Stra­te­gi­sche Gesichts­punkte und Uneben­hei­ten im Leitantrag

Klau­sur­ta­gung des Kreis­vor­stand Köln, 1. März 2015

1. Was ver­spricht der Leitantrag

In sei­ner Ein­lei­tung stellt der Antrag 4 Punkte in Aussicht:

  • neue Ent­wick­lun­gen zu analysieren
  • eine ent­spre­chende prä­zi­sierte Stra­te­gie vorzustellen
  • ein gemein­sa­mes Ver­ständ­nis, was es heute bedeu­tet Mit­glied der Kom­mu­nis­ti­schen Par­tei zu sein zu benen­nen und
  • Ant­wor­ten auf lang­dis­ku­tierte Fra­gen fest zu halten

In sei­ner Über­schrift »DKP in Aktion – Bilanz zie­hen, Neues erken­nen, Chan­cen nut­zen – gegen Mono­pol­macht, Kriegs­po­li­tik und Rechts­ent­wick­lung« wer­den die Kampf­el­der benannt und »Chan­cen« versprochen.

Ich werde mich im Fol­gen­den auf die stra­te­gi­schen Fra­gen bzw. Ori­en­tie­run­gen die­ses Leit­an­tra­ges kon­zen­trie­ren. Damit rücken die Punkte »prä­zi­sierte Stra­te­gie«, »das Ver­ständ­nis über die Mit­glied­schaft in der DKP« und »Ant­wor­ten auf lang­dis­ku­tierte Fra­gen« in den Blick.

2. Stra­te­gi­sche Aus­sa­gen im Leitantrag

In den Abschnit­ten »Rolle und Auf­gabe der DKP (Zeile 148 bis 200) und »Unser anti­mo­no­po­lis­ti­scher Kampf« (Zeile 242 bis 296) wer­den meh­rere stra­te­gi­sche The­men unsys­te­ma­tisch angesprochen:

  • Vor­aus­set­zung für den Auf­bau des Sozialismus
  • Dia­lek­tik von Reform und Revolution
  • die Frage der Über­gänge zum Sozialismus
  • Haupt­auf­gabe der Kom­mu­nis­ti­schen Par­tei und ihres Selbst­ver­ständ­nis­ses und
  • Die Rolle der Arbeiterklasse

Ich ver­su­che im Fol­gen­den die stra­te­gi­sche Ori­en­tie­rung, die uns hier zur Dis­kus­sion gestellt wird zu skiz­zie­ren und sie dann unse­rem nach wie vor gül­ti­gen Par­tei­pro­gramm von 2006 gegenüberzustellen.

Im Leit­an­trag heißt es nach dem fest­ge­hal­ten wird, dass wir eine mar­xis­tisch-leni­nis­ti­sche Par­tei sind:

»Die Arbei­ter­klasse bleibt – trotz aller objek­ti­ven Ver­än­de­run­gen, trotz der Ent­ste­hung neuer Spal­tungs­li­nien und Abhän­gig­kei­ten usw. – nach wie vor die ent­schei­dende Kraft im Kampf gegen die Macht des Kapi­tals, im Kampf um und beim Auf­bau des Sozia­lis­mus« (Zeile 170)

Ver­bün­dete der Arbei­ter­klasse »sind das Klein­bür­ger­tum, kleine und mitt­lere Bau­ern, aber beson­ders die mit der Arbei­ter­klasse eng ver­bun­de­nen Teile der lohn­ab­hän­gi­gen Intel­li­genz die von den Wider­sprü­chen und Kon­flik­ten im staats­mo­no­po­li­ti­schen Kapi­ta­lis­mus betrof­fen sind.« (Zeile 252)

Die Arbei­ter­klasse bil­det »den Kern einer anti­mo­no­po­lis­ti­schen Bewe­gung und Abwehr­front.« (Zeile 251)

Auf S. 4 des Leit­an­tra­ges heißt es: »Die Errin­gung der poli­ti­schen Macht durch die Arbei­ter­klasse und die Ver­ge­sell­schaf­tung der wich­ti­gen Pro­duk­ti­ons­mit­tel sind die Vor­aus­set­zung für den Auf­bau des Sozia­lis­mus.
Gerade die Ein­ord­nung unse­rer aktu­el­len Kämpfe in eine Stra­te­gie des revo­lu­tio­nä­ren Bruchs mit dem Kapi­ta­lis­mus und die Suche nach Über­gän­gen zum Sozia­lis­mus sind unverzichtbar«.

