Die Zer­schla­gung der öffen­li­chen Gesund­heits­ver­sor­gung in Griechenland

Kran­kes grie­chi­sches Gesund­heits­sys­tem: Die Insti­tu­tio­nen (vor­her Troika) und die Zer­schla­gung der öffen­li­chen Gesundheitsversorgung.

Erst letzte Woche hat Frau Mer­kel auf dem G7 wie­der betont, dass nicht nur die Euro­päi­sche Union Anstren­gun­gen unter­neh­men müsse son­dern auch Grie­chen­land Ent­ge­gen­kom­men bei den Ver­hand­lun­gen zei­gen müsse. Diese zyni­sche For­mu­lie­rung hat sich seit Jah­ren über­haupt nicht ver­än­dert. Jun­ker kri­ti­sierte erst ges­tern nach dem Schei­tern der Ver­hand­lun­gen wie­der, dass keine Reform­vor­schläge von den Grie­chen kämen.

Was ver­birgt sich hin­ter die­sen Nebel­ker­zen von For­mu­lie­run­gen oder  hin­ter die­sen Sterotypen?

In ers­ter Linie Ren­ten­kür­zung, spä­te­res Ren­ten­ein­tritts­al­ter, Abbau von Sozi­al­leis­tun­gen, Zer­schla­gung der öffent­li­chen Gesund­heits­ver­sor­gung, Erhö­hung der Mehr­wert­steuer, Pri­va­ti­sie­run­gen,.. So expli­zit wird es aus gutem Grunde nie benannt, denn das würde Ein­sicht in die Ver­hält­nisse beför­dern und die der­zei­tige Wut auf die böse Syriza, den arro­gan­ten Varou­fa­kis und die unbe­schei­de­nen Grie­chen aus der hori­zon­ta­len Sich in die ver­ti­kale Sicht lenken. 

Trotz der Staats­pleite, muss das Land in den Mona­ten Juni bis Sep­tem­ber  13,1 Mil­li­ar­den Euro mehr an seine Gläu­bi­ger zah­len, als es maxi­mal – bei vol­ler Aus­zah­lung­der letz­ten Tran­che aus  den zuge­sag­ten Kre­di­ten- von sei­nen Gläu­bi­gern bekom­men kann. Sogar bei einem Fonds für Kata­stro­phen­hilfe wurde geplün­dert. Kei­ner mag die Worte Refor­men und Spar­po­li­tik mehr hören. So dis­kre­di­tiert waren diese Worte noch nie. Diese Worte mei­nen heute nichts ande­res  als wie soeben gesagt: Abbau von Sozi­al­leis­tun­gen, Kür­zun­gen von ohne­hin nied­ri­gen Löh­nen, Kür­zung von Rente und Privatisierungen.

Sämt­li­che klei­nen grie­chi­schen Betriebe sind pleite, die Löhne sind gekürzt,  z.B. bei den Beam­ten um 40%, Mate­ria­lien für Schu­len sind rar gewor­den, das Gesund­heits­sys­tem ist nahezu zusam­men­ge­bro­chen.  Seit 2009 sind die Real­löhne und die Ren­ten um 30% gesenkt, die Staats­aus­ga­ben um 40% redu­ziert und die Zahl der Beschäf­tig­ten im öffentl­li­chen Sek­tor um ebenso 40% ( von ca. 950 000 auf ca. 570 000). Die Arbeits­lo­sig­keit wurde ver­drei­facht und die Jugend­ar­beits­lo­sig­keit auf mitt­ler­weile 61% geho­ben. Ich sage bewusst nicht «ist gewach­sen».  ‹Wach­sen› ist eine Natur­me­ta­pher und beschreibt den Anstieg der Arbeits­lo­sig­keit in Grei­chen­land schlecht, als ob sie von selbst ohne eine Dazu­tun wach­sen wür­den. Diese angeb­li­che wach­sen­den Arbeits­lo­sen­zah­len wer­den wil­lent­lich und bewusst herbeigeführt.

Fol­gende Infor­ma­tio­nen über Armut und Kin­der­sterb­lich­keit sind den Berich­ten der Initia­tive «Soli­da­ri­tät für alle» ent­nom­men und zwar schon aus dem Jahre 2013.

