten erkran­ken auch. Die Sym­ptome sind Fie­ber und tro­cke­ner Hus­ten, die Mehr­zahl der Pati­en­ten hat Atem­not, in Rönt­gen­auf­nah­men sicht­bare Ver­än­de­run­gen in der Lunge, Schüt­tel­frost, Übel­keit und Mus­kel­schmer­zen. Eben­falls auf­tre­ten kön­nen Durch­fall, Kopf­schmer­zen, Exan­them (Aus­schlag), Schwin­del­ge­fühl, Krämpfe und Appe­tit­lo­sig­keit. Die Leta­li­tät 1 ist mit 10% der Erkrank­ten hoch, jedoch in ver­schie­de­nen Alters­grup­pen unter­schied­lich stark aus­ge­prägt. Kin­der und Jugend­li­che haben in der Regel leich­tere Krank­heits­ver­läufe mit Leta­li­tät von rund 1%, wäh­rend die Leta­li­tät bei über 65-Jäh­ri­gen bei 50% liegt.»

Wei­ter heißt es zu Dauer und Verlauf :

Wie lange dau­ern das Ereig­nis und/oder seine direk­ten Aus­wir­kun­gen an? Es ist so lange mit Neu­erkran­kun­gen zu rech­nen, bis ein Impf­stoff ver­füg­bar ist. Für das vor­lie­gende Sze­na­rio wird ein Gesamt­zeit­raum von drei Jah­ren zugrunde gelegt mit der Annahme, dass nach die­ser Zeit ein Impf­stoff ent­wi­ckelt, frei­ge­ge­ben und in aus­rei­chen­der Menge ver­füg­bar ist. Der Erre­ger ver­än­dert sich im Ver­lauf der drei Jahre durch Muta­tio­nen so, dass auch Per­so­nen, die eine Infek­tion bereits durch­lebt haben, wie­der anfäl­lig für eine Infek­tion wer­den. Hier­durch kommt es ins­ge­samt zu drei Erkran­kungs­wel­len unter­schied­li­cher Intensität.

Wie ver­läuft das Ereignis?

Aus­ge­hend von den zuerst auf­tre­ten­den Fäl­len in Nord- und Süd­deutsch­land brei­tet sich die Pan­de­mie in Wel­len mit anstei­gen­den Zah­len aus. Grund­sätz­lich ist vor allem in Bal­lungs­räu­men auf­grund der hohen Bevöl­ke­rungs­dichte und der Bewe­gungs­mus­ter (hohe Mobi­li­tät, Nut­zung von Mas­sen­ver­kehrs­mit­teln usw.) mit ent­spre­chend höhe­ren Erkran­kungs­zah­len zu rechnen.

Es wird ange­nom­men, dass jeder Infi­zierte im Durch­schnitt drei Per­so­nen infi­ziert und es jeweils drei Tage dau­ert, bis es zur nächs­ten Über­tra­gung kommt.

Tat­säch­lich frap­piert die sie­ben Jahre alte Risi­ko­ana­lyse durch ihre Ähn­lich­keit mit dem gegen­wär­ti­gen Gesche­hen. Ein Unter­schied ist: Der fik­tive Virus Modi-Sars ver­ur­sacht eine höhere Leta­li­tät, näm­lich 10% der Erkrank­ten, in ver­schie­de­nen Alters­grup­pen unter­schied­lich stark. Ein ande­rer Unter­schied: Das zeit­glei­che Auf­tra­ten eines Bör­sen­crashs. Daran hat­ten sie sei­ner­zeit wohl nicht gedacht.

Der Coro­na­vi­rus ist nicht Ver­ur­sa­cher,
allen­falls Aus­lö­ser des Crashs.

Das lässt sich erken­nen, wenn man sich die Ent­wick­lung ein­zel­ner Bran­chen ansieht. Über­pro­por­tio­nal hat­ten schon am 9. März die Auto­kon­zerne ver­lo­ren, die schon weit vor dem Aus­bruch der Corona-Seu­che kri­sel­ten. Selbst der Hin­weis auf eine Unter­brech­nung von Lie­fer­ket­ten scheint mir eine Aus­rede. Daim­ler ‑13,44 %, VW ‑10,52 %, BMW ‑10,84 %, Ford – 10,53 %. (Zah­len vom 10. März)

Auch die Ban­ken, die heute wie­der etwas auf­ge­holt haben, waren schon in der ver­gan­ge­nen Woche beson­ders betrof­fen. Der Kurs der Deut­schen Bank sackte um ‑13,61 % ab, der der Com­merz­bank um ‑15,44 %. Ähn­lich sieht es bei ande­ren euro­päi­schen Ban­ken aus. Allen­falls bei den Ver­lus­ten des Kon­zert­kar­ten­ver­käu­fers CTS Even­tim dürfte der Coro­na­vi­rus als Ver­ur­sa­cher gel­ten. Er ver­lor am 9. März ‑5,51 %.