Das Ziel ist also der Sozia­lis­mus, das Sub­jekt ist die Arbei­ter­klasse, und ihre Ver­bün­de­ten sind das Klein­bür­ger­tum kleine und mitt­le­ren Bau­ern und die lohn­ab­hän­gige Intel­li­genz. Die Stra­te­gie ist der revo­lu­tio­näre Bruch in Abgren­zung, wie es wei­ter unten auf Seite 4 heißt zu soge­nann­ter Refor­mal­ter­na­ti­ven, Trans­for­ma­ti­ons­kon­zep­ten oder wirt­schafts­de­mo­kra­ti­scher Modelle, wobei wir natür­lich um’s Tee­was­ser kämp­fen. Von der »Suche nach Über­gän­gen zum Sozia­lis­mus« ist im Fol­gen­den dann lei­der keine Rede mehr.

Der revo­lu­tio­näre Bruch ist also nicht ein Etap­pen­ziel auf dem Weg zum Sozia­lis­mus, son­dern wird kur­zer­hand zur Stra­te­gie erklärt. Dar­auf hat Klaus in sei­nen Aus­füh­run­gen auf der letz­ten KV-Sit­zung bereits hingewiesen.

Wie kom­men wir aber nun zum revo­lu­tio­nä­ren Bruch?

Im Leit­an­trag heißt es:

»In der Arbei­ter­klasse muss die Erkennt­nis der Not­wen­dig­keit des Sozia­lis­mus her­an­rei­fen. Es bedarf der Hege­mo­nie der revo­lu­tio­nä­ren Welt­an­schau­ung in der Arbei­ter­klasse, damit sie sich von der Klasse an sich zur Klasse für sich for­mie­ren kann. Ein sol­ches revo­lu­tio­nä­res Klas­sen­be­wusst­sein zu ent­wi­ckeln, in der Klasse zu ver­an­kern und mehr­heits­fä­hig zu machen, das ist die zen­trale Auf­gabe der kom­mu­nis­ti­schen Par­tei.
Das erfor­dert von den Kom­mu­nis­tin­nen und Kom­mu­nis­ten die Ent­wick­lung und Pro­pa­gie­rung einer Poli­tik, durch die die Arbei­ter­klasse befä­higt wird, ihre Inter­es­sen selbst in die Hand zu neh­men. Nur im Kampf wird sie ler­nen, die gesell­schaft­li­chen Zusam­men­hänge zu erken­nen, die ihre Lage bestim­men. Dies ist untrenn­bar mit der Auf­gabe ver­bun­den, refor­mis­ti­sche Illu­sio­nen über den Kapi­ta­lis­mus, die das Den­ken eines gro­ßen Teils der Klasse domi­nie­ren, zurück­zu­drän­gen und zu über­win­den« (Zei­len 180 bis 198)

Also: wir tra­gen Klas­sen­be­wusst­sein und auch anti­mo­no­po­los­ti­sches Bewusst­sein in die Arbei­ter­klasse, indem wir refor­mis­ti­sche Illu­sio­nen zurück­drän­gen und jedes fort­schritt­li­che Inter­esse auf­grei­fen und mit den Men­schen zu gemein­sa­men Aktio­nen kom­men (Zeile 190 bis 193).

Soweit in Kürze die Stra­te­gie, die uns zum Sozia­lis­mus füh­ren soll.

