Akti­ons­tag gegen TTIP: In Köln am 18.4.2015

Welt­wei­ter Aktionstag

Man­geln­de Kauf­kraft bremst Pro­duk­ti­on und Han­del. Das Frei­han­dels­ab­kom­men TTIP soll Han­dels­hemm­nis­se be­sei­ti­gen. Aus Sicht der Kon­zer­ne fal­len dar­un­ter ho­he Löh­ne, Be­stim­mun­gen über die Ar­beits­si­cher­heit, ge­werk­schaft­li­che Rech­te, Um­welt­auf­la­gen und Ver­brau­cher­schutz. Seit zwei Jah­ren kon­fe­rie­ren EU und USA ge­heim über das ge­plan­te Abkommen.

Den­noch si­ckern Ein­zel­hei­ten durch. Vor­ge­se­hen ist ein trans­at­lan­ti­scher »Re­gu­lie­rungs­rat« von Kon­zern­ver­tre­tern, der Ge­set­ze vor ih­rer Ver­ab­schie­dung be­gut­ach­tet. Und da­nach kön­nen Kon­zer­ne mit­tels Son­der­kla­ge­rech­ten pri­va­ten Schieds­ge­rich­ten ih­re Ge­winn­erwar­tun­gen an­ver­trau­en. Das ge­schieht ge­gen­wär­tig schon. Der En­er­gie­kon­zern Vat­ten­fall ver­klagt die Bun­des­re­gie­rung auf Ent­schä­di­gung für ent­gan­ge­ne Ge­win­ne aus dem Atom­ge­schäft in Hö­he von 4,7 Mil­li­ar­den Euro.

Akti­ons­tage bün­deln die Pro­teste gegen TTIP:

  • Euro­pa­weit am ver­gan­ge­nen 11. Oktober,
  • welt­weit am kom­men­den Sams­tag, 18. April.

Mitt­ler­weile wur­den gegen TTIP über 1,6 Mil­lio­nen Unter­schrif­ten gesam­melt. Der Lis­sa­bon-Ver­trag (Arti­kel 11,4) bie­tet die Mög­lich­keit einer Euro­päi­schen Bür­ger­initia­tive. Danach darf die Min­dest­menge von einer Mil­lion Ein­woh­nern aus sie­ben EU-Mit­glieds­staa­ten der Euro­päi­schen Kom­mis­sion Vor­schläge machen und sie »auf­for­dern«, diese umzu­set­zen. Die geballte Wucht die­ser huld­voll gewähr­ten Mög­lich­keit einer »Auf­for­de­rung« wird indes von der Euro­päi­schen Kom­mis­sion blo­ckiert. Für deren Gene­ral­se­kre­ta­riat teilte Cathe­rine Day im Sep­tem­ber mit, wir hät­ten nicht das Recht, lau­fende Ver­hand­lun­gen über ein Han­dels­ab­kom­men in Frage zu stel­len. Aus die­sem Grund ist die Euro­päi­sche Bür­ger­initia­tive, die von über 300 euro­päi­schen Orga­ni­sa­tio­nen getra­gen wird, mit dem Adjek­tiv »selbst­or­ga­ni­siert« ver­se­hen. Das Quo­rum aber ist alle­mal erreicht. Und die Pro­teste schwel­len wei­ter an.

In den Städ­ten und Gemein­den wer­den Ver­hee­run­gen der Daseins­vor­sorge befürch­tet. Aber die Stel­lung­nahme der kom­mu­na­len Spit­zen­ver­bände vom Okto­ber ist weder Fisch noch Fleisch. Einer­seits legen sie Wert auf Mit­spra­che und behar­ren auf kom­mu­na­ler Orga­ni­sa­ti­ons­frei­heit bei der Daseins­vor­sorge. Sie leh­nen auch die Schieds­ge­richte ab. Ande­rer­seits unter­stüt­zen sie »das mit den Abkom­men ver­folgte Ziel, durch den Abbau von Han­dels­hemm­nis­sen und die Ver­bes­se­rung der Inves­ti­ti­ons­be­din­gun­gen die Schaf­fung von Arbeits­plät­zen zu beför­dern.« Aber die­ses Arbeits­platz-Ver­spre­chen ist soziale Dem­ago­gie. Erst Ende März hatte die Ver­brau­cher­or­ga­ni­sa­tion Food­watch den Ver­band der Auto­mo­bil­her­stel­ler (VDA) ver­an­las­sen kön­nen, Falsch­dar­stel­lun­gen über die wirt­schaft­li­chen Vor­teile von TTIP zurück­zu­zie­hen. Ebenso muss­ten der Bun­des­ver­band der Deut­schen Indus­trie (BDI) und die »Initia­tive Neue Soziale Markt­wirt­schaft« (INSM) ihre Pro­pa­gan­da­sprü­che korrigieren.

