Ham­burg: Dia­lek­tik & Materialismus

Dia­lek­tik & Materialismus

 Vortragender vor Projektionswand.

In Ham­burg gibt es einen inter­es­san­ten «Gesprächs­kreis Dia­lek­tik & Mate­ria­lis­mus». Am Sams­tag, den 15. Sep­tem­ber, war Prof. Kurt Bay­ertz ein­ge­la­den. Bay­ertz hat pünkt­lich zum Mar­x­jahr unter dem Titel «Inter­pre­tie­ren um zu ver­än­dern, Karl Marx und seine Phi­lo­so­phie» (Beck, Mün­chen 2018) über Marx› phi­lo­so­phi­sche Vor­aus­set­zun­gen sei­ner öko­no­mi­schen Theo­rie geschrie­ben. Bay­ertz bezieht sich vor allem auf das berühmte Vor­wort zur Kri­tik der poli­ti­schen Öko­no­mie und unter­sucht den Satz «in der gesell­schaft­li­chen Pro­duk­tion ihres Lebens gehen die Men­schen bestimmte, not­wen­dige, von ihrem Wil­len unab­hän­gige Ver­hält­nisse ein, Produktionsverhältnisse».

Diese These fasst er als rela­tio­nale Sozi­al­on­to­lo­gie. Denn laut Marx bestehe die Gesell­schaft nicht aus Indi­vi­duen, son­dern drü­cke die Summe der Bezie­hun­gen, Ver­hält­nisse aus, worin diese Indi­vi­duen zuein­an­der ste­hen. Das ken­nen wir schon aus der Kri­tik an Feu­er­bach. «Feu­er­bach löst das reli­giöse Wesen in das mensch­li­che Wesen auf. Aber das mensch­li­che Wesen ist kein dem ein­zel­nen Indi­vi­duum inwoh­nen­des Abs­trak­tum. In sei­ner Wirk­lich­keit ist es das ensem­ble der gesell­schaft­li­chen Ver­hält­nisse.» (6. Feuerbachthese)

Prof. Bay­ertz› Vor­trag hatte den Titel «Mate­ria­lis­mus bei Marx». Der Phi­lo­so­phie­leh­rer ver­sprach zu zei­gen, dass die Mate­rie bei Marx nicht ver­schwinde, aber auf eine unge­wöhn­li­che Weise bestimmt werde.

Die Marx­sche Theo­rie könne als eine Meta­phy­sik des Sozia­len auf­ge­fasst wer­den, die sich von allen vor­an­ge­gan­ge­nen (und heute kur­sie­ren­den) Ver­sio­nen von Mate­ria­lis­mus deut­lich unter­scheide. Damit soll zugleich plau­si­bel gemacht wer­den, dass es sich bei ihr um ein genuin phi­lo­so­phi­sches Kon­zept handelt.

Uns schien hier das Pro­blem des mecha­nis­ti­schen Begriffs von Mate­rie auf. Jeden­falls waren einige Genos­sen der Köl­ner DKP Innen­stadt­gruppe sehr inter­es­siert und fuh­ren nach Hamburg.

Her­mann Kopp, Vor­sit­zen­der der Marx-Engels-Stif­tung, lei­tete zunächst die Ver­an­stal­tung. Der erste Teil war mit «Rela­tio­nen» betitelt.

Schon im Vor­feld die­ses Semi­nars hatte es eine Viel­falt von Mei­nungs­äu­ße­run­gen gege­ben, die einen frucht­ba­ren Mei­nungs­streit erwar­ten lie­ßen. Es zeigte sich indes, dass Bay­ertz weit­ge­hend über­zeugte, so dass es zumeist Nach­fra­gen wur­den, die er zu beant­wor­ten hatte. Am Ende ging es noch um den Begriff der Pro­duk­tiv­kräfte und ihre his­to­ri­sche und revo­lu­tio­näre Rolle. Da mochte die Behaup­tung – und alle­mal in die­sem Kreise – pro­vo­zie­ren, dass die Arbei­ter­klasse Marx und Engels immer ent­täuscht habe.

Her­mann Kopp, der in Düs­sel­dorf wohnt, erfuhr bei die­ser Gele­gen­heit über den gerade eme­ri­tier­ten Pro­fes­sor Kurt Bay­ertz, dass er im Jahr 1972 zu den Düs­sel­dor­fer Stu­den­ten gehörte, die zusam­men mit Otto Schön­feldt die Initia­tive ergrif­fen hat­ten, die Düs­sel­dor­fer Uni­ver­si­tät nach Hein­rich Heine zu benen­nen. Sie heißt seit 1988 Heinrich-Heine-Universität.

Der Tag endete beschau­lich an der Bin­nen­als­ter. Erst am nächs­ten Mor­gen ging es zurück nach Köln.

Nächste Ver­an­stal­tun­gen des Arbeits­krei­ses
Dia­lek­tik & Materialismus:

  • 6. Okto­ber, Elmar Witz­gall zu Engels’ »Dia­lek­tik der Natur«;
  • 27. Okto­ber, Peter M. Kai­ser, »Dia­lek­tik und Theo­rie­ent­wick­lung in den Naturwissenschaften«;
  • 17. Novem­ber, Chris­tian Jooß, »Anwen­dung der dia­lek­ti­schen Denk­me­thode auf fach­li­che Kon­tro­ver­sen in der Physik«;
  • 8. Dezem­ber, Annette Schlemm, »Geschichts­phi­lo­so­phie, mate­ria­lis­tisch betrachtet«.

Jeweils 10 bis 16 Uhr in der Hoch­schule für Ange­wandte Wis­sen­schaf­ten, Alex­an­der­str. 1, Ham­burg; Anmel­dung: unsereweltclub@gmail.com

 

Text und Fotos: Klaus Stein
25.09.2018


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