Soli­da­ri­tät für alle bemüht sich, den sozia­len Zusam­men­bruch Grie­chen­lands zu kom­pen­sie­ren mit viel­fäl­ti­gen Akti­vi­tä­ten: Man wird aktiv in der medi­zi­ni­schen Ver­sor­gung und in der Alten­pflege, man pran­gert Steu­er­plün­de­rung an und setzt sich eben mit Armut und Kin­der­ar­mut aus­ein­an­der.
Das anspruchs­volle Kon­zet ist nicht kar­ri­ta­ti­ves son­dern soli­ta­ri­sches Verhalten. 

Grie­chen­land ist der ‹Euro­pa­mei­ser› in Sachen Armut. 2005 leb­ten 21% bzw. 2.088.701 Men­schen unter der Armuts­grenze. 2010 waren es bereits nahezu 300.000 Men­schen mehr. Ende 2012 waren bereits ins­ge­samt 3,9 Mil­lio­nen armuts­ge­fähr­det. Berück­sich­ti­gen bei die­sen gan­zen Pro­zent­zah­len muss man zusätz­lich noch, dass ja auch das durch­schnitt­li­che Ein­kom­men gesun­ken ist und sich damit die Armuts­gren­zen nach unten ver­scho­ben haben. Also sind die heute armuts­ge­fähr­de­ten die, die 2005 noch klar als arm bezeich­net wor­den wären.
UNICEF zufolge haben sich die Lebens­be­din­gun­gen und die Bedro­hung durch Armut für Kin­der in den Jah­ren 2009–2012 rasant ver­schlim­mert. Beson­ders gra­vie­rend, dass nahezu 40 % der Kin­der, die unter der Armuts­grenze leben, nicht ein­mal in Haus­hal­ten woh­nen, die ihnen ein adäquate Behei­zung bie­ten kön­nen. Dar­über hin­aus häu­fen sich die Vor­fälle von Kin­dern, die unter Unter­ernäh­rung zusammenbrechen. 

Die Anzahl der Kin­der­sterb­lich­keit ist nach 2008 um mehr als ein Drit­tel gestie­gen gegen­über der Anzahl von 1950 bis zur soge­nann­ten Krise. (2,7 % vor 2008 und mitt­ler­weile etwa 4% pro 1000 Kin­der unter einem Jahr). Die Lebens­er­war­tung wurde um zwei bis drei Jahre  für das gesamte Land  her­ab­ge­drückt, zum einen wegen der Gesund­heits­ver­sor­gung und zum ande­ren wegen des all­ge­mei­nen Ver­falls des Lebens­stan­dards der Griechen. 

Die Selbst­mord­ra­ten sind seit dem mas­si­ven Sozi­al­ab­bau 2007 gestie­gen : Das heißt kon­kret für viele Men­schen: Arbeits­lo­sig­keit, Schul­den und der Ver­lust der eige­nen Woh­nung. Obwohl Grie­chen­land his­to­risch gese­hen eine der nied­rigs­ten Sui­zid­ra­ten welt­weit hat, ist nun auch hier in dem Son­nen­land die Aus­weg­lo­sig­keit so weit vor­an­ge­schrit­ten, dass Selbst­mord oft als ein­zige Mög­lich­keit ange­se­hen wird. 

Kon­kret nah­men sich z.B. seit Juni 2011 jeden Monat etwa elf Men­schen mehr das Leben als in den Mona­ten der Jahre zuvor. Die Rate stieg um fast 36 Pro­zent auf rund 40 Sui­zide monat­lich.  Kein ande­res Ereig­nis als die dra­ma­ti­schen Ein­spa­run­gen aus dem Som­mer 2011 schei­nen einen sol­chen Ein­fluss auf die Bevöl­ke­rung gehabt zu haben.