Am 22. Okto­ber knüpfte die Stadt Aachen per Rats­be­schluss ihre Zustim­mung zu Frei­han­dels­ab­kom­men an Bedin­gun­gen, von denen schon bei den kom­mu­na­len Spit­zen­ver­bän­den die Rede war. Am 5. Februar hielt sich auch der Düs­sel­dor­fer Stadt­rat an die­sen Rah­men. Nur ganz knapp konnte die Zustim­mung zum Antrag der Links­par­tei ver­hin­dert wer­den, der ver­langte: »Der Rat der Stadt Düs­sel­dorf setzt sich unein­ge­schränkt für die kom­mu­nale Selbst­ver­wal­tung, für den Schutz und Fort­be­stand der kom­mu­na­len Daseins­vor­sorge und der kom­mu­na­len Kultur‑, Umwelt‑, Ver­brau­cher­schutz- sowie Sozial- und Bil­dungs­po­li­tik ein. Daher spricht sich der Rat gegen TTIP, CETA und TiSA aus.«

  • Die Kre­fel­der Gewerk­schaf­ten sam­meln seit Novem­ber Unter­schrif­ten unter einen Bür­ger­an­trag. Die Stadt soll sich gegen TTIP und wei­tere Frei­han­dels­ab­kom­men wenden.
  • Kurz und knapp for­derte am 25. März der Rat der Stadt Erkrath die Bun­des­re­gie­rung auf, sich gegen die trans­at­lan­ti­schen Frei­han­dels­ab­kom­men zwi­schen der EU und Kanada und den USA auszusprechen.
  • In Köln ging am 24. März ein Rats­be­schluss gegen TTIP, TiSA und CETA über die Bühne, der an Deut­lich­keit wenig zu wün­schen übrig lässt. Anlass war ein Bür­ger­an­trag von Chris­tine Rei­ni­cke, der vom Köl­ner Bünd­nis No-TTIP gestützt wurde. Die Spann­breite der Unter­stüt­zer reicht vom KAB über den DGB, Attac, Grüne bis zur DKP.

Mitt­ler­weile haben sich 133 Kom­mu­nen in der Repu­blik zu TTIP geäu­ßert. Es wer­den täg­lich mehr. In Frank­reich läuft eine Kam­pa­gne »10 000 Kom­mu­nen gegen TTIP«.

Noch am 20. Sep­tem­ber wurde ver­sucht, die DGB-Gewerk­schaf­ten zur Auf­gabe ihres Wider­stands gegen TTIP zu bewe­gen. Der SPD-Par­tei­kon­vent beschloss: »Zu einem Abbau von wirt­schaft­li­chen, sozia­len oder kul­tu­rel­len Stan­dards darf es durch ein trans­at­lan­ti­sches Frei­han­dels­ab­kom­men nicht kom­men. Es muss sei­nen Wert umge­kehrt darin bewei­sen, dass es zu Fort­schrit­ten beim Schutz von Arbeit­neh­mer­rech­ten, dem Ver­brau­cher­schutz und nach­hal­ti­gem Wirt­schaf­ten im glo­ba­len Maß­stab bei­trägt.« Auch ein gemein­sa­mes Papier von DGB und SPD hat nicht ver­mocht, die Kri­tik zu ersti­cken. Im Gegen­teil, jetzt scheint die Stim­mung in der SPD zu kippen.

Klaus Stein