3. Stra­te­gi­sche Aus­sa­gen des Parteiprogramms

Wel­che stra­te­gi­sche Ori­en­tie­rung wird dage­gen im Par­tei­pro­gramm for­mu­liert?
Unter der Über­schrift: Für eine Wende zu demo­kra­ti­schem und sozia­lem Fort­schritt heißt es im Programm:

»Unter den gege­be­nen Bedin­gun­gen wer­den Abwehr­kämpfe im Zen­trum einer gan­zen Kampf­etappe ste­hen. Schon in die­sen Aus­ein­an­der­set­zun­gen wird es nur dann wirk­li­che Erfolge geben, wenn ein qua­li­ta­tiv neues Niveau bei der Mobi­li­sie­rung der Arbei­ter und Ange­stell­ten in den Betrie­ben und Ver­wal­tun­gen, der Erwerbs­lo­sen, der Rent­ner, aller von der Demon­tage sozia­ler und demo­kra­ti­scher Errun­gen­schaf­ten Betrof­fe­nen, wenn ein neuer Auf­schwung der Frie­dens­be­we­gung und ande­rer demo­kra­ti­scher Bewe­gun­gen erreicht wer­den kann. Zugleich kön­nen und müs­sen in den Kämp­fen um die Ver­tei­di­gung des Erreich­ten die Kräfte gesam­melt wer­den für fort­schritt­li­che Refor­men, für eine Wende zu demo­kra­ti­schem und sozia­lem Fort­schritt. Der Ver­net­zung der Kämpfe und Bewe­gun­gen über Län­der­gren­zen hin­weg kommt unter den Bedin­gun­gen der Glo­ba­li­sie­rung eine immer grö­ßere Bedeu­tung zu« (Abschnitt IV)

»In der vor uns lie­gen­den Etappe kommt es dar­auf an, gesell­schaft­li­che Kräfte weit über die Linke hin­aus im Wider­stand gegen die neo­li­be­rale Poli­tik zu bün­deln. Alli­an­zen ver­schie­de­ner sozia­ler und gesell­schaft­li­cher Kräfte, die sich an ver­schie­de­nen Fra­gen immer wie­der neu bil­den und in denen die Arbei­ter­klasse die ent­schei­dende Kraft sein muss, sind die Vor­aus­set­zung, um die Rechts­ent­wick­lung und den neo­li­be­ra­len Umbau der Gesell­schaft zu stop­pen. Wenn aus die­sen Alli­an­zen sta­bile Bünd­nis­be­zie­hun­gen und ein fes­ter gesell­schaft­li­cher und poli­ti­scher Block gegen den Neo­li­be­ra­lis­mus ent­wi­ckelt wird, dann kön­nen die gesell­schaft­li­chen Kräf­te­ver­hält­nisse so ver­än­dert wer­den, dass der Kampf um gesell­schaft­li­che Alter­na­ti­ven eine reale Per­spek­tive bekommt.
Die DKP hält es für mög­lich und not­wen­dig, dass im Ergeb­nis des anti­mo­no­po­lis­ti­schen Kamp­fes sol­che und andere anti­mo­no­po­lis­tisch-demo­kra­ti­sche Umge­stal­tun­gen durch­ge­setzt wer­den, die zur Zurück­drän­gung der All­macht des Mono­pol­ka­pi­tals und zur Erwei­te­rung der Ein­fluss­nahme der Arbei­ter­klasse und ihrer Ver­bün­de­ten füh­ren und so dazu bei­tra­gen kön­nen, den Weg für den wei­te­ren Kampf um den Sozia­lis­mus frei­zu­ma­chen.«
Die­ser Kampf kann in anti­mo­no­po­lis­ti­sche Über­gänge ein­mün­den.
Vor­aus­set­zung dafür ist, dass der anti­mo­no­po­lis­ti­sche Block über so viel außer­par­la­men­ta­ri­sche Kraft und par­la­men­ta­ri­schen Ein­fluss ver­fügt, dass er eine die gemein­sa­men Inter­es­sen ver­tre­tende Regie­rung bil­den kann. Gestützt auf starke außer­par­la­men­ta­ri­sche Bewe­gun­gen, die Orga­ni­sa­tio­nen der Arbei­ter­be­we­gung und den Auf­bau einer neuen demo­kra­ti­schen Macht kön­nen tief grei­fende poli­ti­sche und öko­no­mi­sche Umge­stal­tun­gen ein­ge­lei­tet wer­den, in deren Ergeb­nis die Macht des Mono­pol­ka­pi­tals gebro­chen wird« (Abschnitt IV)