Es wird über­all hier­zu­lande empört ferst­ge­stellt, dass trotz der «Hilfs­pro­gramme» Grie­chen­lands Schul­den stei­gen, trotz Schul­den­schnitt. Die Kau­sal­kette ist jedoch anders­herum: nicht trotz son­dern wegen  der Hilfs­pro­gramme stei­gen die Schul­den. «Seit 1991 zahlte Grie­chen­land 664 Mil­li­ar­den € für Zins und Schul­den an Finanz­in­sti­tute- dop­pelt soviel wie der gesamte Schul­den­berg.» (faktencheckhellas.org – 3. Aus­gabe) Vor allem stei­gen die Schul­den als Anteil am Brut­to­in­lands­pro­dukt: Von 110 % Anteil am BIP vor der Krise sind es nun rund 180%.
Inter­es­sant ist auch der Ver­gleich der Außen­han­dels-Zah­lungs­bi­lan­zen der Peri­phe­rie­än­der mit Deutsch­land: Hier steht seit 2009 ein Plus von rund 1000 Mil­li­ar­den Euro  Deutsch­lands einem Minus der Peri­phe­rie­län­der von über 500 Mil­li­ar­den Euro gegen­über.
SYRIZA lehnt die Kre­dit­auf­la­gen des soge­nann­ten Ret­tungs­pro­gramms ab. Der jüngste Kre­dit wird an die Bedin­gung geknüpft, noch ein­mal 150 000 Staats-bediens­tete zu entlassen.Die lau­fen­den Staats­aus­ga­ben kön­nen von Grie­chen­land aus den Ein­nah­men selbt finan­ziert wer­den. Ein Pro­blem sind nur die Alt­schul­den von 20 Mil­li­ar­den. Für Zin­sen und Til­gung also muss sich Grie­chen­land Geld leihen.

Zur Kran­ken­ver­sor­gung, bzw. zu deren Abbau durch die Kre­dit­auf­la­gen in Grie­chen­land: Das seit 1980 bestehende öffent­li­che Gesund­heits­we­sen, wurde mit Hilfe der Krise seit Januar 2010 kon­ti­nu­ier­lich abgebaut:Sprach man Ende des Jah­res 2012 noch davon, dass 1,5 Mio Men­schen ohne Zugang zum öffent­li­chen Gesund­heits­sys­tem sind, so weiß man heute, 2015, dass mehr als 3 Mio Men­schen, nahezu ein Drit­tel, der Bevöl­ke­rung sich keine Kran­ken­ver­si­che­rung mehr leis­ten kön­nen. Hinzu kom­men die Flücht­linge. 54 000 sind in die­sem Jahr allein in Grie­chen­land ange­kom­men. Die­ser Zustand wurde durch neo­li­be­ra­len Poli­tik­stra­te­gien im Gesund­heits­we­sen erreicht. Inten­siv war die sozi­al­de­mo­kr­ti­sche PASOK daran beteiligt: 

(Auf­lis­tung der Pha­sen nach Kata­rina Noto­pou­lou Psy­cho­lo­gin und Mit­glied des ZK von SYRIZA)  in Fak­ten­Check Nr. 2 vom 2.Mai 2015)

1. Phase, Januar bis Sep­tem­ber 2010: 60%ige Kür­zung des Bud­gets für die lau­fen­den Betriebsk osten des öffent­li­chen Gesund­heits­we­sen gege­ben sowie Ange­bote von pri­va­ten medi­zi­ni­schen Diens­ten in öffent­li­chen Kran­ken­häu­sern für die die Pati­en­ten bezah­len mussten.

2. Phase, Sept­eber 2010 bis April 2011: Ein­tritts­geld in Kran­ken­häu­ser von zunächst 3€ dann spä­ter  im Jahre 2013  5€. durch den Gesund­heits­mi­nis­ter Lover­dos von PASOK. ( Wurde von der SYRIZA als erste wie­der abgeschafft.)

3. Phase: bis Okt 2011: 137 Kran­ken­häu­ser wur­den zu 83 ‹zusam­men­ge­führt›, dabei 4500 Bet­ten gestri­chen. Psych­ia­trien und Ein­rich­tun­gen für Dro­gen­ab­hän­gige wur­den gestrichen.

4.  Phase, bis Januar 2015: Über­las­sung von über 550 gut aus­ge­stat­te­ten öffent­li­chen Bet­ten an pri­vate Ver­si­che­run­gen und deren Ver­si­cherte durch orga­ni­sa­to­ri­sche Anglei­chung. Damit kam es zu einem gewal­ti­gen Anstieg der dia­gnos­ti­schen und pri­va­ten Kos­ten im Kran­ken­haus. Folge war der Zusam­men­bruch der öffent­li­chen Kran­ken­ver­si­che­run­gen in Folge der Kür­zung der öffent­li­chen Mit­tel : Die neue Ver­si­che­rungs­or­ga­ni­sa­tion EOPYY ( das ist der Ein­heit­li­che Trä­ger für Gesund­heits­leis­tun­gen des öffent­li­chen Gesund­heits­sys­tems in Grie­chen­land), wel­che durch die Ver­ei­ni­gung von pri­va­ten und öffent­li­chen Ver­si­che­rungs­or­ga­ni­sa­tio­nen ent­stan­den war, erhielt nur die Hälfte der Gel­der, die die vor­he­rige Orga­ni­sa­tion IKA erhal­ten hatte. Die letz­ten Reste des öffent­li­chen Gesund­heits­sys­tems wur­den ver­nich­tet, Tau­sende Ärzte aus dem öffent­li­chen Sek­tor entlassen. 