Regie­rungs­maß­nah­men

Der Koali­ti­ons­aus­schuss hat am 9. März etli­che Hil­fen für die ange­schla­ge­nen Kon­zerne beschlos­sen. Zunächst sol­len die Betriebe leich­ter in den Genuss von Kurz­ar­bei­ter­geld kom­men, das bekannt­lich die Arbei­ter und Ange­stell­ten aus ihrer Arbeits­lo­sen­ver­si­che­rung zu beglei­chen haben. Kurz­ar­bei­tende Betriebe wer­den zudem von den Sozi­al­ab­ga­ben des Kurz­ar­bei­ter­gelds befreit, so dass auch die künf­tig von Nürn­berg bezahlt wer­den. Auf die Weise wird der Arbei­ter­klasse das Rezes­si­ons­ri­siko aufgebürdet.

Ver­spro­chen hat der Koali­ti­ons­aus­schuss außer­dem ein schma­les Kon­junk­tur­pro­gramm von ins­ge­samt 43 Mil­li­ar­den Euro über drei Jahre. Es soll im Anschluss ver­län­gert wer­den, um schließ­lich die Summe von 70 Mil­li­ar­den zu errei­chen. Ich ver­mute mal, dass dann der Coro­na­vi­rus schon lange ver­ges­sen sein wird.

Dis­ku­tiert wurde auch, die Abschaf­fung des Soli­da­ri­täts­zu­schlags vor­zu­zie­hen. Aber beschlos­sen wurde das nicht. Aller­dings soll die Gewer­be­steuer ver­rech­net wer­den. Das geht zu Las­ten der Kom­mu­nen. Aber fragt mich nicht nach Einzelheiten.

Am Frei­tag, den 13. März, leg­ten Alt­maier und Scholz noch mal nach. Zur Siche­rung deut­scher Kon­zerne werde im Bun­des­haus­halt ein Garan­tie­rah­men von 460 Mrd Euro zur Ver­fü­gung gestellt, auch eine Reserve über 93 Mrd vor­ge­se­hen. «Wir wer­den ein Mil­li­ar­den-Schutz­schild für Betriebe und Unter­neh­men auf­stel­len. Das Volu­men die­ser Maß­nah­men wird nicht begrenzt sein» heißt es in der Pressemitteilung.

Liqui­däts­hil­fen für Unter­neh­men wür­den aus­ge­wei­tet, um den Zugang zu güns­ti­gen Kre­di­ten bei der KfW-Bank zu erleichtern.

Ban­ken in gesell­schaft­li­ches Eigentum!

Das alles ist für einige Unter­neh­men schön, die Über­pro­duk­ti­ons­krise wird damit aber nicht bewäl­tigt. Ver­mut­lich wird noch nicht ein­mal die gegen­wär­tig anhal­tende Kapi­tal­ver­nich­tung gestoppt. Tat­säch­lich hatte die US-ame­ri­ka­ni­sche FED am 9. März ein Ban­ken­ret­tungs­pro­gramm auf­ge­legt, nach­dem die Zins­sen­kung in der ver­gan­ge­nen Woche nicht die gewünschte Wir­kung gezeigt hat. Es folgte noch eine Latte von Maß­nah­men. Am Sonn­tag hat die FED noch ein­mal den Leit­zins gesenkt: auf null bis 0,25 Pro­zent. Und wei­tere Mil­li­ar­den für Ban­ken geneh­migt, nach­dem in der ver­gan­gen Woche schon 1,5 Bil­lio­nen Dol­lar in den Finanz­markt gepumpt wor­den sind. Der IWF stellte ges­tern eine Bil­lion US-Dol­lar parat.

Wir aber soll­ten for­dern, dass die Bil­lio­nen­kre­dite mit Eigen­tums­for­de­run­gen ver­knüpft wer­den. Groß­kon­zerne und Ban­ken gehö­ren in öffent­li­che Hand!

Klaus, 17. März 2020

Kolo­rier­ter Kup­fer­stich eines Pest­dok­tors von Paul Fürst,
Der Doc­tor Schna­bel von Rom, ca. 1656
Von I. Colum­bina, ad vivum delinea­vit. Pau­lus Fürst Excud〈i〉t. – 1. Johan­nes Ebert and others, Euro­pas Sprung in die Neu­zeit, Die große Chro­nik-Welt­ge­schichte, 10 (Güters­loh: Wis­sen Media, 2008), p. 197. https://books.google.co.uk/books?id=3DVH8dVGkX0C&pg=PA1972. Super­stock: Dr. Schna­bel of Rome, a Pla­gue Doc­tor in 1656 Paul Fuerst Cop­per engra­ving (Stock Photo 1443–1112), Gemein­frei, Link