Also: knapp zusam­men­ge­fasst wer­den fol­gende Etap­pen bzw. Über­gänge beschrieben:

  1. Sam­meln fort­schritt­li­cher und demo­kra­ti­scher Kräfte für eine Wende zum demo­kra­ti­schen und sozia­len Fort­schritt mit dem Ziel das Kräf­te­ver­hält­nis zu verschieben.
  2. Bil­dung von Alli­an­zen und Sta­bi­li­sie­rung der Bündnisbeziehungen.
  3. Bil­dung eines fes­ten gesell­schaft­li­chen Blocks mit dem Ziel die Kräf­te­ver­hält­nisse so zu ver­schie­ben, dass gesell­schaft­li­che Alter­na­ti­ven eine reale Per­spek­tive bekommen.
  4. Anti­mo­no­po­lis­ti­scher Block mit tie­fer außer­par­la­men­ta­ri­scher und par­la­men­ta­ri­scher Ver­an­ke­rung und der Mög­lich­keit der Regierungsbildung
  5. Revo­lu­tio­nä­rer Bruch

Was die zen­trale Auf­gabe der kom­mu­nis­ti­schen Par­tei betrifft, das »Hin­ein­tra­gen von Klas­sen­be­wusst­sein in die Arbei­ter­klasse« und die Bekämp­fung von refor­mis­ti­schen Illu­sio­nen, so wie es im Leit­an­trag pos­tu­liert wird, liest sich im Par­tei­pro­gramm etwas anders. Dort heißt es in Abschnitt VI unter »Welt­an­schau­li­chen Grundlagen«:

»Als ideo­lo­gi­sche Auf­gabe ers­ten Ran­ges betrach­tet es die DKP, in der Arbei­ter­klasse Ein­sich­ten in die eigene Klas­sen­lage und in den unver­söhn­li­chen Gegen­satz zwi­schen ihren Klas­sen­in­ter­es­sen und den Macht- und Pro­fit­in­ter­es­sen des Groß­ka­pi­tals zu ver­mit­teln und klas­sen­mä­ßige Erkennt­nisse zu ver­tie­fen. Sie ver­brei­tet die sozia­lis­ti­schen Ideen. Kom­mu­nis­tin­nen und Kom­mu­nis­ten brin­gen Klas­sen­po­si­tio­nen in Gewerk­schaf­ten und gesell­schaft­li­che Bewe­gun­gen ein. Die DKP wirkt dafür, den Ein­fluss der bür­ger­li­chen Ideo­lo­gie und refor­mis­ti­scher Posi­tio­nen auf die Arbei­ter­klasse zurück­zu­drän­gen. Ent­schie­den bekämpft sie Anti­kom­mu­nis­mus und Nationalismus«.

Im Leit­an­trag wird lei­der nicht unter­schie­den zwi­schen poli­ti­schen, öko­no­mi­schen und ideo­lo­gi­schen Kampffeldern.

4. Schluss­fol­ge­run­gen und zum wei­te­ren Umgang mit dem Leitantrag

Lasst mich noch mal einen Blick auf den gesam­ten Leit­an­trag werfen.

Im ers­ten Teil wurde ver­spro­chen, die neuen Ent­wick­lun­gen zu ana­ly­sie­ren. Aus mei­ner Sicht wer­den keine neuen sub­stan­ti­el­len Ent­wick­lun­gen seit dem Par­tei­pro­gramm benannt, son­dern ledig­lich fest­ge­stellt, dass die Kriegs­ge­fahr, die Aus­beu­tung und die Rechts­ge­fahr wach­sen. Abge­lei­tet von die­ser Sys­te­ma­tik wer­den die ent­spre­chen­den Kampf­fel­der skiz­ziert. Wobei es sich über­wie­gend auf die For­mu­lie­run­gen von For­de­run­gen beschränkt und keine Hin­weise und Ori­en­tie­run­gen gege­ben wer­den, wie denn und mit wem denn diese Kämpfe zu füh­ren, geschweige denn zu gewin­nen sind. Ledig­lich im Abschnitt anti­fa­schis­ti­scher Kampf gibt es Hin­weise auf »mög­lichst breite Bünd­nisse« und das Ein­tre­ten für die viel­fäl­tigs­ten Kampfformen.