Was haben diese Kür­zun­gen kon­kret bewirkt:  Neben dem radi­ka­len Abbau des Per­so­nals hat es zur Aus­höh­lung der tech­ni­schen Infra­struk­tur geführt, als Resul­tat der nicht mehr besetz­ten Stel­len von Ärz­tin­nen und Kran­ken­haus­per­so­nal waren die Regio­nen unter­ver­sorgt, gleich­zei­tig fehl­ten und feh­len Medi­ka­mente. Es wurde sogar Ver­bands­zeug re-sti­li­siert und wie­der­ver­wen­det. Und sogar die Essens-ver­sor­gung für die Pati­en­ten wurde schlech­ter und in eini­gen Häu­sern wurde die Anzahl der Mahl­zei­ten redu­ziert. Ebenso ist im Bereich der Hygiene ein rie­si­ges Pro­blem ent­stan­den. Somit sind in Grie­chen­land die Kran­ken­haus­in­fek­tio­nen sprung­haft ange­stie­gen sind. Allein im Jahr 2012 star­ben daran über 2800  Men­schen. Zum ers­ten Mal seit 40 Jah­ren gibt es eine Häu­fung von Mala­ria­fäl­len in Südgriechenland.

Wir haben auf der einen Seite arbeits­lose Ärzte und auf der ande­ren Seite die Tür­kei, den grie­chi­schen Nach­barn, der um die Ärzte aus Grie­chen­land wirbt. ( z.Z. Ler­nen etwa 1000 grie­chi­sche Ärzte tür­kisch!) Die vom star­ken Wirsch­tafts­boom pro­fi­tie­rende Tür­kei, wirbt neben Ärz­ten auch Uni­ver­si­täts­do­zen­ten  und Pro­fes­so­ren ab. Eine aktu­elle Zahl hier ist: 10.000 Ärzte haben mitt­ler­weile das Land verlassen.

Grie­chen­land ist ein Land des Widerstands.

Die Bevöl­ke­rung Grie­chen­lands nimmt die Aus­te­ri­ätspo­li­tik aber nicht ein­fach so hin son­dern wehrt sich nach Kräf­ten. Zwi­schen 2010 und 2012 gab es fast 40 Gene­ral­streiks in Grie­chen­land. Mitt­le­weile hat die Armut und auch die Erfolg­lo­sig­keit die Men­schen stark geschwächt. Es gibt jedoch wei­ter­hin unter­schied­li­che For­men des Umgangs sei­tens der Bevöl­ke­rung mit der per­ma­nen­ten Verschlechterung. 

Ärzte und Kran­ken­haus­per­so­nal, z.B. streik­ten in Grie­chen­land im Januar in Athen und The­as­sa­lo­nik. Sie wol­len  geleis­tete Über­stun­den ver­gü­tet. Ebenso for­dern sie kos­ten­lose öffent­li­che Gesund­heits­be­treu­ung und Vorsorge.

Es gibt zum Einen Hilfe von außen, die man viel­leicht als kar­ri­ta­tive Hilfe bezeich­nen kann. Mit­tels derer wur­den Poli­kli­ni­ken in  den fünf größ­ten grie­chi­schen Städ­ten von der Orga­ni­sa­tion ‹Ärzte der Welt› gegrün­det. 2013 wur­den in die­sen Poli­kli­ni­ken über 75000 Men­schen ver­sorgt (www.aerztederwelt.org/spenden-helfen). In lan­des­wei­ten Kin­der­sprech­stun­den wur­den 16000 Kin­der unter­sucht und 9000 geimpft. Zusätz­lich fah­ren Augen‑, Zahn- und Kin­der­ärzte auch Schu­len und Kin­der­gär­ten an, um Kin­der dort zu ver­sor­gen. Aber nicht nur medi­zi­nisch hilft Ärzte der Welt in Grie­chen­land : 1500 Fami­lien in Athen und Perame, die unter der Armuts­grenze leben, beka­men 6300 Leb­nens­mit­tel­pa­kete, teil­weise wur­den diese auch nach Hause gebracht, wenn z.B. diese Men­schen nicht mehr lau­fen kön­nen. Aber auch Nacht­asyle für Obdach­lose wur­den eröff­net. Lei­der nimmt auch in Grie­chen­land mitt­ler­weile ras­sis­ti­sche Gewalt zu, und Über­griffe rechts­extre­mer Grup­pen tref­fen in ers­ter Linie Obdachlose. 

