Rotes Mai­fest der DKP-Köln

Klaus Stein am Mikrofon.

Rede­bei­trag von
Klaus Stein

Liebe Genos­sin­nen und Genos­sen,
liebe Freunde und Kollegen,

»Am 8. Mai 1945 wurde ganz Europa von dem Ver­bre­cher­sys­tem des deut­schen Faschis­mus und sei­nem Krieg befreit. Mehr als 55 Mil­lio­nen Men­schen waren zuvor Nazi-Ter­ror, Holo­caust und Ver­nich­tungs­krieg zum Opfer gefal­len. Mil­lio­nen Men­schen auf der gan­zen Welt bezahl­ten den deut­schen Griff nach der Welt­herr­schaft mit unvor­stell­ba­rem Leid. Anstif­ter und Nutz­nie­ßer des Raub- und Ver­nich­tungs­krie­ges waren deut­sche Ban­ken und Kon­zerne. Die deut­sche Wirt­schaft pro­fi­tierte von der ›Ari­sie­rung‹ und der Aus­beu­tung von KZ-Häft­lin­gen und Zwangs­ar­bei­tern ebenso wie von der Aus­plün­de­rung der besetz­ten Län­der. Es sind die Anti­fa­schis­tIn­nen aller Län­der und die Anti-Hit­ler-Koali­tion der Alli­ier­ten, unter denen die Rote Armee mit Abstand die größte Last des Krie­ges in Europa zu tra­gen hatte, die die Mensch­heit vom Faschis­mus befreit haben. Ange­sichts der deut­schen Ver­ant­wor­tung für die bei­den Welt­kriege des 20. Jahr­hun­derts muss die his­to­ri­sche Kon­se­quenz von 1945 ver­tei­digt und an die nach­fol­gen­den Gene­ra­tio­nen wei­ter­ge­ge­ben wer­den: Von deut­schem Boden darf nie wie­der Krieg ausgehen.«

Das sind die ers­ten Sätze des Auf­ru­fes zur Demons­tra­tion »70 Jahre nach der Befrei­ung von Faschis­mus und Krieg. Für eine neue Ent­span­nungs­po­li­tik, Nein zur Vor­be­rei­tung auf neue Kriege«, zu der wir im Rah­men eines Bünd­nis­ses in Köln betei­li­gen. Wir tref­fen uns am nächs­ten Sams­tag, den 9. Mai, um 14.00 Uhr am Hans-Böck­ler-Platz. Die End­kund­ge­bung ist auf der Dom­platte um 15.30 Uhr. Betei­ligt Euch, nehmt Freunde mit!

Denn es geht nicht nur um Erin­ne­rung. Lei­der haben wir viel Anlass zu gro­ßen Sor­gen. Deutsch­land ist an vie­len Stel­len in der Welt an Mili­tär­ein­sät­zen betei­ligt. Die Herr­schen­den unse­res Lan­des berei­ten Kriege vor.

Bun­des­prä­si­den­ten Gauck schwa­dro­nierte anläss­lich der Eröff­nung der Münch­ner Sicher­heits­kon­fe­renz am 31. Januar wie­der mal von der Ver­ant­wor­tung Deutsch­lands. Er sagte: »Das Prin­zip der staat­li­chen Sou­ve­rä­ni­tät und der Grund­satz der Nicht­ein­mi­schung dür­fen gewalt­tä­tige Régime nicht unan­tast­bar machen. Hier setzt das ›Kon­zept der Schutz­ver­ant­wor­tung‹ an: Es über­trägt der inter­na­tio­na­len Gemein­schaft den Schutz der Bevöl­ke­rung vor Mas­sen­ver­bre­chen, wenn der eigene Staat diese Ver­ant­wor­tung nicht über­nimmt. Als äußers­tes Mit­tel ist dann der Ein­satz von Mili­tär mög­lich, und zwar nach sorg­fäl­ti­ger Prü­fung und nach Fol­gen­ab­wä­gung sowie Ermäch­ti­gung durch den Sicher­heits­rat der Ver­ein­ten Nationen.