Im Abschnitt »Stärkt die DKP« wird aus mei­ner Sicht die Hilf­lo­sig­keit einer feh­len­den bzw. ver­kürz­ten Stra­te­gie greif­bar. Dort heißt es:

»Wir müs­sen mehr Men­schen von der Not­wen­dig­keit einer star­ken kom­mu­nis­ti­schen Par­tei über­zeu­gen. Sie ist die ent­schei­dende Vor­aus­set­zung für die Ver­brei­tung von sozia­lis­ti­schem Klas­sen­be­wusst­sein.
Dafür gibt es neue Chan­cen und Mög­lich­kei­ten. Es gibt sie unter Jugend­li­chen, die im Kapi­ta­lis­mus nicht das Ende der Geschichte sehen und nach Alter­na­ti­ven suchen. Der Zusam­men­ar­beit mit der uns eng ver­bun­de­nen SDAJ kommt hier eine zen­trale Bedeu­tung zu. Es gibt sie in den Städ­ten und Regio­nen, wo wir mit unse­ren Par­tei­grup­pen aktiv sind, es gibt sie aber auch dort, wo wir der­zeit »weiße Fle­cken« haben. Hier müs­sen wir zur kol­lek­ti­ven Arbeit von Kom­mu­nis­tin­nen und Kom­mu­nis­ten kommen.«

Ich bin immer davon aus­ge­gan­gen, dass es einen Zusam­men­hang von gesell­schaft­li­chem Klima und der Quan­ti­tät und Qua­li­tät von betrieb­li­chen und außer­par­la­men­ta­ri­schen Bewe­gun­gen einer­seits und der Ent­wick­lung der DKP ande­rer­seits gibt, gerade wenn man an das Grün­dungs­jahr der DKP 1968 denkt.

Hier scheint jedoch eine sehr ein­fa­che und sche­men­hafte Vor­stel­lung vor­zu­lie­gen: Erst stär­ken wir die Par­tei, dann sind wir ganz viele und dann ver­brei­tet sich sozia­lis­ti­sches Klassenbewusstsein.

Bei einer sol­chen Sicht­weise bleibt natür­lich auch unklar, worin denn die neuen Chan­cen und Mög­lich­kei­ten nun lie­gen und vor allen Din­gen wodurch wir sie nut­zen könn­ten, sogar dort wo wir gar nicht sind, also bei unsere wei­ßen Flecken.

Der vor­lie­gende Leit­an­trag hält aus mei­ner Sicht sein Ver­spre­chen nicht.

Neue Ent­wick­lun­gen wer­den nicht wirk­lich ana­ly­siert und eine davon abge­lei­tete Stra­te­gie wird nicht prä­zi­siert son­dern ver­kürzt und ein­ge­engt, da sie die Kampf­etap­pen und Über­gänge ent­we­der ver­gisst zu beschrei­ben oder was zu ver­mu­ten steht, sie gar nicht für nötig hält auf dem Weg zum Sozia­lis­mus. Somit fehlt natür­lich auch eine Ein­schät­zung in wel­cher Kampf­etappe wir denn gerade sind und was es gilt als nächs­tes zu tun. Eine Bewer­tung der Kräf­te­ver­hält­nisse und eine Ein­schät­zung zum Stand des Klas­sen­kamp­fes fin­det man so gut wie nicht in die­sem Dokument.

Auch eine Ant­wort auf die Frage, was es heute heißt Mit­glied der Kom­mu­nis­ti­schen Par­tei zu sein erschließt sich mir nicht. Ich gehe davon aus, dass es die glei­che ist wie schon vor 10 oder wie viel Jah­ren auch immer.