Des­wei­te­ren gibt es soli­da­ri­sche Maß­nah­men von Ärz­ten und Gesund­heits­per­so­nal des eige­nen Lan­des, mit­tels derer sich Soli­da­ri­ät­skli­ni­ken und ‑apo­the­ken gegrün­det haben( www.solidarity4all.gr). Im Herbst 2011 z.B. hat sich die ‹Kli­nik der Soli­da­ri­tät› in Thes­sa­lo­niki gegrün­det, in der täg­lich über 100 Pati­en­ten behan­delt wer­den. Hier geht es um Men­schen, die aus dem Gesund­heits­sys­tem her­aus­fal­len, also nicht gesetz­lich oder pri­vat kran­ken­ver­si­chert sind sowie Migran­tin­nen und Migran­ten, die noch nie von einem Gesund­heits­sys­tem pro­fi­tie­ren konn­ten; und nur um diese. Andere Men­schen wer­den hier nicht behan­delt. Diese Ärzte, das Kran­ken­haus­per­so­nal, Kol­le­gin­nen aus Labo­ren und ande­ren Gesund­heits-ein­rich­tun­gen arbei­ten dort ehren­amt­lich in ihrer Freizeit. 

Diese Ärzte appel­lie­ren an uns: «Vor all­lem brau­chen wir Ihre Unter­stüt­zung und aktive Teil­nahme im Kampf für die Wie­der­errich­tung eines tat­säch­lich öffent­li­chen und kos­ten­lo­sen Gesund­heits­we­sens, das aus­rei­chend staat­lich finan­ziert ist und allen Men­schen eine umfas­sende, qua­li­ta­tiv hoch­wer­tige und kos­ten­lose medi­zi­ni­sche Ver­sor­gung anbie­tet.» (www.klinik-der-solidaritaet.at)

Die Sozi­al­kli­nik in Ret­hym­non auf Kreta hat sich bereits 2009 gegrün­det: Ange­fan­gen mit 780 Men­schen, die dort im ers­ten Jahr behan­delt wur­den, stei­gerte es sich bis 2012 bis zu 1800 Menschen. 

In dem Athe­ner Außen­be­zirk Helli­niko gibt es ebenso eine Soli­da­ri­täts­kli­nik, die nach dem glei­chen Prin­zip arbei­tet. Hier arbei­ten 250 Ärz­tin­nen und andere Hel­fende kos­ten­los. Ope­ra­tio­nen kön­nen lei­der nicht durch­ge­führt wer­den. Es geht hier um medi­zi­ni­sche Erst­ver­sor­gung. Auch 35 Zahn­ärz­tin­nen sind im Ein­satz. In Helli­niko sind im ers­ten Jahr, 2011  4000 Pati­en­ten gekom­men. Jetzt sind es 1500 pro Monat.

Per­fide Maß­nahme: Am 25.10.2014 wird mit dem Vor­wand des ille­ga­len Dro­gen­han­dels diese Kli­nik von Zivil­po­li­zis­ten, Beam­ten der grie­chi­schen Arz­nei­mit­tel­be­hörde und Rich­tern unter­sucht. Solidarity4all äußert sich dazu sinn­ge­mäß  fol­gen­der­ma­ßen:… dass just in dem Moment, in dem die öffent­li­che Gesund­heits­ver­sor­gung in Grei­chen­land bru­tal zusam­men gekürzt wird, die Regie­rung (also die alte Sama­ras-Regie­rung!) kol­lek­tive und selbst­or­ga­ni­sierte Bemü­hun­gen der Men­schen für eigene Gesund­heits­struk­tu­ren ins Visier nimmt zeigt, dass die herr­schen­den Kreise  diese Soli­da­ri­täts­netz­werke als Gefahr für ihre Poli­tik betrachten.

Mitt­ler­weile haben jedoch diese Soli­da­ri­täts­kli­ni­ken Schule gemacht und gibt es 40  in ganz Grie­chen­land. Aber auch 80 Kli­ni­ken wür­den nicht aus­rei­chen sagt der Kar­dio­loge Gior­gos Vichas, der die  Sozi­al­kli­nik in Athen mit­ge­grün­det hat. 

