Die Krise und ihre grie­chi­schen Auswirkungen

In der Hand­lungs­ori­en­tie­rung des Bezirks stel­len wir fest, daß die Hyper­tro­phie des Finanz­sek­tors die kon­junk­tu­relle Erho­lung ver­hin­dert. Im Februar berich­tete die Presse von einer Unter­su­chung von McK­in­sey, nach der die Schul­den der 47 reichs­ten Län­der ins­ge­samt 175 Bil­lio­nen Euro betra­gen. Das ist drei Mal so viel wie ihre Wirtschaftsleistung.

Aus einem ande­ren Blick­win­kel reprä­sen­tiert diese Summe Ver­mö­gens­an­sprü­che von Gläu­bi­gern, die eine ent­spre­chende Ver­zin­sung und Til­gung erwar­ten. Diese Schul­den bzw. Ver­mö­gens­an­sprü­che wer­den nicht weni­ger, son­dern wach­sen. McK­in­seys unter­sucht sie auf Dollar-Basis.

Sie sind von 142 Bil­lio­nen Dol­lar im Jahr 2007 auf 199 Bil­lio­nen Dol­lar im Jahr 2014 gewach­sen, von 269 % im Ver­hält­nis zum Brut­to­in­lands­pro­dukt (BIP) auf 286%. Von den 199 Bil­lio­nen ent­fal­len 40 auf Pri­vat­haus­halte, 56 auf Unter­neh­men, 58 auf Regie­run­gen, 45 auf Finanz­in­sti­tute – dra­ma­ti­scher wird es, wenn wir die Zah­len der Unter­neh­men und Finanz­in­sti­tute addie­ren: dann sind es 101 Bil­lio­nen, also mehr als die Hälfte der Gesamt­summe.
Vom Jahr 2000 bis 2007 sind die Schul­den der Pri­vat­haus­halte um 8,5 % gewach­sen. Diese Rate sinkt bis 2014 auf 2,8 %. Bei den Unter­neh­men ist sie etwa gleich geblie­ben: von 5,7 auf 5,9 %. Auf­fäl­lig ist aber, daß die Finanz­in­sti­tute ihre Rate von 9,4 % auf 2,9 % sen­ken konn­ten, offen­kun­dig zu Las­ten der staat­li­chen Etats, wo sie von 5,8 auf 9,3 % stieg. Den Finanz­in­sti­tu­ten, in der Regel in pri­va­ter Hand, ist es also gelun­gen, einen gro­ßen Teil ihrer Risi­ken auf die öffent­li­che Hand zu überwälzen.

Japan steht auf Platz 1. Es ist mit 400 % im Ver­hält­nis zum BIP am meis­ten ver­schul­det. Auf­fäl­lig ist, dass die Regie­rung fast die gesamte Last trägt. In Irland, mit 390 % an zwei­ter Stelle, haben sich die Finanz­in­sti­tute eben­falls zu Las­ten der Regie­rung sanie­ren kön­nen. Por­tu­gal steht mit der Rate von 358 % an vier­ter Stelle, Bel­gien mit 327 % an fünf­ter, die Nie­der­lande ste­hen auf Platz 6, Grie­chen­land kommt erst an 7. Stelle mit 317 %. Es fol­gen Frank­reich mit 280, Ita­lien mit 259, Groß­bri­tan­nien mit 252, Nor­we­gen mit 244, Finn­land mit 238. Die Rate der USA, Platz 16, beträgt 233, China ist auf Platz 22 mit 217. Auf Platz 24 steht die Bun­des­re­pu­blik mit 188.

In weni­gen Län­dern haben die Finanz­in­sti­tute ihre fau­len Kre­dite ver­staat­li­chen kön­nen. Hier wird ein impe­ria­lis­ti­sches Macht­ver­hält­nis sicht­bar. Irland habe ich schon erwähnt, hier sank die Schul­den­quote der Ban­ken und ande­ren Finanz­in­sti­tute um 25%, in den USA sind es 24%, in Öster­reich 21 %, in Deutsch­land 16%.

Die­ser Trick kommt auch in Grie­chen­land zur Anwen­dung. Pri­vate Schul­den, faule Kre­dite der Ban­ken, wer­den ver­staat­licht, in unse­rem Fall weit­ge­hend euro­päi­siert. Inso­fern konnte Schäuble und die Finanz­welt ganz gelas­sen um die Schul­den Grie­chen­lands pokern. Im schlimms­ten Fall zahlt die Öffent­li­che Hand. Pri­va­tes Kapi­tal ist raus aus dem Risiko, beu­tet im Gegen­teil durch die frei­gie­bige Poli­tik der EZB noch die Risi­ken aus.

Schon am 10. Januar, noch vor den grie­chi­schen Wah­len, konnte die FAZ ihre Leser beru­hi­gen: „Die Gesamt­schuld Grie­chen­lands liegt der­zeit bei rund 320 Mil­li­ar­den Euro. Davon befin­den sich 260 Mil­li­ar­den Euro, also 80 Pro­zent, in der Hand öffent­li­cher Gläubiger.“

Im Sep­tem­ber 2012 hatte die EZB den unbe­grenz­ten Ankauf von Staats­an­lei­hen über­schul­de­ter Staa­ten beschlos­sen. Gegen­wär­tig wird das Pro­gramm von einem Gesamt­vo­lu­men von wei­te­ren 1,14 Bil­lio­nen Euro Monat für Monat mit 60 Mrd Euro umge­setzt. Ban­ken wer­den vor dem Bank­rott bewahrt. Aber es sam­meln sich die fau­len Papiere. Der Ban­ken­stress­be­richt der EZB vom Ende Novem­ber 2014 weiß von 879 Mrd Euro, 9% des BIP der gesam­ten Euro­zone.
Die Geld­schwemme hält die Zin­sen nied­rig und den Euro bil­lig. Das soll die Kon­junk­tur ans Lau­fen brin­gen. Aber das Geld wird nicht in die Pro­duk­tion inves­tiert, weil sich mit der Her­stel­lung von Waren zu wenig ver­die­nen läßt.
Fäl­lig ist die Ver­nich­tung von Kapi­tal. Gegen­wär­tig ver­schwin­det es noch in den Bla­sen des Finanz­markts. Die indes wer­den irgend­wann aus gering­fü­gi­gem und zufäl­li­gem Anlass platzen.

Gegen­über Grie­chen­land wal­tet kein öko­no­mi­scher Sach­zwang, son­dern die bru­tale Ein­schrän­kung der mensch­li­chen Lebens­grund­la­gen zuguns­ten kurz­fris­ti­ger Ver­wer­tungs­in­ter­es­sen hef­tig kon­kur­rie­ren­den fik­ti­ven Kapi­tals. Es wird ein mör­de­ri­sches Exem­pel sta­tu­iert. Wider­stand gegen die Austeri­täts­po­li­tik von EU, IWF und EZB soll mit Blick auf wach­sen­den Wider­stand in Spa­nien, Por­tu­gal, Ita­lien, Frank­reich als aus­sichts­los erfah­ren wer­den. Aber diese Lek­tion wird auch unse­rer Arbei­ter­klasse erteilt.
Auf­gabe der Kom­mu­nis­ten ist es, spür­bare Soli­da­ri­tät zu organisieren.

Anmer­kun­gen
Kreis­vor­stand Köln, 11. August 2015

Refe­rat, gehal­ten vom Kreis­vor­sit­zen­den Klaus Stein anläss­lich der August­sit­zung des Kreisvorstandes.