Was die Beant­wor­tung lang­dis­ku­tier­ter Fra­gen betrifft, die ja lei­der nicht prä­zise for­mu­liert wer­den, kann man nur spe­ku­lie­ren: Geht es viel­leicht darum, dass fest­ge­schrie­ben wer­den soll, dass wir die mar­xis­tisch-leni­nis­ti­sche Par­tei Deutsch­lands sind? Oder geht es darum, dass fest­ge­schrie­ben wer­den soll, dass wir nicht mehr eine Par­tei sind, die davon aus­geht, dass man zur Errei­chung des Ziels Sozia­lis­mus gesell­schaft­li­che Über­gänge braucht und somit Bünd­nis­po­li­tik keine stra­te­gi­sche son­dern eine tak­ti­sche Frage ist?

Von daher stellt sich die Frage nach dem Gebrauchs­wert die­ses Antrages.

Es wurde ange­kün­digt dass es noch eine Hand­lungs­ori­en­tie­rung geben soll, was ich sehr begrüße.
Somit ist klar, dass die­ser Leit­an­trag eher pro­gram­ma­ti­schen Cha­rak­ter hat.

Aber wozu? Wir haben ein gül­ti­ges Par­tei­pro­gramm, in dem, wie bereits aus­ge­führt die Stra­te­gie prä­zise for­mu­liert ist.
Das macht aus mei­ner Sicht die­sen Leit­an­trag über­flüs­sig. Für ange­bracht halte ich eine Hand­lungs­ori­en­tie­rung mit einer pro­gram­ma­ti­schen Ein­lei­tung in der die Stra­te­gie skiz­ziert wird und zwar so wie im Pro­gramm beschrie­ben, dann eine Ein­schät­zung dar­über in wel­cher Etappe wir uns denn befin­den, um dann davon abge­lei­tet auf Hand­lun­gen und Aktio­nen zu orientieren.

Es liegt ja auch ein Antrag zur Inter­na­tio­na­len Zusam­men­ar­beit vor. Ich möchte die Gele­gen­heit nut­zen auch auf die­sen kurz einzugehen.

Die­ser Antrag hebt fast aus­schließ­lich auf die enge Zusam­men­ar­beit mit den Kom­mu­nis­ti­schen- und Arbei­ter­par­teien ab. Natür­lich sind wir und waren wir immer für diese Zusam­men­ar­beit. Pro­ble­ma­tisch daran sind aus mei­ner Sicht zwei Dinge:

  1. Es wird zwar ange­deu­tet, dass es Unter­schiede in der stra­te­gi­schen Aus­rich­tung unse­rer Bru­der- und Schwes­ter­par­teien gibt, aber es wird lei­der dar­auf ver­zich­tet zu skiz­zie­ren wel­che Haupt­fra­gen denn in der kom­mu­nis­ti­schen Bewe­gung dis­ku­tiert wer­den und vor allen Din­gen wel­che Posi­tion wir denn dort ver­tre­ten und wie wir geden­ken auch diese Bewe­gung zusammenzuführen.
  2. Von ande­ren Orga­ni­sa­tio­nen und Bewe­gun­gen ist kaum die Rede und die EL gibt es gar nicht. Somit wird in die­sem Antrag dar­auf ver­zich­tet zu sagen, wie wir uns denn Ver­net­zung von Kämp­fen und Bewe­gun­gen auch im euro­päi­schen Raum vor­stel­len und wie hier unsere Auf­gabe aus­sieht, außer selbst­ver­ständ­lich an der Seite der KP’n zu stehen.

Aber viel­leicht beant­wor­ten sich diese Frage und auch die Fra­gen rund um den Leit­an­trag im Moment auch eher praktisch:

Patrik Köbele for­mu­liert am Ende sei­ner Erklä­rung zu Grie­chen­land »Von Grie­chen­land ler­nen« in der UZ vom 20. Februar folgendes:

Und SYRIZA? SYRIZA will keine revo­lu­tio­näre Kraft sein. SYRIZA sieht nicht die Not­wen­dig­keit des Bruchs mit der NATO, der EU oder deren Insti­tu­tio­nen. Hier unter­schei­den wir uns grund­sätz­lich. Bei allen Maß­nah­men und Taten, die die Lage der Mas­sen ver­bes­sern und ihre Kampf­kraft erhö­hen, hat SYRIZA unsere Soli­da­ri­tät. Über­all dort, wo SYRIZA die Ein­sicht ver­brei­tet, dass mit dem Kapi­ta­lis­mus bre­chen muss, wer mit der Krise bre­chen will, ste­hen wir auf der­sel­ben Seite der Bar­ri­kade. Immer dann, wenn Illu­sio­nen ver­brei­tet, faule Kom­pro­misse ein­ge­gan­gen, finan­zi­elle Brot­kru­men mit der Zustim­mung zur impe­ria­lis­ti­schen EU-Außen­po­li­tik erkauft wer­den, nicht.

Was nicht in der Erklä­rung von Patrik steht, ist dass wir euro­pa­weite Demons­tra­tio­nen gegen die EZB und für die Syriza-Regie­rung hat­ten und die KKE nicht nur nicht dazu auf­ruft, son­dern sogar vor der Teil­nahme warnt.

So heißt es in einem Kom­men­tar der Abtei­lung Inter­na­tio­nale Bezie­hun­gen des Zen­tral­ko­mi­tees der KKE:

»Die Arbei­ter ande­rer Län­der soll­ten sich unter kei­nen Umstän­den zu Cheer­lea­ders von Ver­hand­lun­gen machen, die fern von den Inter­es­sen der grie­chi­schen Arbei­ter lie­gen. Außer­dem wird diese Kam­pa­gne von den Kräf­ten der Euro­päi­schen Links­par­tei und ande­ren ›Strand­gu­ten‹ des Klas­sen­kamp­fes wie der KP der USA gelei­tet. Die Arbei­ter ande­rer Län­der soll­ten mit der klas­sen­ori­en­tier­ten Arbei­ter- und Volks­be­we­gung soli­da­risch sein, die die Arbei­ter und Volks­schich­ten zum Kampf für alles, was sie in der Krise ver­lo­ren haben und für die Ver­tei­di­gung ihrer gegen­wär­ti­gen Rechte und Bedürf­nisse auf­ruft, um letzt­lich die Vor­aus­set­zun­gen für einen Wech­sel der macht­ha­ben­den Klasse zu schaffen!«

Genau die­ser War­nung bzw. die­sem Rat der KKE folgt unsere Par­tei­füh­rung, wenn z. B. Hans-Peter Bren­ner auf der theo­re­ti­schen Kon­fe­renz in Han­no­ver sagt, dass unsere Soli­da­ri­tät mit dem grie­chi­schen Volk in der Schwä­chung des deut­schen Impe­ria­lis­mus liegt. Das kuba­ni­sche Volk wäre mit so einer Ant­wort nicht zufrieden.

  • Was bleibt da von der Poli­tik der frü­he­ren KKE, For­de­run­gen zu einem Poli­tik­wech­sel und für Alter­na­ti­ven zu entwickeln?
  • Wo blei­ben die Erfah­run­gen kom­mu­nis­ti­scher Poli­tik, dass es auch in Grie­chen­land nötig ist, mög­lichst breite Bünd­nisse zu bil­den um Poli­tik durch­set­zungs­fä­hig zu gestalten?
  • Wo sind die poli­ti­schen Erkennt­nisse zum Ver­hält­nis von Stra­te­gie und Tak­tik geblie­ben, nach denen not­wen­di­ger­weise der Kampf um pro­gres­sive Refor­men her­an­füh­ren kann zum Kampf für wei­ter­ge­hende sozia­lis­ti­sche Veränderungen?
  • Wo bleibt die kom­mu­nis­ti­sche Erkennt­nis, dass im gemein­sa­men Kampf – aktu­ell mit Syriza – Ein­sich­ten und Erkennt­nisse aller Kämp­fen­den wach­sen können?

Unser gül­ti­ges Par­tei­pro­gramm von 2006 gibt uns aus mei­ner Sicht eine andere Hand­lungs- und Politikorientierung.

Anne Frohn­wei­ler
März 2015