Erst vor kur­zem war Vichas in Ham­burg, wo er von den Sozi­al­kli­ni­ken berich­tete, wor­auf­hin auch dort eine initi­iert wurde, da es mitt­ler­weile in Ham­burg 14000 Men­schen gibt, die nicht ver­si­chert sind. Auch in Wien gibt es eine: www.amber-med.at

Wei­tere  Bei­spiele für Initia­ti­ven von Selbsorganisationen:

Viome: Thes­sa­lo­niki

Vio­mic­h­aniki Metal­lef­tiki (Vio.Me) wurde 1982 als eine Toch­ter­firma des Unter­neh­mens Philkeram+Johnson gegrün­det, das Kera­mik­ka­cheln pro­du­zierte. Die Firma stellte auch che­mi­sche Bau­ma­te­ria­lien wie Fugen­kle­ber her und belie­ferte Bau­fir­men in Grie­chen­land selbst und im benach­bar­ten Aus­land. Seit Mai 2011 stel­le­ten die Eigen­tü­mer die Lohn­zah­lun­gen ein, ver­schul­de­ten den Betrieb und mach­ten sich aus dem Staub. Um die Demon­tage der Pro­duk­ti­ons­mit­tel zu ver­hin­dern und die Aus­zah­lung der Löhne zu erzwin­gen, besetz­ten Arbei­ter die Fabrik. Im Februar 2013 wurde die Fabrik wie­der eröff­net und seit April pro­du­zie­ren sie selbst­or­ga­ni­siert umwelt­freund­li­che Rei­ni­gungs­mit­tel. Gesprä­che mit staat­li­chen Behör­den schei­ter­ten auch PAME, die KKE Gewerk­schaft unter­stütz­ten diese Kol­le­gen nicht. Zur Zeit, nach 4 Jah­ren, ver­su­chen die ehe­ma­li­gen Eigen­tü­mer mit­hilfe einer Gerichts­ent­schei­dung, eine Über­gangs­ge­schäfts­füh­rung ein­set­zen zu las­sen, die den Betrieb end­gül­tig schlie­ßen , die Arbei­ter ent­las­sen und die Pro­duk­ti­ons­mit­tel zur Deckung der rie­si­gen Schul­den ver­kau­fen soll. 

Koope­ra­tive  Oli­ven­öl­pro­duk­tion: Kreta 

Die Koope­ra­tive ‹Gemein­sam auf Kreta› = Becoll­ec­tive. Diese Koope­ra­tive ver­bin­det den Auf­bau öko­no­mi­scher Alter­na­ti­ven und selbst­or­ga­ni­sier­ter Arbeit mit einem Soli­da­ri­täts­pro­jekt. Zwei Euro des kol­lek­tiv pro­du­zier­ten Öls wer­den zur Unter­stüt­zung umkämpf­ter Betriebe verwendet. 

Im Januar die­ses Jah­res   wurde SYRIZA stärkste Par­tei, mit der Wahl die­ser Par­tei erhoff­ten sich die Grie­chen eine Ver­bes­se­rung. Wie SYRIZA kämpft ver­fol­gen wir täg­lich mit. Der poli­ti­sche Kurs­wech­sel von SYRIZA machte und macht immer noch vie­len Men­schen Hoff­nung auf Ver­bes­se­rung, obwohl Zen­tral­eu­ropa diese Hof­fung wir­kungs­voll ein­dämmt mit stän­di­gen wei­ter­rei­chen­den For­de­run­gen nach Ein­spa­run­gen und Redu­zie­run­gen.
 
Jeden­falls will SYRIZA mit einem Sofort­pro­gramm die schlimmst Armut über­win­den: Mit Lebens­mit­tel­gut­schei­nen, Obdach­lo­sig­keit soll bekämft wer­den, Haus­halte wie­der mit Strom ver­sorgt wer­den, die Kür­zun­gen der nied­rigs­ten Ren­ten zurück­ge­nom­men wer­den und den Min­dest­lohn auf das alte Niveau von 750 € ange­ho­ben werden.

Ulrike Fuchs 

Quel­len:
becollective@espiv.net
www.solidarity4all.gr
www.klinik-der-solidaritaet.at
www.viome.org/p/deutsch.html
www.Amber-med.at
www.faktencheckhellas.org
www.kommunisten.de