Ich weiß, und ich leide wie viele Men­schen­rechts­ver­tei­di­ger in der gan­zen Welt daran, dass nicht über­all dort ein­ge­grif­fen wird, wo es ethisch, zum Schutz von Leib und Leben bedroh­ter Men­schen, gebo­ten wäre. Im Fall Syrien hat sich die­ses Dilemma jüngst wie­der gezeigt.«

Was sagt uns Gauck damit? Die Bun­des­wehr soll in jedes Land mili­tä­risch ein­grei­fen dür­fen, in dem sie uns vor­macht, es ginge dort um den Schutz von Men­schen. Auch die Nazi­pro­pa­ganda hatte nicht auf Men­schen­rechts­dem­ago­gie ver­zich­tet. Sie machte den Deut­schen vor, es ginge beim Krieg gegen Polen um den Schutz deut­scher Frauen vor Vergewaltigung.

Ihr erin­nert Euch der Lügen, die von der Wer­be­agen­tur Hill & Knowl­ton vor dem Krieg gegen den Irak 1990 in die Welt gesetzt wur­den, als angeb­lich ira­ki­sche Sol­da­ten Babys aus den Brut­käs­ten auf den Fuß­bo­den gewor­fen hat­ten. Damit sollte der Krieg gegen den Irak gerecht­fer­tigt wer­den, der im Jahre 1991 200 000 Men­schen das Leben kostete.

Der nächste Krieg gegen den Irak wurde mit der Lüge von Mas­sen­ver­nich­tungs­waf­fen begrün­det. Das war 2003. Auch der Krieg gegen Libyen wurde mit dem Schutz von Men­schen begrün­det. Zehn­tau­sende Tote waren das Ergeb­nis. Die Aggres­si­vi­tät des Impe­ria­lis­mus fin­det durch diese Men­schen­rechts­dem­ago­gie ihren nur nur not­dürf­tig ver­hüll­ten Ausdruck.

Vor drei­ßig Jah­ren fand ein ande­rer Bun­des­prä­si­dent – von Weiz­sä­cker – sich erst­ma­lig bereit, vom 8. Mai 1945 als dem Tag der Befrei­ung zu spre­chen. »Der 8. Mai war ein Tag der Befrei­ung. Er hat uns alle befreit von dem men­schen­ver­ach­ten­den Sys­tem der natio­nal­so­zia­lis­ti­schen Gewalt­herr­schaft. Nie­mand wird um die­ser Befrei­ung wil­len ver­ges­sen, wel­che schwe­ren Lei­den für viele Men­schen mit dem 8. Mai erst began­nen und danach folg­ten. Aber wir dür­fen nicht im Ende des Krie­ges die Ursa­che für Flucht, Ver­trei­bung und Unfrei­heit sehen. Sie liegt viel­mehr in sei­nem Anfang und im Beginn jener Gewalt­herr­schaft, die zum Krieg führte.

Wir dür­fen den 8. Mai 1945 nicht vom 30. Januar 1933 trennen.«

Sol­che Sätze konn­ten nur vor dem Hin­ter­grund einer mas­sen­haf­ten Frie­dens­be­we­gung in die­ser Zeit, Anfang der acht­zi­ger Jahre, gesagt wer­den. Damals lehnte die über­große Mehr­heit der Men­schen die Sta­tio­nie­rung von ato­ma­ren Mit­tel­stre­cken­ra­ke­ten Pers­hing II und die Marsch­flug­kör­per Cruise Mis­sile ab. Der Beschluss dazu hieß NATO-Dop­pel­be­schluss. Gegen ihn rich­tete sich der Appell, den eine Kon­fe­renz in Kre­feld im Novem­ber 1980 beschlos­sen hatte und gegen den sich Mil­lio­nen Men­schen in gro­ßen Demons­tra­tio­nen wand­ten. Aber inner­halb der letz­ten drei­ßig Jahre wur­den die glo­ba­len Frie­dens­kräfte durch den Zusam­men­bruch des sozia­lis­ti­schen Lagers ent­schei­dend geschwächt. Sel­ten war die Gefahr eines gro­ßen Krie­ges so hoch wie gegenwärtig.

Der Auf­ruf zur Demons­tra­tion am 9. Mai endet mit der Losung »Nie wie­der Krieg – nie wie­der Faschismus!«.

Foto: Klaus Müller